Sieben Kurven in der Formel 1:Hamilton brennt noch

Dem Weltmeister gelingt eine monströse Aufholjagd, Felipe Massa bekommt einen besonderen Abschied. Und Sebastian Vettel kann wieder grinsen. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer

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Sebastian Vettel

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Quelle: AP

Das müssen wohl Entzugserscheinungen gewesen sein, nach einem Vierteljahr ohne Formel-1-Sieg und dem gerade erst verlorenen Titelkampf auch verständlich. Sebastian Vettel drehte nach dem fünften Saisonerfolg mit seinem Ferrari schwarze Freudenkringel auf der Piste. Dafür reichte dem Heppenheimer die Millimeterarbeit aus der ersten Kurve, als er nach einem weltmeisterlichen Start an Valtteri Bottas vorbeigehen konnte. "Ich hab ihn wohl überrascht", grinste Vettel. Der Rest war souveräne Kontrolle. Nach dem Trostpreis freute sich der Ferrari-Mannschaftskapitän: "Der Sieg war eine große Erleichterung für uns." Der zweite Platz in der Fahrer-WM ist ihm nach dem ersten von São Paulo kaum noch zu nehmen, 22 Punkte Vorsprung auf Valtteri Bottas. "Sebastian hat es perfekt gemacht, er war für uns heute unschlagbar", attestiert Mercedes-Teamaufsichtsrat Niki Lauda.

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Lewis Hamilton

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Quelle: AFP

Er hat nicht viele Fehler in diesem Jahr gemacht, und wenn ihm einer unterläuft wie in der Qualifikation von São Paulo, dann will er ihn unbedingt wieder gut machen. Crash, Motorwechsel, letzter Startplatz, dazu aus der Boxengasse. Das schreit nach Wiedergutmachung, und am Ende fehlten Lewis Hamilton nur 5,4 Sekunden auf den Sieger. 16 Plätze machte er gut, nur an Kimi Räikkönen kam er am Ende mit nachlassenden Reifen nicht vorbei - und damit auch nicht aufs Podium. "Der beste vierte Platz, den ich je gesehen habe", sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Tatsächlich hat der Weltmeister allen die Show gestohlen und den Fans den Nachmittag gerettet. "Es hat Spaß gemacht und mich an meine Zeit im Kartsport erinnert", bilanzierte Hamilton gelassen, "ich hatte mich ja selbst in die schlechteste Position gebracht. Alles, was ich wollte, war mein Team stolz zu machen. Ich denke, jeder hat gesehen, dass ich noch brenne."

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Felipe Massa

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Quelle: AFP

Das gibt es nur in Interlagos, und nur für Felipe Massa (im Bild li. mit Rubens Barrichello), der in einem der Armutsviertel hinter der Mauer des Autodromo Carlos Pace aufgewachsen ist - eine eigene Siegerehrung, obwohl der Williams-Pilot nur Siebter geworden war. Schon auf der Einrollrunde in die Startaufstellung hatte er den Fans eine Liebeserklärung gemacht, nach der Zieldurchfahrt schnappte er sich die nächstmögliche grüne Flagge - machte ja nichts, dass kein brasilianisches Staatswappen drauf war. Über Boxenfunk zugeschaltet wurde dann Massa junior, der kleine Felipinho. Vielleicht ist er ja irgendwann der nächste einheimische Rennfahrer. Die Trauer um den Abschied des 36 Jahre alten Papas ist groß, denn 2018 wird die erste Saison seit fast vier Jahrzehnten sein, in denen kein Brasilianer mehr in der Königsklasse an den Start gehen wird.

