Sieben Kurven in der Formel 1:Vettel ist am Boden

Er verliert im Kurvenchaos, während Hamilton schwebt. Verstappen erlebt eine Genugtuung und 9000 Kinder bekommen ein Klassenzimmer. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Mexiko-Stadt

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Lewis Hamilton

Formel 1 - Großer Preis von Mexiko

Quelle: dpa

Wie sich das mit dem vierten Titel anfühle, könne er noch nicht genau sagen, befand Lewis Hamilton, der sich seiner Stellung sonst stets sehr bewusst ist: "Das muss erstmal sacken, im Moment ist es noch so weit weg. Ich fühle mich, als ob ich schwebe." Der Interview-Marathon im Fahrerlager dauerte länger als das Rennen, in das er als Dritter gegangen war, es als Letzter nach der ersten Runde wieder aufgenommen hatte und als Neunter und damit mit 56 WM-Punkten uneinholbar als Champion beendet hatte. Den Schockmoment nach der Kollision parierte er mit seiner ungeheuren mentalen Stärke: "Ich bin einfach weitergefahren. Schließlich ist Rennfahren das, wofür ich lebe." Die zehn Jahre in der Formel 1 bezeichnete er als eine "sehr lange Reise". Aber die sei nicht vorbei: "Anders als Nico Rosberg werde ich nicht auf dem Höhepunkt zurücktreten." Im nächsten Monat will er seinen Vertrag mit Mercedes verlängern.

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Sebastian Vettel

Formel 1 - Großer Preis von Mexiko

Quelle: dpa

Mit der 50. Pole Position seiner Karriere hatte der Ferrari-Pilot aus Heppenheim seine Minimalchance auf ein Comeback im Titelrennen gewahrt - und im Kurvenchaos nach dem Start und der Kollision mit Hamilton alles wieder verloren. Immerhin, er schaffte es zurück auf Rang vier, aber dann war der Abstand nach oben zu groß. "Ehrlich gesagt, ich bin am Boden", gestand er später, "es ist hart, wenn man über die Ziellinie fährt und feststellen muss, dass der Kampf vorbei ist." Alles, was im Rennen passiert ist, sei auch nicht mehr wichtig: "Der Tag und der Titel gehören Lewis. Er verdient es auch, denn über die Saison hinweg war er der bessere Mann und hat den besseren Job gemacht." Nächstes Jahr könne das aber ganz anders aussehen: "Ich habe keine Angst vor ihm. Ich mag es, direkt gegen ihn Rennen zu fahren. Ich hätte das in diesem Jahr gern öfter so getan."

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Max Verstappen

Formel 1 - Großer Preis von Mexiko

Quelle: dpa

Ein niederländischer Discjockey und ein niederländischer Rennsieger auf dem Podium - es war eine ungewöhnliche Fiesta nach dem Rennen. Lediglich etwas getrübt dadurch, dass der zweite Saisonsieg des Red-Bull-Piloten im Titeljubel von Hamilton etwas unterging. Das störte den 20-Jährigen, der vor Wochenfrist noch von den Rennkommissaren um Platz drei in Austin gebracht worden war und darob verbal ausrastete, herzlich wenig. Verstappen ist ebenso ein Mann der Stunde in der Formel 1, und wie er sich aus dem Windschatten an Vettel vorbei kämpfte, war sehenswert. Für den 20-Jährigen selbst war es eine Genugtuung, aber nicht wegen des Ärgers mit den Funktionären: "Ich hatte am Samstag fest mit meiner ersten Pole Position gerechnet, und als ich die knapp verpasst hatte, war das meine beste Motivation für das Rennen. Und es wurde der einfachste Grand Prix, den ich je gefahren habe."

