Deutsche Junioren-Weltmeister im Ski alpinWächst da eine neue Medaillen-Generation heran?

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Der eine steht kurz vor seinem Fachabitur, der andere fährt seit seinem zweiten Lebensjahr Ski: Benno Brandis (links) und Felix Rösle bei der Junioren-Ski-WM im italienischen Tarvisio.
Der eine steht kurz vor seinem Fachabitur, der andere fährt seit seinem zweiten Lebensjahr Ski: Benno Brandis (links) und Felix Rösle bei der Junioren-Ski-WM im italienischen Tarvisio. (Foto: Imago (2))

Benno Brandis und Felix Rösle werden Junioren-Weltmeister im Super-G und in der Abfahrt – und bescheren dem DSV die erfolgreichste WM der deutschen Speedfahrer.

Von Korbinian Eisenberger

Es ist eine Doppelbelastung der anderen Art, mit der Benno Brandis aus dem Oberallgäu in diesem Frühjahr konfrontiert ist. Mit 18 Jahren hat er soeben eine Ski-Weltmeisterschaft hinter sich gebracht, die Ausgabe für die sogenannten Junioren, also die Unter-21-Jährigen. Bei dieser WM, ausgetragen im italienischen Tarvisio, hat Brandis die Goldmedaille im Super-G gewonnen – und nahm das erstaunlich abgeklärt zur Kenntnis. „Soweit ich weiß, wird es hoffentlich Richtung Amerika fürs Weltcup-Finale gehen, dann die deutsche Meisterschaft noch“, erklärte Brandis am Samstag nach seiner Goldfahrt: „Und dann ist Schule.“

Weniger als zwei Monate hat Brandis noch, ehe in Bayern die Abiturprüfungen beginnen, auch für ihn, der im Ski-Internat Oberstdorf und an der Fachoberschule in Sonthofen vor seinem Schulabschluss steht. Für nicht wenige Schüler ist das Abitur an sich Herausforderung genug, Brandis fährt noch dazu kurz vorher seine wohl ersten beiden Weltcuprennen in Sun Valley und eine Ski-Meisterschaft. Und auch dank ihm hat sich beim Deutschen Skiverband (DSV) seit dem Wochenende der Blick auf die Zukunft etwas verändert.

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Die Junioren-WM wird als die erfolgreichste in der Geschichte der deutschen Speedfahrer vermerkt bleiben. Denn nicht nur Benno Brandis vom TSV Durach darf sich fortan Nachwuchs-Weltmeister nennen. Sondern auch sein zwei Jahre älterer Teamkollege Felix Rösle, der 24 Stunden zuvor den Titel in der Abfahrt gewonnen hatte. Das gab es noch nie, umso mehr dürfte sich das Speedteam des DSV wie ein Schüler fühlen, der mit zwei Einsern vor den großen Ferien noch die Versetzung rettet.

Den Freitag und Samstag werden sie beim DSV jedenfalls nicht so schnell vergessen, zumal Emma Aicher parallel im Weltcup im norwegischen Kvitfjell auf Platz zwei und eins in der Abfahrt raste. In Italien konnte Rösle selbst kaum fassen, was da soeben geschehen war. Das wilde Musikstück „What the fuck“ dröhnte im Zielraum von Tarvisio aus den Lautsprechern, während Rösle erzählte – und das passte zu diesem Wochenende. Was nur ist mit diesen deutschen Speedfahrern geschehen?

Ein Junioren-Weltmeistertitel muss nicht zwingend den Pfad für eine große Skikarriere ebnen

Rösle, der Mann vom SC Sonthofen, hatte nicht gerade weltmeisterliches Wetter erwischt, aber das galt ja für alle. Anders als üblich wurde das Abfahrtsrennen wegen des Regens und der Wärme in zwei kürzere Durchgänge aufgeteilt, in dieser Disziplin eine mehr als seltene Ausnahme. Und Rösle, der von seinem Papa schon mit zwei Jahren auf Skier gestellt wurde, reagierte auf seine Weise. Er musste „zwischendurch kurz runterkommen, dann den Fokus neu setzen und dann noch mal volle Attacke“, erzählte er nach seiner zweiten Fahrt, die er mit zwei Hundertstelsekunden Vorsprung auf den Schweizer Philipp Kälin über den Zielstrich brachte. Bronze holte der Österreicher Matthias Fernsebner.

Und im nicht minder knappen Super-G-Rennen tags darauf hatte abermals ein Schweizer das Nachsehen hinter einem Deutschen: Sandro Manser fehlten fünf Hundertstelsekunden auf Brandis, der Österreicher Fernsebner wurde wieder Dritter und holte damit Doppelbronze. Bei den beiden klar dominanten Nationen der Ski-WM der Erwachsenen in Saalbach, Schweiz und Österreich, werden sie sich wohl kaum vor Schreck die Rivella-Schorle über den Rennanzug gekippt haben. Aber vielleicht schmeckte der Almdudler nicht ganz so süß wie sonst.

Die deutschen Ski-Fans können sich freuen auf das, was kommen mag. Vor Überschwang sei allerdings gewarnt. Ein Junioren-Weltmeistertitel muss nicht zwingend den Pfad für eine große Skikarriere ebnen, wie der bisher einzige deutsche Titelträger in der Abfahrt zeigte. Von Kaspar Gilgenrainer, der 1988 Gold holte, sah man danach nur noch wenig. Thomas Dreßen allerdings, unter anderem Sieger auf der Streif in Kitzbühel, war 2014 Zweiter geworden bei dieser Junioren-WM. Größen wie Kjetil Andre Aamodt aus Norwegen oder die Schweizer Beat Feuz und Marco Odermatt haben den Juniorentitel in der Abfahrt und danach noch die ein oder andere Kugel für Gesamtweltcups abgeräumt.

Nach dem Ende der Speed-Generation um Dreßen, Josef Ferstl und eventuell auch Andreas Sander, dem Junioren-Weltmeister im Super-G, der zuletzt gesundheitlich vom Pech verfolgt war, rücken beim DSV mindestens zwei Talente nach. So muss ein optimistischer Blick in die alpine Glaskugel erlaubt sein, auf dass nach Markus Wasmeier 1986 mal wieder ein deutscher Speedfahrer diese Trophäe gewinnt.

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