Sieben Kurven der Formel 1:Vettels Flug ohne Flügel

Der Ex-Weltmeister fährt ein turbulentes Rennen, Lewis Hamilton schluchzt - und Millionärssohn Lance Stroll ist doch nicht "der schlechteste Rookie der Geschichte". Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Montreal

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Lewis Hamilton

Canadian F1 Grand Prix

Quelle: AFP

Die Formel 1 neigt generell zur Statistikhörigkeit, und beim Großen Preis von Kanada lässt sich selbst Sieger Lewis Hamilton davon anstecken. Die Strecke, auf der er vor zehn Jahren zum ersten Mal überhaupt in der Königsklasse gewinnen konnte, liegt ihm. Nach diesem Wochenende, mit dem sich der Brite im Titelrennen gegen Sebastian Vettel zurückgemeldet hat, bringt er es in Montreal auf sechs Pole-Positionen und ebenso viele Siege - ein ordentlicher Prozentsatz, setzt man es ins Verhältnis: Insgesamt kommt Hamilton jetzt auf 65 Poles und 56 Grand-Prix-Erfolge. Den Rundenrekord hält er natürlich auch, und Mercedes-Teamchef Toto Wolff bescheinigt ihm: "So stark wie an diesem Wochenende habe ich ihn noch nie fahren sehen. An solchen Tagen macht ein Rennfahrer wie er den großen Unterschied aus." Hamilton kontrollierte das Rennen so einsam und souverän an der Spitze, dass er immer in Kurve zehn auf der Videowand nachsehen konnte, was die Verfolger machten.

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Sebastian Vettel

Vettel

Quelle: AP

Vierter, zum ersten Mal in dieser Saison nicht auf dem Podium - dafür war Sebastian Vettels Laune noch ganz gut. Er ging auch milde damit um, dass ihm gleich nach dem Start Max Verstappen bei einer Attacke von außen den Frontflügel abgefahren hatte. Ferrari bemerkte den Schaden zu spät, dadurch musste der Heppenheimer früh im Rennen von ganz hinten die Verfolgungsjagd aufnehmen. Er kämpfte mit dem beschädigten Auto um jede Position, weil jeder Punkt am Ende entscheidend sein kann. Kurz vor Schluss, als er zwischen zwei sich zankende Force-India-Fahrer geriet, erlebte er bei Tempo 310 eine weitere haarige Situation: "Aber ich wollte vorbei und ich musste vorbei." Es ging alles gut, bis auf das Ergebnis: "Es ist okay, aber nicht zufriedenstellend Mir hat eine Runde gefehlt, dann wäre ich noch Dritter geworden." So hat er in der WM-Wertung aber immer noch zwölf Zähler Vorsprung auf Hamilton.

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Lance Stroll

Formel 1 Großer Preis von Kanada Qualifying

Quelle: dpa

Jacques Villeneuve, der Weltmeister von 1997, kann ohne die Formel 1 schlecht leben, er sucht immer noch die Aufmerksamkeit an der Rennstrecke, wo er sich als TV-Kommentator verdingt. Dort fällt er auf, weil er seine Meinung unverblümt vorträgt. Beim Heimspiel nahm er sich seinen kanadischen Landsmann Lance Stroll vor, 18, bis zum Sonntag punkt- und auch etwas mutlos: "Er ist einer der schlechtesten Rookies der Formel-1-Geschichte." Villeneuve schöpft sein vernichtendes Urteil aus der eigenen Historie: Als er bei Williams anfing, stand er gleich auf der Pole-Position. Allerdings mit einem überlegenen Auto. Stroll aber erfüllte sich nun ein großes Stück seines Lebenstraums mit zwei WM-Punkten in seiner Heimatstadt: "Es ist ein besonderer Tag für mich, auch nach dem schwierigen Start in die Saison. Es wird nicht einfacher, aber das mit meinen ersten Formel-1-Punkten ist schon mal erledigt."

