Ski alpin:Granteln auf dem Saubuckel

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Unerfreuliche Botschaften von der Anzeigetafel: Linus Straßer verpasst das Podium in Kitzbühel um eine Hundertstelsekunde. (Foto: Alexis Boichard/Getty Images)

Linus Straßer ärgert sich mächtig über Rang vier im Slalom von Kitzbühel - doch darin liegt auch eine erfreuliche Botschaft für den 30-jährigen Münchner.

Von Johannes Knuth, Kitzbühel

Linus Straßer und Kitzbühel, das ist eine spezielle Bande, die Geschichte wurde oft erzählt: wie der Vater den fünfjährigen Straßer dorthin mitnimmt, wie die Kitzbüheler skeptisch sind, ob sie einen Münchner Piefke in den Skiklub aufnehmen sollen, rasch ihre Meinung ändern, als sie sehen, wie der Kleine fährt. Der große Straßer und der Kitzbüheler Ganslernhang im Weltcup, das war indes noch keine Romanze, bis zuletzt. Alle paar Tore kippt das Gelände nach rechts oder links, wirft eine Welle den Fahrer aus dem Rhythmus. "Man darf dem Hang nicht seinen Stiefel aufdrücken", sagte Straßer zuletzt, man müsse sogar ab und zu zulassen, dass man die Kontrolle verliere, "weil anders geht es nicht".

Wie es nicht geht, hat Straßer hier öfters vorgeführt: Er wollte es oft besonders gut machen, war nie besser als Vierzehnter. Platz vier am Sonntag war insofern eine erbauliche Nachricht, Straßer qualmte trotzdem erst mal vor Wut. "Ich habe mich noch nie so geärgert über Platz vier im Weltcup", sagte er - knappes Scheitern ist noch immer das bitterste. Der Norweger Lucas Braathen war eine Hundertstelsekunde schneller, Vorjahressieger Dave Ryding zwei Hundertstel, Sieger Daniel Yule aus der Schweiz auch nur vier Zehntel. Und nun?

Den einen oder anderen Schwung im zweiten Lauf sei er nicht auf "Vollzug" gefahren, sagt Straßer

Straßer hat sich in den vergangenen Winter, nach vielen Umwegen, gewissenhaft in der Weltspitze etabliert. Der Arbeitsauftrag für diesen Winter war nun klar umrissen: Er wolle, sagte er sinngemäß, sein Können so oft wie möglich über beide Läufe spannen. Im Dezember, beim Nachtslalom in Madonna di Campiglio, fand Straßer dann auch zu seinem schnellen Schwung, für den selbst die Weltbesten etwas Wettkampfhärte brauchen: die Skier immer auf der Kante führen, immer auf Zug. Seit Rang drei in Madonna lief es (fast) immer, Straßer wurde Dritter in Adelboden, Vierter in Wengen, und als er in Kitzbühel eintraf, habe er sich endlich bereit gefühlt für einen Spezialauftrag, wie Sportvorstand Wolfgang Maier sagte: "Es ist ein Saubuckel, und er will ihn unbedingt bezwingen", sprich: als einer der drei Besten.

Straßer drückte dem Hang also nicht seinen Stiefel auf. War Dritter nach dem ersten Durchgang, eine halbe Sekunde hinter dem Führenden Manuel Feller aus Österreich, der in Lauf zwei einfädelte. Straßer ließ auch dort seine Angriffslust gut ins Rennen fließen, spürte, dass er es nicht mehr weit hatte bis zur Grenze des Machbaren, dachte, dass es reicht. Und stellte im Ziel fest: "Wenn du daran zurückdenkst, dass du den einen oder anderen Schwung nicht auf Vollzug reingefahren bist, beißt du dir in den Arsch."

Aber das war letztlich wohl auch nur Ausweis einer Stabilität, die Straßer Mut spenden dürfte für die kommenden Wochen, für Schladming, Chamonix, die Weltmeisterschaften. Irgendwann vielleicht auch für den Saubuckel.

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