Skirennfahrer Thomas Dreßen:Die Trainer müssen ihn bremsen

Skirennfahrer Thomas Dreßen: Unnachahmlicher Stil: Thomas Dreßen liebt schwierige Strecken.

Unnachahmlicher Stil: Thomas Dreßen liebt schwierige Strecken.

(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

"Mich juckt's brutal": Der lange verletzte Thomas Dreßen würde am liebsten schon wieder in den Weltcup zurückkehren. Doch die Vernunft siegt, auch wenn es schwer fällt.

Von Gerald Kleffmann, Garmisch-Partenkirchen

Das Erste, das auffällt: dieses Strahlen. Das Zweite: dieses Selbstbewusstsein. Ja, alles noch da. Nein, dieser fiese Knorpel, der nicht so seine Aufgabe übernehmen wollte, wie das ein Knorpel in einem rechten Knie gefälligst zu tun hat, konnte Thomas Dreßen, 28, nicht kleinkriegen. "Mich juckt's brutal", sagt er, ohne auch nur eine Sekunde zu überlegen, am Rande des Slalom-Weltcup-Wochenendes in Garmisch-Partenkirchen auf die Frage, ob er sich bereit fühlen würde zu fahren. Gerade erst sei er mit seinen deutschen Speed-Kollegen in Italien gewesen, zum Trainieren. "Wir hatten Wellen, kleine Sprünge. Das hat alles super funktioniert. Das Knie hat mitgespielt", berichtet er.

Eigentlich könnte es losgehen für ihn, der ja seit 2018 auf ewig Hahnenkamm-Sieger genannt werden darf, was im Skisport das Größte ist. Wäre er Karl Valentin, würde Dreßen jetzt wohl sagen: Täten wollen würde er schon gerne, aber dürfen können geht halt nicht. Die Ärzte, die Physios, also alle diese furchtbar vernünftigen Menschen im Team, haben es ihm nur untersagt. Und deshalb sagt Dreßen selbst jetzt einen furchtbar vernünftigen Satz: "Das ist schon mal ein gutes Zeichen, wenn mich die Trainer bremsen müssen."

Skirennfahrer Thomas Dreßen: Im deutschen Männerteam schwer vermisst: das kernige Strahlen von Thomas Dreßen.

Im deutschen Männerteam schwer vermisst: das kernige Strahlen von Thomas Dreßen.

(Foto: Sammy Minkoff/Imago)

In jedem Fall, und das ist die gute Nachricht, geht es wieder aufwärts für Deutschlands besten Skifahrer. "Für mich ist schön zu sehen: Das Gefühl für die langen Schwünge war gleich wieder da. Und auch vom Technischen hat es super gepasst." Die Geduld habe sich ausgezahlt, und das sei auch der Grund, warum er und seine Zuarbeiter weiterhin "geduldig bleiben" wollen. Auch wenn das zunehmend schwerfalle. "Wenn einem das ganze Gestell wehtut, fällt es leichter zu sagen: Mach mal Pause", sagt er. Aber nun stehe er "physisch und konditionell super da". Fahrerisch sei er ebenso auf einem guten Weg, was ihm die Stoppuhr verrät. "Zeitenmäßig würde es schon wieder passen", sagt Dreßen und lächelt, "das kann ich schon mal sagen." Mit den Trainern habe er daher "nicht nur einmal, sondern ein paar Mal gesprochen, ob Kvitfjell nicht vielleicht doch eine Option wäre", in Norwegen finden Anfang März Speedrennen statt. Versuchen kann man es ja mal. Aber die blieben beim Nein.

"Beim Zuschauen hat meine Frau schon mal die Krise gekriegt"

Dreßen ist eben Leistungssportler und will zeigen, was er kann. Dass er in dieser Saison keine Rennen fahren konnte, "schmerzt schon", gibt er zu. Nach der WM 2021 in Cortina d'Ampezzo hatte er sich einer Operation am vorgeschädigten rechten Knie unterzogen. Für ihn zählt nun einzig, dass seine Kampfeslust während dieser Auszeit keinen Schaden genommen hat. "Die Freude ist richtig da. Ich mache mir überhaupt keine Sorgen, dass ich nächstes Jahr nicht vorne mitfahren kann", versichert er.

Dreßen weiß ja zudem, dass es in seiner Karriere keine zwei Jahre in Serie gab, in denen er durchgehend beschwerdefrei geblieben war. Etwas auszukurieren, ist für ihn Teil des Profi-Daseins. Wichtig ist für ihn jedoch dabei stets, dass sich eines Tages die Perspektive dreht. Dass es nicht mehr darum geht: Wie heilt die Verletzung? Sondern um die Frage: Wo starte ich? Über diese Klippe hat er es geschafft, "so geht man vom Kopf her ganz anders in die Saison".

Dreßens Präsenz ist auch für das deutsche Team von größter Bedeutung, er ist einer dieser Fahrer, der auch andere mitzieht, der den anderen zeigte, dass auch die Deutschen zu Siegen rauschen können. Fünf Mal gewann er. Er versteht es, und das macht die großen Sportler aus, neue Situationen ohne Lamentieren anzunehmen. Er habe zum Beispiel auch nicht den Fernseher ausgeschaltet, wenn Rennen übertragen wurden, im Gegenteil. Er habe jedes Rennen verfolgt. "Ich habe versucht, für mich was rauszusehen für nächstes Jahr", sagt Dreßen. Beizeiten gab es dann auch Gesprächsbedarf daheim. "Beim Zuschauen hat meine Frau schon mal die Krise gekriegt, weil ich immer gesagt habe: Mein Gott, wenn er da so und so gefahren wäre, hätte er nicht so viel verloren!", erzählt Dreßen amüsiert. "Vom Kommentieren her war es, glaub ich, ganz unterhaltsam mit mir."

Ob er sich Kvitfjell im Fernsehen ansieht, das jedoch bezweifelt er. "Es ist das erste Rennen, bei dem ich wieder selber mitfahren könnte. Und das dann anschauen, wäre doch etwas anderes." Gewonnen hat er dort im Übrigen schon einmal, 2018 in der Abfahrt, "von daher brauch ich das nicht unbedingt. Vielleicht mach ich stattdessen eine schöne Skitour".

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