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Toto Wolff

F1 Grand Prix of Monaco - Practice

Quelle: Getty Images

Die Grand-Prix-Woche begann mit einem Dementi. Sich gewöhnlich für gut informiert haltende Kreise hatten behauptet, dass Mercedes als Werksteam 2018 den Dienst quittieren werde. Das schien gut in die Reifenkrise von Monaco zu passen, aber es passt nicht zu dem Abkommen, dass Daimler-Boss Dieter Zetsche unterzeichnet hat und den Konzern bis 2020 an die Formel 1 bindet. Sonst wird eine Milliardenstrafe fällig. Da scheint es doch billiger, zu fahren, zu siegen und zu kassieren. In Montreal rührte der österreichische Teamchef dann selbst in der Gerüchteküche. Mit einer Mutmaßung, dass der verloren gegangene Weltmeister Nico Rosberg zurückkehren könnte - nach Wolffs Meinung aber nicht zum verlassenen und enttäuschten Mercedes-Team: "Er ist erst 31, ich wäre nicht überrascht, wenn er seine Meinung in einem Jahr ändert und bei Ferrari wieder auftaucht. Oder sonst wo." Unabhängig von der Wahrscheinlichkeit: Eine gezielte Provokation.

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Robert Kubica

Robert Kubica

Quelle: dpa

Zehn Jahre ist es her, dass Robert Kubica in Montreal mit seinem Werks-BMW für einen der spektakulärsten Crashs der Formel-1-Geschichte sorgte, zum neunten Mal jährt sich der einzige Sieg des Polen an gleicher Stelle. Nach einem Rallye-Unfall 2011 und schweren Handverletzungen schien die Rennfahrerkarriere des heute 32-Jährigen vorbei. Doch Kubica ist zäh, fuhr Sport- und Tourenwagen und in der vergangenen Woche erstmals wieder ein Formel-1-Auto. 115 Runden drehte er in Valencia in einem Renault von 2012, lackiert in den aktuellen Farben des Werksteams. "Ich weiß jetzt, was mir noch fehlt", sagte er hinterher, "aber angesichts meiner Rundenzeiten kann ich ein Comeback in der Formel 1 als realistisches Ziel anstreben. Der Test hat mich glücklich und stolz gemacht." Renault sucht schon nach einem Nachfolger für den schwachen Briten Jolyon Palmer und denkt dabei an Fernando Alonso, übrigens ein Freund von Kubica.

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Ayrton Senna

Canadian F1 Grand Prix - Qualifying

Quelle: AFP

65 Pole-Positionen, das schien ein Rekord für die Ewigkeit zu sein. Der Brasilianer, der 1994 in Imola tödlich verunglückte, gilt als der überragende Qualifyer in der Formel 1. Alles konnte er in eine Runde legen, vergaß dabei manchmal sogar zu atmen. Das perfekte Vorbild für Lewis Hamilton, den aktuell besten Qualifikations-Spezialisten der Königsklasse. In Montreal fuhr er seine vierte Pole-Position der Saison ein, die sechste insgesamt in Kanada und die 65. seiner Karriere. Gleichstand mit Senna, seinem Idol. Zittern, Sprachlosigkeit, Tränen, als er einen Original-Helm seines Idols überreicht bekam, als Gabe der Familie. Und ein paar Wermutstropfen hinterher, als bekannt wurde, dass es sich bei dem Souvenir zwar nicht um eine schnöde Kopie handelt, aber um einen Helm, mit dem Senna nie gefahren ist. Hamilton muss noch dreimal Samstags-Bester werden, dann egalisiert er auch die Bestmarke von Michael Schumacher.

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Zak Brown

Canadian F1 Grand Prix - Practice

Quelle: AFP

McLaren-Honda, die größte Enttäuschung der Saison, hat den ersten Sieg errungen - allerdings nur beim traditionellen Bootsrennen der Mechaniker auf dem Ruderbecken hinter dem Circuit de Gilles Villeneuve. Der Erfolg hat den britischen Humor geweckt: "Jetzt muss Fernando Alonso bei uns bleiben." Mit dem neuen McLaren-Chef Zak Brown ist allerdings weniger zu spaßen, er glaubt nicht mehr an einen U-Turn der schwachen und unzuverlässigen Honda-Maschinerie. Auch das für Kanada versprochene Motoren-Upgrade bleibt aus. Ernste Sorgen bereite ihm die Herangehensweise der Japaner, und erstmals gab der Manager offen zu, dass man sich nach Alternativen umsehe - angeblich schon in den nächsten Tagen: "Wir haben einen Plan B und einen Plan C." Namentlich könnte es sich dabei um Mercedes und Renault handeln. Alonsos Ausfall zwei Runden vor Schluss, kurz vor dem ersten Ehrenpunkt könnte die Scheidung beschleunigen.

© SZ.de/schm
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