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Mexiko

Formel 1 - Großer Preis von Mexiko

Quelle: dpa

Den WM-Titel auch der mexikanischen Bevölkerung zu widmen, war in diesem Fall mehr als bloß eine Geste von Lewis Hamilton. "Was die Leute hier durchmachen mussten, war schwer mit anzusehen", hatte der Mercedes-Pilot schon vor dem Rennen gesagt. "Fuerza Mexico", Kraft für Mexiko, war das Motto des Grand Prix, um dem von zwei schweren Erdbeben erschütterten Land Hoffnung zu geben. Ein Formel-1-Rennen als Symbol des Zusammenhalts und Aufbruchs, bei der Nationalhymne reckte das Publikum die Fäuste. Die Botschaft, wieder aufgestanden zu sein, wurde auch auf den Asphalt des Rennstadions gepinselt. Im Fahrerlager wurde gesammelt, um 9000 Schulkindern wenigstens temporäre Klassenzimmer geben zu können. Der Teamsponsor von Sergio Perez gab 200 000 Dollar in eine Stiftung.

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Bernie Ecclestone

Bernie Ecclestone

Quelle: dpa

Der Mann in der beigen Rentner-Windjacke ward lang nicht mehr gesehen. Seit Bernie Ecclestone im Ruhestand ist, lassen die neuen Herren der Formel 1 ihn spüren, dass er nicht erwünscht, auch nicht geduldet ist. Dem Briten, der so gern noch mitgereist wäre, wurde beschieden: Sorry, an den Rennstrecken gibt es immer nur drei Büros - und wir haben drei Geschäftsführer. Seinen 87. Geburtstag am Wochenende feierte er fernab von Mexiko, aber mit Zeitungsinterviews, in denen er suggerierte, das wahlweise der Automobilweltverband FIA oder Mercedes das Ferrari-Team unterstützen würden, war er doch irgendwie wieder präsent. "Er ist der Einzige, der ein paar tausend Kilometer entfernt sein kann, und eine Handgranate werfen kann, die dann auch noch einschlägt", kommentierte Mercedes-Teamchef Toto Wolff die Anschuldigungen, "ich hatte diese fantastischen Stories schon vermisst."

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Renault

F1 Grand Prix of Mexico

Quelle: AFP

Eine Werbung für die Motoren des französischen Automobilherstellers war der drittletzte WM-Lauf nicht, obwohl Max Verstappen mit einem Kundenmotor aus Viry-Chatillon seinen zweiten Saisonsieg einfahren konnte. Gegenrechnen muss man jedoch gleich vier Ausfälle: Verstappens Teamkollegen Daniel Ricciardo erwischte es ebenso wie Brendon Hartley von Toro Rosso, und schliesslich war auch für die beiden Werksautos vorzeitig Feierabend. Bitter für Nico Hülkenberg, der in der 26. Runde auf einem aussichtsreichen vierten Platz lag. Sein Ingenieur brüllte über Boxenfunk: "Schnell abstellen, es ist gefährlich." Der Emmericher, der immer noch auf sein erstes Formel-1-Podium wartet, fluchte: "Uns ist wieder mal ein sehr gutes Resultat durch die Lappen gegangen. Das ist sehr ärgerlich." Red-Bull-Berater Helmut Marko gab zu: "Wir haben bis zum Schluss gezittert. Max ist nur so schnell gefahren, wie er musste."

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Toto Wolff

F1 Grand Prix of Mexico - Practice

Quelle: AFP

Der lange Abend in der Wohnküche des Mercedes-Teamchefs hat sich jetzt wieder ausgezahlt. Damals redete er stundenlang mit Lewis Hamilton, der ganze Frust der Rosberg-Ära wurde bei einem Männerabend abgebaut - und seither ist Hamilton tatsächlich nicht mehr der Alte. Sondern noch besser. Die Leiden nach dem Startcrash waren dem Österreicher anzusehen, nach der Zieldurchfahrt schnappte er sich das Mikrofon und jubelte dem Champion über Boxenfunk ins Ohr: "Nicht das Rennen, das wir uns gewünscht haben, aber was soll's!" Später gestand der Vater des Erfolges: "Ich habe das Rennen gehasst von der ersten bis zur letzten Runde, es war zu lang. Es fällt eine riesige Last ab. Lewis ist viermal Weltmeister, wir sind viermal Weltmeister." Dann schaltete er sofort wieder in den Manager-Modus: "Wir müssen analysieren, was nicht so gut gelaufen ist."

© SZ.de/ska/fued
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