Sieg gegen FC Bayern:Petersen lässt Freiburg erbeben

Sieg gegen FC Bayern: Schuss zum Klassenerhalt? Nils Petersen trifft gegen Manuel Neuer zum 2:1.

Schuss zum Klassenerhalt? Nils Petersen trifft gegen Manuel Neuer zum 2:1.

(Foto: AP)
  • Siegtor gegen FC Bayern in der 89. Minute: Nach einer tollen Vorarbeit von Karim Guedé schießt Ex-Bayern-Stürmer Nils Petersen das 2:1 für Freiburg.
  • Trainer Streich, Spieler und Fans feiern wild, der Sportclub hat plötzlich gute Chancen auf den Klassenerhalt.
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Von Filippo Cataldo

Christian Streich hatte sich einen sehr schönen Plan zurecht gelegt für das Spiel seines SC Freiburg gegen den FC Bayern München. "Wenn Bayern mehr Ballbesitz haben sollte als wir - was ja passieren kann - dann müssen wir trotzdem versuchen, das Freiburg-Spiel aufzuziehen", hatte der Trainer vor dem Anpfiff beim TV-Sender Sky gesagt. Das Freiburg-Spiel ginge übrigens so: "Ball auf dem Boden, nicht so viel in der Luft." Es war ein schöner Plan, ein schlichter Plan.

Den Punkt: Am Ende Nils Petersen bringen, hatte Streich nicht genannt. Vielleicht, weil das für ihn sowieso eine Selbstverständlichkeit ist. Sieben Tore hatte der Stürmer in der Rückrunde in nur zehn Spielen für den SC gemacht, meist als Einwechselspieler. Am Samstag kam der Rückrunden-Torjäger, im Winter aus Bremen gekommen, in der 86. Minute ins Spiel. Drei Minuten später stand es 2:1 für den SC, vier Minuten später rannte Streich wie wild geworden, hüpfte auf und ab. Die Fans und Spieler taten es ihm gleich. Das Stadion bebte.

Dank einer sehr kompakten und konzentrierten Mannschaftsleistung und vor allem dank Petersens Treffer hat Freiburg die Bayern mit 2:1 besiegt. Zum ersten Mal seit 19 Jahren. Der Sportclub hat nun unverhofft gute Aussichten im Abstiegskrimi der Bundesliga: in Hannover reicht ihm ein Punkt. Bayern dagegen hat zum dritten Mal hintereinander in der Bundesliga verloren.

Es war viel darüber gesprochen worden vor dem Spiel, ob es die Bayern vielleicht etwas lockerer angehen lassen würden in Freiburg. Trainer Pep Guardiola hatte ja letzten Samstag nach dem 0:1 gegen Augsburg sein Bundesliga-ist-vorbei-Mantra noch um den Zusatz erweitert, die kommenden Spiele gegen Freiburg und Mainz seien "egal. Wir haben kein Ziel mehr, wir sind schon Deutscher Meister." Die beteiligten Klubs im Abstiegskampf hatten daraufhin besorgte Zwischenrufe nach München geschickt, doch bitte darauf zu achten, keine Wettbewerbsverzerrung zu betreiben. Bayerns Sportvorstand Matthias Sammer hatte darauf sogar mit "Verständnis" reagiert und vor dem Spiel gesagt: "Dieser Verantwortung sind wir uns bewusst. Wir versuchen immer, es so optimal wie möglich zu machen. Aber wir haben auch nie gesagt, dass wir immer perfekt sind."

Perfekt war dann das Spiel der Bayern in Freiburg tatsächlich nicht, noch nicht einmal ansatzweise. Das lag aber auch an den extrem bissigen und leidenschaftlich spielenden Gastgebern. Mangelnder Wille konnte den Bayern jedenfalls nicht nachgesagt werden.

Ebenso wenig wie eine unseriöse Aufstellung. Thomas Müller musste zwar diesmal nicht über eine zu frühe Auswechslung hadern, diesmal saß er zu Beginn draußen. Auch Thiago, Kapitän Philipp Lahm, der zuletzt oft schon bei Spielbeginn müde wirkte, und Javi Martínez standen um 15.30 Uhr nicht auf dem Rasen. In der Startelf des Meisters standen dagegen unter anderem Mitchell Weiser, Sebastian Rode, Bastian Schweinsteiger - und Mario Götze.