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São Paulo

F1 Grand Prix of Brazil

Quelle: Getty Images

Nirgendwo sonst kommt die Formel 1 sozialen Brennpunkten so nahe wie in São Paulo, die Rennstrecke ist umgeben von Armutsgebieten, jede Gasse aus den Favelas, die auf die Zufahrtsstraße mündet, wird von Polizisten blockiert. Allerdings nicht immer, und auch nicht immer konsequent. Nach dem ersten Trainingstag wurde ein Auto mit Funktionären von Straßenräubern angegriffen, es war jedoch gepanzert. Ein Bus mit den Mechanikern von Valtteri Bottas hatte diesen Schutz nicht, mit Waffengewalt wurden den Mercedes-Mitarbeitern Pässe und Wertsachen abgenommen. Und in der Nacht zum Sonntag wurde ein Transporter des Sauber-Rennstalls im Verkehr gerammt, konnte aber weiterfahren. Solche Vorfälle, nur nicht in dieser Häufung, gibt es in Sao Pauli immer wieder. Ein wütender Lewis Hamilton twitterte: "Die Formel 1 und die Teams müssen mehr tun. Es gibt keine Entschuldigung!"

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Franz Tost

F1 Grand Prix of Mexico - Practice

Quelle: AFP

Franz Tost, österreichischer Teamchef von Toro Rosso, ist einer der konsequentesten Männer im Fahrerlager, er sagt seine Meinung klipp und klar. Als Renault-Formel-1-Chef Cyril Abiteboul in einem Interview nahelegte, dass der Rennstall selbst und nicht der Hersteller für die Motorenprobleme verantwortlich sei, reichte es Tost. In einer offiziellen Mitteilung schoss er zurück: Die vielen Ausfälle seit der Sommerpause seien vor allem darauf zurückzuführen, dass bei Renault die Teile knapp sind, und Toro Rosso manche Komponenten von einem zum anderen Auto wechseln müsse oder nur einen alten Motor einsetzen könne. Zum Schluss wies er noch süffisant darauf hin, dass das Werksteam von Renault und der Kundenrennstall Toro Rosso um den sechsten Platz in der Konstrukteurs-WM kämpfen... Ein Rennen noch, dann ist die Zweckehe ohnehin beendet: Dann wechselt der Rennstall aus Faenza zu Honda.

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Valtteri Bottas

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Quelle: AFP

Zweiter werden, das kann für den zweiten Mann von Mercedes eigentlich keine große Enttäuschung sein, aber der Finne Valtteri Bottas war trotzdem schwer geknickt. Aus der dritten Pole-Position seiner Karriere hätte der dritte Grand-Prix-Sieg werden sollen, und damit die Chance, vielleicht doch noch Gesamt-Zweiter zu werden. Doch nach der ersten Kurve, mit durchdrehenden Rädern, war die Chance vertan: "Ich hatte größere Hoffnungen, aber trotzdem mein bestes Wochenende seit langem." Stimmt, es war nicht schlecht, aber lediglich ordentlich. Unter Druck setzen konnte er Sebastian Vettel nie. Dazu hat Lewis Hamilton einmal mehr den größeren Auftritt gehabt. Mercedes-Sportchef Toto Wolff, der den Vertrag des Rosberg-Ersatzmanns um ein Jahr verlängert hat, machte dem Adjutanten gezielt Druck: "Lewis war Rock'n'Roll dieses Jahr. Da war es schwierig für Valtteri, zu glänzen. Er muss sich in Abu Dhabi nun rehabilitieren und dann frisch in die neue Saison starten."

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Chase Carey

Großer Preis von Brasilien

Quelle: dpa

Für den US-Amerikaner an der Spitze der neuen Formel-1-Eigentümer von Liberty Media war es ein Auswärtsspiel: In São Paulo, woher seine Frau Fabiana Flosi stammt, wird der ehemalige Zampano Bernie Ecclestone immer noch verehrt. Für Carey wird es aber auch geschäftlich ungemütlicher. Ferrari droht angesichts der neuen Reglementvorschläge mit Ausstieg, Niki Lauda kritisiert die Pläne für eine Budgetobergrenze und vermisst eine generelle Vision, wie die Formel 1 attraktiver werden kann. Dazu stimmen die Zahlen nach dem Machtwechsel offenbar nicht. In den ersten drei Quartalen wurden 160 Millionen Dollar Verlust gemacht. Für die zehn Rennställe gibt es damit insgesamt 40 Millionen weniger an Ausschüttungssumme. Das ist eine empfindliche Gewinnwarnung. Und der Anlass für Carey, konkreter mit seinen Plänen zu werden, so wie es Mercedes-Teamaufsichtsrat Lauda fordert.

© SZ.de/ska/ghe
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