Sieben Kurven:Formel 1: Vettel verzweifelt am Party-Crasher

In Führung liegend scheidet der Ferrari-Pilot wegen eines Reifenplatzers aus, die Silberpfeile machen wieder Ärger und Rookie Pascal Wehrlein punktet erstmals. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Spielberg

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Toto Wolff

Formula One Grand Prix of Austria

Quelle: dpa

Einen Eimer mit kaltem Wasser ersehnte sich Mercedes-Sportchef Toto Wolff, denn der Österreicher weiß, dass wenigstens er einen kühlen Kopf bewahren muss in jener Sage, die "Kollision der Sterne" getauft werden darf. Es ist das dritte Mal innerhalb von fünf Rennen, dass es zwischen den beiden Mercedes-Fahrern geknallt hat. "Ich habe die Schnauze voll, das zu analysieren", sagte ein erboster und frustrierter Wolff, "ich will einfach keine Berührungen mehr." Bereits vor einer Krisensitzung mit der Rennmannschaft im Laufe dieser Woche vor dem Große Preis von Großbritannien stellt er die Aufgabe der bisherigen Konzernpolitik mit freier Fahrt für beide Piloten in Aussicht. Wolff: "Vielleicht muss man unpopuläre Entscheidungen treffen - die Teamorder. Das werden wir so machen, wenn wir keine anderen Mittel finden." Oder bevor die Dinge außer Kontrolle geraten.

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Lewis Hamilton

Formula One Grand Prix of Austria

Quelle: dpa

Ausgepfiffen, weil der Stadionsprecher ihm die Schuld für den Crash zugeschoben hatte, aber glücklich, weil er zum ersten Mal in Österreich gewonnen hat. Noch glücklicher, weil er jetzt auf elf Punkte an Nico Rosberg in der WM dran ist. Am glücklichsten, weil außer Rosberg ihm niemand die Schuld für die Kollision zuschieben wollte, auch die Rennkommissare nicht. Der Titelverteidiger nimmt das als Motivation, gerade vor seinem Heimspiel am Wochenende, weiter so drauf los zu fahren wie gehabt. Er wendet sich gegen die angedrohte Stallorder: "Ich habe ein altes Video gesehen, wie das Ferrari mit Michael Schumacher und Rubens Barrichello gemacht hat, ich will so etwas nicht. Ich hoffe, dass sie uns weiterfahren lassen wie in den letzten drei Jahren. Das entspricht meiner tiefen Liebe zu diesem Sport."

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Nico Rosberg

F1 Grand Prix of Austria - Qualifying

Quelle: Getty Images

Nein, der WM-Spitzenreiter will es partout nicht einsehen, dass er der Schuldige an dem Crash in der Schlussrunde sein soll, der ihn vielleicht mehr als nur den Sieg in Spielberg kosten kann. Auch wenn er mit dieser Meinung allein dasteht, wiederholt der Wiesbadener, dass er dem Rivalen genug Platz gelassen habe. Und es hat ihn aufgeregt, dass Hamilton darüber nicht mal mit ihm reden wollte: "Ich wollte einfach nur wissen, warum er eingelenkt hat. Ich wollte den Crash vermeiden, er nicht. Er hatte Glück, ich nicht." Wie unterschiedlich die beiden Fahrer-Typen sind, zeigt sich auch daran, dass der Deutsche die mögliche oder wahrscheinliche Stallorder akzeptieren will: "Das liegt nicht in meinen Händen." Die freie Fahrt bei Mercedes basiert auf einem Nicht-Berührungs-Pakt. Und gegen den wurde ziemlich offensichtlich verstoßen.