Über den derzeit meistdiskutierten Akteur des Meisters hatte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge am Samstag im SZ-Interview gesagt. "Der Bursche ist noch wahnsinnig jung, er muss noch lernen, mit dem Erwartungshorizont beim FC Bayern zurechtzukommen. Wir sind alle hilfsbereit, aber am Ende des Tages ist es auch der Spieler, der die Verantwortung für sich selbst übernehmen muss."

Schweinsteiger trifft, Mehmedi auch

Verantwortung übernahm Götze dann gleich in der ersten Minute. Einem Ballverlust Xabi Alonsos folgte eine Balleroberung Götzes. Das sah vielversprechend aus, war erstaunlich, doch danach kam nicht mehr sehr viel von Götze.

Die Bayern zogen nach dem ersten Ballverlust der Partie aber ihr übliches Spiel auf, hatten zwischenzeitlich einen Ballbesitzanteil von 80 Prozent. Der erste Torschuss gelang zwar den Freiburgern: Jonathan Schmid erlief im zweiten Versuch Vladimir Daridas langen Pass, Juan Bernat konnte nicht entscheidend stören. Doch Schmids Schuss geriet zum Schüsschen, kein Problem für Manuel Neuer (9.).

Doch im Gegenzug wurde dem Meister zurecht ein Tor aberkannt, weil Medhi Benatia seine Gegner vorm Kopfball etwas zu arg geschubst hatte. Als man dachte, Bayern würde es sich langsam gemütlich machen mit ihrem Ballbesitz, gingen sie in Führung. Mitchell Weiser zog einen Sprint an, vernaschte Christian Günter mit einem Beinschuss, Weiser spielte im Strafraum einen Querpass, den Bastian Schweinsteiger freistehend zum 1:0 versenkte (13.). Einmal hatte Freiburg nicht aufgepasst, schon stand es 1:0. Bayern schien wieder gnadenlos.

Es dauerte bis zur 23. Minute, bis der Sportclub sich den ersten Eckball erspielte. Felix Klaus' Versuch eines Torschusses ging zwar weit über das Tor, es war eine eher vage Chance für die Freiburger, doch danach wurden sie stärker. Erst noch etwas unbeholfen, Klaus verlor bei einem Schussversuch aus der Drehung etwa das Gleichgewicht, sein Schüsschen landete in der Abwehrkette (24.), doch neun Minuten später stand es 1:1.

Plötzlich und mehr oder weniger ohne Vorankündigung, aber auf persönliche Einladung von Bastian Schweinsteiger. Dessen als Querpass über ein paar Meter auf Alonso geriet dem Weltmeister ungewohnt katastrophal, Klaus ging dazwischen und leitete direkt auf Admir Mehmedi weiter. Der Schweizer schoss aus 20 Metern den Ball ins linke Toreck, es war der zu diesem Zeitpunkt vielleicht nicht ganz verdiente, aber mutig erkämpfte Ausgleich (33.).

Bayern behielt weiter die Hoheit über das Spiel, doch vor allem nach vorne waren ihre Bemühungen bis zur Pause zu kompliziert. Lewandowski versuchte sich wiederholt als Spielmacher im Strafraum, auch weil die Freiburger sehr eng standen und der Stürmer so kaum aufs Tor schießen konnte. Debattenkönig Götze spielte so unauffällig, dass man fast vergessen hatte, dass er auf dem Platz stand, als er sich in der 44. Minute mit einem Check am Mittelkreis gegen Günter doch mal wieder in Erinnerung rief.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit hatte Götze dann seine große Torchance. Nach einem Freistoß Alonsos kam er unbedrängt zum Kopfball. Torwart Roman Bürki parierte mit einer Handball-Fußabwehr (50.).

Sieben Minuten später reklamierten die Freiburger einen Elfmeter. Zurecht! Rafinha hatte Mehmedi im Strafraum an der Schulter gezogen und umgerissen. Schiedsrichter Welz schaute zu seinem Assistenten, der schaute zurück, offenbar waren sich beide nicht sicher oder hatten es beide nicht richtig gesehen. Die Pfeife blieb stumm, sehr zum Ärger der Freiburger Spieler und der Fans. Übeltäter Rafinha hätte zudem die rote Karte sehen können.

Danach bemühten die Bayern sich zwar, das zweite Tor zu erzielen, doch die Freiburger warfen sich immer wieder in die Pässe der Münchner. Wenn der Meister mal eine Chance hatte, dann war Bürki da.

Und in der 89. Minute stand Petersen genau da, wo Karim Guedés wunderbare Flanke von der rechten Seite hinflog. Petersen sah den Ball kommen, nahm Maß, traf - und ließ Freiburg jubeln.

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