Sieben Kurven der Formel 1:So uneinsichtig wie Michael Schumacher

Sebastian Vettel rammt Lewis Hamilton rüpelhaft, findet seine Strafe aber unfair. Und Daniel Ricciardo trinkt Champagner aus einem Schuh. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer

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Jean Todt

F1 Grand Prix of Japan - Qualifying

Quelle: Getty Images

Vom Präsidenten des Automobilweltverbandes Fia hängt ab, ob Sebastian Vettel nach seinem Rammstoß gegen Hamilton mit der Stop-and-Go-Strafe und drei Strafpunkten davonkommt - oder noch härter bestraft wird. Das Urteil der Sportkommissare finden viele zu lasch, einen Boxenhalt gibt es sonst bereits für kleinere Vergehen. Die falsche Annahme, dass Hamilton einen "Bremstest" gemacht habe, hat wohl für mildernde Umstände vor Ort gesorgt. Doch auch eine Disqualifikation Vettels wäre im Ermessen gelegen. Der Heppenheimer liegt momentan bei neun Strafpunkten - noch ein Vergehen, und er wird für ein Rennen gesperrt. Vergangenes Jahr in Mexiko, als Vettel per Funk Max Verstappen und Rennleiter Whiting beleidigt hatte, hatte Ex-Ferrari-Mann Todt Vettel vor schlimmerem bewahrt und "ausnahmsweise" nicht das internationale Sportgericht alarmiert. Wird er es diesmal tun?

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Lewis Hamilton

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Quelle: AFP

Zwei Punkte hat Lewis Hamilton auf Sebastian Vettel in der Weltmeisterschaft verloren, an einem Wochenende, an dem er allen anderen Fahrern weit überlegen war. Der lockere Cockpitschutz, eine kleine Unachtsamkeit, hatte ihm den sicheren Sieg gekostet, aber das wollte der Brite seinem Team nicht anlasten. Zunächst reagierte er auch auf Vettels Rüpelaktion gelassen, legte dann aber nach. Der Gegenspieler habe sich blamiert und sich als Vorbild komplett disqualifiziert - so benehme sich kein Weltmeister: "Hoffentlich strahlt das nicht auf Nachwuchsfahrer ab." Hamilton findet vor allem das Strafmaß für die Verfehlung zu niedrig. Er behauptet zwar, dass die Sache ("Es muss weitergehen") erledigt sei, aber derartige Vorfälle sitzen bei ihm tief - siehe sein schwieriges Verhältnis mit Nico Rosberg nach dessen Rempler einst in Spa.

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Esteban Ocon

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Quelle: AFP

Die rosafarbenen Rennwagen von Force India sind die sportlichen Aufsteiger der Saison, Sergio Perez und Junior Esteban Ocon regelmäßige Punktegaranten. Sie mischen das Mittelfeld respektlos auf und nehmen dabei auch auf Teaminteressen keine Rücksicht. Schon in Montréal gab es interne Querelen zwischen den beiden, die einen Podestplatz kosteten. In Baku wäre sogar ein Doppelerfolg möglich gewesen, wäre da nicht der Eigensinn der beiden ungestümen Herren. Nach dem Re-Start kollidierten der Mexikaner und der Franzose. "Ich hatte immer Kollegen, die hart gefahren sind, aber Platz gelassen haben", beschwert sich Perez. "Wie er heute gefahren ist, das war absolut inakzeptabel." Für Perez war das Rennen gelaufen, nachdem er in die Wand gedrängt worden war, Ocon belegte trotz eines Plattfußes noch den sechsten Rang. "Wir müssen das im Team diskutieren", fordert Perez. Bisher galt die Politik der freien Fahrt, jetzt ist die Freiheit Schrott.

