Sieben Kurven der Formel 1:Verstappen klagt Vettel an

Der Niederländer schickt Sprüche Richtung Ferrari-Pilot, der treue Valtteri Bottas hofft auf seine Chance - und Nico Hülkenberg verlangt mehr Power. Die Geschichten des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer

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Lewis Hamilton

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Quelle: AFP

Die besten Rennfahrer der Welt beherrschen vor allem eine Kunst, nämlich die, den Menschen und seine Maschine zu synchronisieren. Ausgerechnet Hamilton, der mal als größter Egoist im Fahrerlager galt, gelingt das jetzt nicht nur für sich, sondern für die Tausendschaft der Mercedes-Rennangestellten gleich mit. Der Lohn des unheimlichen Drangs, den die Silberpfeile seit Ende August an den Tag legen, ist der neunte Saisonsieg des Briten nach der achten Pole-Position in diesem Jahr. Der ungefährdete Triumph auf der fahrerisch anspruchsvollsten Strecke im Kalender ist sein 50. Erfolg im Mercedes-Werksteam (die 21 anderen erzielte er mit einem Kundenmotor des Stuttgarter Konzerns). Ein Rennfahrer mit Sternchen, der jetzt 67 Punkte Vorsprung auf Sebastian Vettel hat, bei überhaupt nur noch 100, die vergeben werden. Hamilton braucht in zwei Wochen in Austin nur acht Zähler mehr als der Gegenspieler zu holen und erreicht dann die Stufe von Juan-Manuel Fangio: zum fünften Mal Champion. Suzuka war eine gute Generalprobe: Nach Siegen beim Großen Preis von Japan steht es jetzt 5:4 für Hamilton gegen Vettel. Und in den USA hat er von sechs Auftritten fünf für sich entschieden...

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Sebastian Vettel

F1 Grand Prix of Japan - Qualifying

Quelle: Getty Images

Die Lackierung seiner Helme ist Herzenssache für den einzigen Fahrer, der in diesem Jahr außer Lewis Hamilton noch Weltmeister werden kann, also zumindest rein theoretisch. Für Japan war es eine Origami-Version in schwarz-rot-gold. Um im Bild zu bleiben: Mehr als ein paar Hoffnungsschnipsel bleiben Vettel nicht nach dem sechsten Platz. In der Qualifikation patzten sein Team (bei der Reifenwahl) und er (Fahrfehler auf der schnellen Runde) im Gleichschritt, im Rennen blieb ihm von Startplatz acht nichts anders übrig als gesteigerte Aggressivität. Dass der Heppenheimer zu viel zu schnell will, ist auch ein Muster dieser Saison. Wieder ging es schief, gleich in Runde acht. Er wollte, konnte nicht abwarten, bis Max Verstappen eine Fünf-Sekunden-Zeitstrafe absaß - und suchte in der Spoon-Kurve eine Lücke, die der Gegenspieler umgehend dicht machte. Resultat: Die beiden Fahrer, die ohnehin keine Freunde mehr werden, kollidierten. Der Leidtragende war der Verursacher, Vettels Ferrari drehte sich raus und musste sich auf Rang 19 wieder einreihen. Der Trotz ist scheinbar ungebrochen: "Es wird schwierig von dort aus, wo wir gerade stehen - aber was haben wir noch zu verlieren? Wir hatten schon einen Haufen Sch..., ich denke nicht, dass der noch größer werden kann."

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Max Verstappen

F1 Grand Prix of Japan

Quelle: Getty Images

Man würde ihn ja so gern mögen, vermutlich würde das auch Sebastian Vettel. Aber Teil des unbestrittenen Talents von Max Verstappen ist seine Unberechenbarkeit, gerade bei Verteidigungsmanövern. Und das macht ihn nicht gerade beliebt. Weshalb der Niederländer nach der Kollision mit Vettel, die als normaler Rennunfall gewertet wurde, am liebsten die Regeln ändern würde, mal wieder. Denn dann kämen seiner Meinung nach solche Diskussionen erst gar nicht vor, und auch keine Strafen wie nach dem vorangegangenen Rempler mit Kimi Räikkönen. Der Dritte von Suzuka gibt den Ankläger gegen den vierfachen Weltmeister: "Er hat es an einer Stelle versucht, an der man nicht überholen kann." Am Red-Bull-Renault war der Unterboden beschädigt, die große fahrerische Leistung war es, damit noch auf einen Podiumsplatz zu kommen. Am Ende hätte er fast noch Valtteri Bottas in einen Fehler gejagt. Zur wieder auflebenden Fehde mit Vettel bemerkt der 20-Jährige hämisch: "Da sieht man mal, dass auch erfahrene Fahrer Fehler machen können, wenn sie unter Druck geraten."

