Ski alpin:Erst mal wieder blank

Ski alpin Weltcup

"Vom Gefühl ganz gut zurechgekommen: Viktoria Rebensburg im Abfahrtstraining in Zauchensee.

(Foto: Johann Groder/dpa)

Gesamtweltcup? Tagessiege? Die Winterspiele in zwei Jahren? Viktoria Rebensburgs wechselhafte Saison gibt Anlass zu Fragen, auch nach ihrer Zukunft.

Von Johannes Knuth, Altenmarkt-Zauchensee

Viktoria Rebensburg hat über die Feiertage wirklich alles gegeben, das schon. Das Ganze lief nur etwas anders als geplant. Ein grippaler Infekt hatte erst das Trainerteam erfasst und dann Rebensburg. Während sich die Konkurrenz bei Skiurlaubswetter für kommende Aufgaben präparierte, war die 30-Jährige beschäftigt, überhaupt wieder zu vollen Kräften zu finden.

"Sie ist halt eine 100-Prozent-Frau", sagt der deutsche Cheftrainer Jürgen Graller, als man ihn in Zauchensee trifft, dem Schauplatz einer Abfahrt und Kombination an diesem Wochenende. Nur wenn Rebensburg sich zu 100 Prozent fit fühle, fahre sie meist gut, und wenn sie krank sei, sei sie halt krank und widme sich zu 100 Prozent der Genesung. Alles gut und richtig, findet Graller, aber er war schon wehmütig, als zehn veranschlagte Trainingstage zuletzt in zwei Stunden lockeres Fahren mündeten. So, sagt der Österreicher, stehe man nun, vor der heißen Saisonphase, erst mal wieder "blank" da.

Es ist bislang ein merkwürdiger Winter für die beste deutsche Skirennfahrerin, wie ein Rohbau, bei dem sich die Ingenieure etwas mit der Statik verrechnet haben. Im Riesenslalom, ihrem Steckenpferd, wurde Rebensburg bislang 13., 7., 4., zuletzt 14. in Lienz. Im Super-G, der kurvigeren der zwei Speed-Disziplinen, gewann sie dafür das erste Rennen und wurde Zehnte im zweiten, in der Abfahrt legte sie Platz vier und neun nach. Da bietet sich jetzt, vor der schweren Prüfung am Samstag in Zauchensee, noch einmal die Gelegenheit zu erörtern, was sie mit dieser bislang etwas windschiefen Saison eigentlich noch vorhat. Und nicht nur mit der.

Rebensburg hat die jüngsten Debattenbeiträge natürlich vernommen: dass es nicht gerade leichter werde, mit ihren 30 Jahren im Riesenslalom mitzuhalten, neben all den forschen Emporkömmlingen. "Man sieht ja in der Vergangenheit, dass viele die technischen Disziplinen irgendwann weglassen und nur noch Speed fahren", bestätigt sie in Zauchensee, einerseits. Im Hochgeschwindigkeitssektor ist ja weniger Schnellkraft als Erfahrung vonnöten, von der Rebensburg mittlerweile reichlich zusammengetragen hat. Dann hustet sie, dass es noch respektabel scheppert, und stellt klar: So eine Fahrerin will sie nicht werden - eine von vielen.

Zum einen sei eine gute Riesenslalomform noch immer das Fundament, auf dem sie alles andere errichte: das Selbstvertrauen, die Kurvenfertigkeit für Super-G und Abfahrt, das wolle sie bis zum Ende ihrer Karriere so beibehalten. Zum anderen reize sie es, in drei Disziplinen nahezu 100 Prozent an Schubkraft zu erreichen, was in Zeiten von dichten Rennkalendern und flächendeckender Spezialisierung immer schwerer wird. Rebensburg hatte sich mit dieser Fächerkombination vor ein paar Jahren auch mal den Gewinn des Gesamtweltcups vorgenommen, sie hat allerdings das Pech, in derselben Ära zu fahren wie Mikaela Shiffrin. Die US-Amerikanerin kann sogar in allen sechs alpinen Disziplinen reüssieren, in der Gesamtwertung hat sie in diesem Winter schon wieder 826 Punkte gesammelt, rund 300 mehr als ihre erste Verfolgerin Petra Vlhova. Rebensburg steht bei 329.

Die Herausforderungen des alpinen Mehrkampfs sind da zu einer Art Ersatzmotivation geworden im Herbst der Karriere. Mal sammelt Rebensburg Siege im Super-G, dafür fehlt ihr die Zeit, im Riesenslalom-Training am neuen Skimodell zu tüfteln, das sie in Lienz im ersten Lauf entnervt zur Seite stellte - obwohl es doch gut funktioniert hatte, wie sie erst später realisierte. Und mal steht sie auf einmal wieder blank da. "Das ist eben die Herausforderung", sagt Rebensburg: "Drei Disziplinen auf einem Niveau zu halten, dass ich sage, jetzt macht's Spaß." Sogar bis 2022, zu den Winterspielen in Peking, die sie ursprünglich nicht mehr bestreiten wollte? "Man weiß ja nie", sagt sie.

Am Ende, findet Wolfgang Maier, der deutsche Alpinchef, sei es gar nicht so wichtig, ob Rebensburg der Riesenslalom nun mehr liege als der Speed oder andersherum. Sie lebe wie kaum eine Fahrerin "von der Emotionalität" - wenn sie ihr alpines Mehrkampfpuzzle so beisammenhabe, dass sie sich mit einem guten Gefühl in die Rennen stürzen kann, zu 100 Prozent - dann kämen die Resultate oft von allein.

Am Freitag, im letzten Training in Zauchensee, wurde Rebensburg übrigens Achte, zwei Plätze vor Teamkollegin Kira Weidle. Vom Gefühl her, sagte Rebensburg, "bin ich hier ganz gut zurechtgekommen".

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