„Peace on earth“ hat der offenbar friedensbewegte Fahrer auf die Anzeige seines Shuttle-Busses getippt – schöne Worte, allzeit richtig und wichtig, und auch wenn Kira Weidle-Winkelmann einige Zeit später von einer „Angriffsposition“ sprach, kann man guten Gewissens davon ausgehen, dass Deutschlands beste Abfahrerin diese Worte vollumfänglich unterstützen würde. Gemeint hatte sie mit ihrer womöglich etwas brachial wirkenden Ausdrucksweise freilich etwas ganz anderes.
Was dieser achte Platz im Super-G und der neunte in der Abfahrt denn nun für die in etwas mehr als einer Woche beginnende Ski-WM in Saalbach-Hinterglemm bedeute, wollte ein Reporter im Ziel von ihr wissen, worauf die 28-Jährige sagte: „Bis auf zwei Schwünge bin ich eigentlich ganz zufrieden heute. Die zwei Schwünge musste ich etwas abstechen, weil ich die Richtung nicht hatte.“ Insgesamt gebe ihr die Leistung aber „ein gutes Gefühl Richtung WM. Ich bin sicher keine Favoritin, aber wenn ich noch an der ein oder anderen Schraube drehe und noch ein paar Puzzleteile finde, kann ich vielleicht schon vorne mitmischen“. Mit den von ihr beschriebenen Fehlern noch Achte zu werden, „das gibt schon Selbstvertrauen“, so die Starnbergerin. Kurz zusammengefasst: „Ich bin in der Angriffsposition.“

Abfahrt in Kitzbühel:Die Rückkehr der Crazy Canucks
Unter den Augen von Zlatan Ibrahimovic und anderer Prominenz gewinnt der Kanadier James Crawford zum ersten Mal ein Weltcuprennen. Und das direkt auf der Streif.
Das Speed-Wochenende auf der trotz frühlingshafter Temperaturen offenbar recht gut fahrbaren Kandahar-Strecke in Garmisch-Partenkirchen war das letzte Rennen der Frauen vor dem WM-Auftakt. Nach einem italienischen Doppelsieg in der Abfahrt am Samstag (Federica Brignone gewann vor Sofia Goggia) siegte die Schweizerin Lara Gut-Behrami am Sonntag im Super-G. Brignone wurde diesmal Dritte, gefolgt von gleich drei Mannschaftskolleginnen. Den zweiten Platz belegte Kajsa Vickhoff Lie aus Norwegen. Und Team Deutschland? Bis auf Weidle-Winkelmann weit abgeschlagen. Emma Aicher, die am Samstag erstmals in diesem Weltcup-Winter ein Rennen ausgelassen hatte, landete auf Rang 24, ihre Teamkolleginnen Anna Schillinger und Fabiana Dorigo kamen nicht ins Ziel.
„Jetzt habe ich ein paar Punkte mehr und vielleicht eine bessere Startnummer für die WM.“
Das wiederum gelang einer Athletin, die auf der Kandahar schon viele große Erfolge feiern konnte: Lindsey Vonn. Nach ihrem Ausscheiden in der Abfahrt konnte die 40-jährige Comeback-Queen im Super-G mit ihrem 13. Platz immerhin wieder Weltcuppunkte verbuchen. Ins Ziel kommen sei für sie das Wichtigste gewesen: „Einfach gemütlich hinunterfahren, ohne Risiko, und das Selbstvertrauen wieder aufzubauen. Ich bin mit 75 Prozent runtergefahren und das ist alles, was ich brauche“, sagte die US-Amerikanerin. „Jetzt habe ich ein paar Punkte mehr und vielleicht eine bessere Startnummer für die WM. Und dann kann ich wieder alles aufbauen.“
Langwierige Aufbauarbeiten haben nach diesem von schweren Stürzen überschatteten Wochenende auch einige ihrer Kolleginnen vor sich. „Wenn dein Albtraum zur Realität wird“, schrieb die Österreicherin Nina Ortlieb nach ihrem Sturz in der Abfahrt am Samstag bei Instagram. Die seit Jahren von gesundheitlichen Rückschlägen geplagte Vizeweltmeisterin erlitt einen Unterschenkelbruch. Teamkollegin Ariane Rädler stürzte tags darauf, überschlug sich heftig, fuhr zwar eigenständig ins Ziel, erlitt dort aber einen Schwächeanfall und wurde mit dem Helikopter ins Krankenhaus geflogen. Die Tschechin Tereza Nova liegt nach einem schlimmen Trainingsunfall weiterhin im Koma. Die 26-Jährige hatte eine schwere Kopfverletzung erlitten und wurde im Unfallkrankenhaus von Murnau operiert, um eine Schwellung im Gehirn zu reduzieren.
Wenigstens in dieser Hinsicht blieben die Frauen des Deutschen Skiverbands von Ärgerem verschont. Wie es bis zum WM-Beginn noch klappen soll mit dem Heranpirschen an die Medaillenplätze, erklärt Kira Weidle-Winkelmann so: „Wir werden noch drei, vier Tage trainieren, bevor es nächsten Sonntag oder Montag nach Saalbach geht. Ich werde wohl noch etwas Riesenslalom fahren, um noch aktiver zu den Toren hin etwas machen zu können. In den Rennen hier hat man gesehen: Das sind alles gute Riesenslalomfahrerinnen, die da vorne waren.“ Na dann: Attacke!