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Maurizio Arrivabene

F1 Grand Prix of Russia - Final Practice

Quelle: Getty Images

Es ist noch nicht alles verloren, jedenfalls jetzt noch nicht. "Rendere impossibile l'impossibile" heißt das letzte große Saisonziel für Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene - das Unmögliche möglich machen. Schon wird in Italien wieder die Personaldebatte geführt, Chef inklusive. Arrivabene sollte angeblich auf den Präsidentenposten beim Fiat-Club Juventus Turin gehievt werden, wo er schon im Vorstand sitzt. Aber das will er nicht. Nach den strategischen Pannen in der Qualifikation denke er aber sehr wohl darüber nach, am Jahresende einzugreifen, wo es nötig sei. Der 61-Jährige selbst hatte sich schon in Singapur vor seine ausgerechnet in der entscheidenden Saisonphase wieder zickende Truppe gestellt: "Schuld bin immer nur ich." Aber in Suzuka ging ihm der Rückfall in längst überwunden geglaubte Chaostage gehörig auf den Geist: "Wieso wird immer nur nach den Fehlern gefragt?" Keine böse Absicht. Einfach nur, weil sie sich häufen. Aber das war Ende vergangenen Jahres auch nicht viel anders.

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Valtteri Bottas

Formula One - Japanese Grand Prix

Quelle: REUTERS

Zweimal Zweiter hinter Lewis Hamilton innerhalb einer Woche, aber unter völlig unterschiedlichen Umständen. Der in Sotschi degradierte Finne wurde in Suzuka rehabilitiert. Auf seiner erklärten Lieblingsstrecke war Lewis Hamilton dem zweiten Mann bei Mercedes in allen Belangen überlegen. Aber der treue Bottas ("Ich weiß, was ich zu tun habe") spielte seine Rolle auch ohne Stallorder fehlerfrei, so wurde der zweite Doppelerfolg in Serie möglich. Sollte sogar ein silbern-silberner Hattrick gelingen, darf Bottas für seine Dienste auf die umgekehrte Unterstützung hoffen. Auch wenn er keinen Sieg geschenkt haben möchte, könnte Hamilton für ihn fahren. 57 Punkte liegt der WM-Dritte in der Gesamtwertung momentan hinter Vettel zurück, allein schafft er das vermutlich nicht: "Mal abwarten, was passiert, wenn er den Titel sicher hat. Ich habe hier gezeigt, dass ich ihn herausfordern kann, zwischen uns war es das ganze Wochenende eng", meinte Bottas. Jeder bei Mercedes darf sich gerade als Sieger fühlen.

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Honda

F1 Grand Prix of Japan

Quelle: Getty Images

Der Große Preis von Japan ist für Honda immer eine Frage der Ehre, die Strecke gehört dem Konzern. Hier durfte die stärkste Ausbaustufe des Hybrid-Aggregates debütieren, an dem die Ingenieure jetzt seit fünf Jahren mal mehr oder auch weniger erfolgreich herumbasteln. Die 40 Zusatz-PS katapultierten die Toro-Rosso-Piloten Pierre Gasly und Brendon Hartley auf die Startplätze sechs und sieben, eine kleine Sensation. Vor allem ist diese Saison der Testlauf für den großen Sprung zu Red Bull Racing. Dort will man endlich wieder an die erfolgreichen Vettel-Zeiten anknüpfen, was mit Renault nicht klappt. Hondas Sportchef Masashi Yamamoto blickt ungewohnt unbescheiden in die Zukunft: "Natürlich bekommen wir da Druck, aber das erzeugt auch positive Energie." Auf den Tribünen flatterten Fahnen mit der aufgehenden Sonne und aufmunternden Sprüchen: "Wir geben niemals auf." Doch am Ende: Fiel Gasly noch aus den Punkterängen und wurde lediglich Elfter.

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Nico Hülkenberg

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Quelle: AFP

Es war das Ende für den zweiten Deutschen im Feld, im doppelten Sinn: das Ende des Rennens nach 37 Runden, weil mit dem Ende seines Renault-Werkswagens etwas nicht stimmte. Was ebenso im Undefinierbaren bleibt wie die Erkenntnis von Renault-Teamchef Cyril Abiteboul, der die Konkurrenzfähigkeit und die Entwicklung lobte - für Hülkenbergs Kollegen Carlos Sainz jr. reichte es zum Ehrenpünktchen. Der 31-jährige Hülkenberg hadert hingegen mit dem Entwicklungstempo, er hat als Rennfahrer zwar Spaß an den vielen Duellen im Mittelfeld, aber ihm war in Aussicht gestellt worden, dass der französische Hersteller endlich den Sprung nach vorn schafft: "Zu Saisonbeginn waren wir die klare Nummer vier im Feld. Doch das hat sich geändert." Diesen Platz in der Markenwertung zu verteidigen, ist auch der persönliche Ehrgeiz des Piloten vom Niederrhein, der schon zum fünften Mal nicht ins Ziel gekommen ist. Was es braucht, ist seiner Meinung nach einfach: mehr Power.

© SZ.de/schm/stein
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