Besser! Das wollte Sigi Schmid unbedingt werden, also schlich er sich einst als Student der University of California, Los Angeles (UCLA), in die Basketballhalle, um John Wooden zu beobachten. Warum er so etwas Unsinniges tue, fragten ihn seine Freunde, was könne denn ein ambitionierter Fußballer von einem zugegebenermaßen legendären Basketballtrainer lernen? Die Liebe zum Detail, entgegnete Schmid, die Konzentration auf das Wesentliche, das Führen einer Mannschaft ohne zu laute Ansprachen und martialische Gesten, das würde ihn an der Arbeit von Wooden begeistern, das könne er von ihm lernen: "Er hat dafür gesorgt, dass jeder seiner Spieler das Beste aus sich gemacht hat. Das wollte ich später auch tun."
Schmid wurde mit 266 Siegen zum Rekordtrainer der nordamerikanischen Profiliga MLS. Kurz nach Weihnachten ist er im Alter von 65 Jahren gestorben.
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Der Ex-Weltmeister will noch weiter Fußball spielen und verlängert seinen Vertrag bis 2019. Basketball-Serienmeister Bamberg droht die Insolvenz.
Geboren wurde Schmid in Tübingen, seine Familie siedelte nach Südkalifornien um, da war er vier Jahre alt: "Wir kamen mit nichts hier an, ich konnte noch nicht mal diese Sprache", erzählte er immer wieder über seinen Werdegang, der sehr an den amerikanischen Traum erinnert. Der Vater arbeitete in einer Brauerei, die Mutter eröffnete einen Imbiss mit deutschen Delikatessen, das reichte für eine Zweizimmerwohnung für fünf Personen (die Großeltern waren auch dabei) im Süden von Los Angeles; der kleine Sigi musste in der Küche schlafen.
Fußball war für Amerikaner damals ein komischer Sport, bei dem die Leute einen Ball mit den Füßen über eine Wiese schubsen. Schmid schaffte es an die renommierte Uni UCLA und später an die nicht weniger bekannte University of Southern California, er sicherte sich Abschlüsse in Volkswirtschaft und Betriebswirtschaft - er wurde aber nie Fußballprofi. Er wollte, erzählen Weggefährten, sich selbst, aber vor allem seine Mitspieler und damit die Mannschaft stets besser machen. "Sein Gehirn arbeitete mit einer außerordentlichen Geschwindigkeit, er war ein wandelndes Lexikon und er hat Fußball geliebt", sagte der frühere US-Nationaltrainer Jürgen Klinsmann: "Er hat diesen Sport in diesem Land geprägt wie kein anderer."
Nach dem Studium arbeitete Schmid als Buchhalter und trainierte nebenbei Juniorenteams in Südkalifornien. 1980 wurde er Cheftrainer des Fußballteams von UCLA, mit dem er in 19 Jahren drei Meistertitel gewann. 1999 wechselte er in die Major League Soccer, als Trainer von Los Angeles Galaxy, später übernahm er Columbus Crew (2006 bis 2008) und Seattle Sounders (2009 bis 2016). Er gewann zwei Mal die US-Meisterschaft (2002, 2008), und im Jahr 2000 führte er Galaxy zum Titel in der Champions League des Kontinentalverbands Concacaf. Niemand hat in der MLS-Geschichte mehr Spiele gewonnen als Schmid.
2017 kehrte er zurück zu Los Angeles Galaxy, er lebte in der Strandstadt Manhattan Beach, nicht weit vom Stadion des Vereins entfernt. In der Vorsaison erlebte er die Ankunft von Zlatan Ibrahimovic, und es hieß, dass der Spielerversteher Schmid einer der wenigen Trainer gewesen sei, die der exzentrische Stürmer aus Schweden als Fachmann akzeptiert hatte. Im September wurde Schmid dennoch entlassen, offiziell wegen zu vieler Niederlagen, doch schon damals hieß es aus dem Umfeld des Vereins, dass sein großes Herz zunehmend schwächer geworden sei und dass sich der Klub mehr um die Gesundheit von Schmid als um den Erfolg sorge. Zur Todesursache gab es nun keine Angaben, bekannt ist nur, dass Schmid vor drei Wochen mit Herzproblemen ins Krankenhaus der Uniklinik von UCLA gekommen war.
"Ich weiß schon, dass ich ein paar Titel gewonnen habe, das ist aber nicht so wichtig", sagte Schmid: "Was mir wirklich etwas bedeutet, sind Spieler, die zu mir kommen und sagen: 'Ohne Sie wäre ich nie Fußballprofi geworden!' Das ist meine größte Freude." Zwei seiner drei Kinder sind ebenfalls im Fußballgeschäft tätig, und es gibt zahlreiche Profis in den USA wie Marvell Wynne (Meister 2010 mit Colorado), die glaubhaft versichern, dass sie all das ohne Schmid nie geschafft hätten. Er habe sie gefordert und gefördert - und er habe sie vor allem besser gemacht.