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Nico Hülkenberg

F1 Grand Prix of Austria

Quelle: Getty Images

Er hat Talent, er ist ein zuverlässiger Arbeiter, aber er ist - zumindest in der Formel 1 - kein Glückskind. Auch wenn der Große Preis von Österreich die Wende bringen sollte. Dritter in einer schwierigen Qualifikation, aber zum zweiten Mal in seiner Karriere in der ersten Startaufstellung. Von da aus sah der Emmericher Lewis Hamilton sofort davonziehen, und gleich ein paar andere Kollegen noch überholen. "Es hat überhaupt nichts geklappt", musste der 28-Jährige zugeben, zu heftig schlitterte sein Force-India-Mercedes über die Piste. Zum Schluss nahm er dann auch immer stärkere Vibrationen wahr, was im Rennwagen nie gut sind - dementsprechend musste Hülkenberg wegen des kritischen Zustands der Bremsen aus dem Rennen genommen werden. Die Fahrt dem Glück hinterher geht weiter.

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Sebastian Vettel

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Quelle: AFP

Mit Metallspänen im Getriebeöl fing das Wochenende an, mit einem spektakulären Reifenplatzer endete der Große Preis von Österreich für den deutschen Ferrari-Piloten - in Führung liegend. So hat sich der Heppenheimer seinen 29. Geburtstrag nicht vorgestellt, und auch der deutsche EM-Sieg, den er im italienischen Motorhome miterlebte, kann die Enttäuschung kaum lindern. Ein erneuter Rückschlag statt einer Aufholjagd. Schützend, aber sichtlich genervt, stellte sich Vettel vor die Mannschaft: "Es gab keine Anzeichen, die Reifen haben gut gehalten, sonst wären wir reingefahren. Das habt ihr doch gesehen, was passiert ist, was soll ich da noch erklären? Ich hab' nichts falsch gemacht. Wir haben nichts Aggressives oder Dummes versucht, fertig." Kaputt.

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Max Verstappen

F1 Grand Prix of Austria

Quelle: Getty Images

So glücklich hat man Dietrich Mateschitz, den Herrn über ein Brauseimperium, zu dem Rennstrecke und Rennteam gehören, vermutlich noch nie nach einem zweiten Platz gesehen. Er ist ein erklärter Winner. Aber oben auf dem Podium des Red-Bull-Rings steht der Niederländer Max Verstappen in einer Art Lederhosen-Rennanzug zum zweiten Mal in diesem Jahr auf dem Podium, unten steht der Dosen-Kaiser und beklatscht die Ehrenrettung seines Heimat-Rennens. Verstappen ist seine Entdeckung, sein Team kommt wieder auf Touren, und das furiose Finale des Rennes stimmt trotz der enttäuschenden Zuschauerzahl halbwegs versöhnlich. Verstappen hat mit seinen 18 Jahren gezeigt, dass er trotz schwieriger Bedingungen schon die richtige Renn-Reife besitzt, sein neun Jahre älterer Teamkollege Daniel Ricciardo musste sich mit dem fünften Platz begnügen.

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Pascal Wehrlein

F1 Grand Prix of Austria - Qualifying

Quelle: Getty Images

Zum ersten Mal seinen Manor-Mercedes in den zweiten Qualifikationsabschnitt zu pilotieren, das wäre für den deutschen Formel-1-Rookie allein schon Grund zur Freude gewesen - Zwölfter am Samstag, in einem Außenseiter-Auto. Der Platz vor ihm in der Startaufstellung war frei geblieben, Wehrlein rollte versehentlich zu weit nach vorn. Und am Ende kam er genau auf jenem zehnten Rang ins Ziel, der den ersten Punkt für den Mercedes-Protegé und das Team bedeutet: "Das ist eine Belohnung für uns alle". Und ein Sieg über die Aussichtslosigkeit nach dem zweiten Boxenstopp: "Nach der Safety-Car-Phase war ich plötzlich Letzter. Aber man muss ja mit dem auskommen, was man hat." 40 Runden, mehr als eine halbe Renndistanz lang, hielt Wehrlein mit dem gleichen Satz Reifen durch. Der Punkt, auch ein Lohn der Angst.

© SZ.de/jage
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