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Lance Stroll

Formula One - Azerbaijan Grand Prix

Quelle: REUTERS

Er kommt im Formel-1-Tempo voran: Vor zwei Wochen vor seinem Heimspiel galt Lance Stroll als noch nicht reif für den Grand-Prix-Sport, in seiner Heimatstadt wurde der 18-Jährige dann Neunter. Und in Baku findet er sich als jüngster Rookie der Geschichte auf dem Podium wieder. Auf der Zielgeraden wurde aus dem zweiten noch ein dritter Platz, aber am sensationellen Abschneiden ändert das nichts. Schon in der Qualifikation hatte der Williams-Fahrer aus Kanada erstmals seinen brasilianischen Kollegen Felipe Massa besiegt. Das zunehmende Selbstvertrauen hielt über die 51 chaotischen Runden an, und hinter der starken Leistung steckt auch eine neuerliche Investition von Milliardärs-Papa Lawrence. Der mietete für ein paar Tage die Rennstrecke im texanischen Austin, und der Junior durfte in einem Auto von 2014 die Abstimmung eines Formel-1-Rennwagens üben.

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Sebastian Vettel

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Quelle: AFP

Seiner Weiterbeschäftigung bei Ferrari darf der Heppenheimer auch nach der Entgleisung gelassen entgegensehen, die Vertragsverlängerung ist nur Formsache. Vettel tauschte in Baku einen möglichen Sieg mit einem vierten Platz und wirkte danach so uneinsichtig wie sein großes Vorbild Michael Schumacher einst nach dem WM-Finale 1997 gegen Jacques Villeneuve. "Formel 1 ist etwas für Erwachsene. Seine Aktion davor war nicht notwendig", beharrt Vettel, "wir haben beide den Preis mit Beschädigungen der Autos bezahlt. Aber ich finde die Strafe ungerecht. Wenn, dann hätten die Kommissare gegen beide eine aussprechen müssen." Für ihn ändere sich das Klima im Titelkampf nicht: "Wir sind hier zum Rennfahren. Die Leute wollen, dass wir die Ellbogen ausfahren. Sie wollen enge Zweikämpfe sehen." Der Schweizer Sky-Kommentator Marc Surer hingegen sieht "einen Krieg zwischen den beiden eröffnet".

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Fernando Alonso

Fernando Alonso

Quelle: AP

Nach der Qualifikation hatte der Spanier noch über seinen McLaren-Honda gehöhnt: "Wenn ich auf meiner schnellsten Runde bin, muss man das den Gegnern sagen - für sie sieht es wie eine Aufwärmrunde aus..." Doch bei aller Kritik am kraftlosen japanischen Aggregat gab es am Ende des Chaosrennens die ersten beiden Punkte für Alonso und McLaren, obwohl er wegen diverser Teilewechsel ganz ans Ende des Feldes versetzt worden war. Zwischenzeitlich war Alonso sogar mal Fünfter: "Das fühlt sich komplett irreal an", gestand er hinterher, "aber sogar das Podium war drin - wenn wir schnell gewesen wären." Er hat genug von Versprechungen, ein Wechsel zurück zum Renault-Rennstall scheint näher zu rücken. Sein alter Berater Flavio Briatore fühlte in Baku aber auch bei Mercedes vor. Doch McLaren will um den Spanier kämpfen - künftig vielleicht mit Stuttgarter Leihmotoren im Heck.

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Daniel Ricciardo

Daniel Ricciardo

Quelle: AP

Der ehemalige Rennfahrerkollege David Coulthard, der die Podium-Interviews führte, kniete vor dem überraschenden Sieger von Aserbaidschan nieder - aber nur, um den Australier auf sein Markenzeichen hinzuweisen, den so genannten "Shoey": Vermutlich hat Ricciardo der Siegeschampagner, den er aus dem Rennfahrerschuh trinkt, noch nie so gut geschmeckt wie nach dieser Fahrt vom zehnten auf den ersten Platz, mit einem zwischenzeitlichen Abstecher auf den 17. Rang. Einen "fehlerfreien Sonntag" hatte er sich selbst nach einem Patzer in der Qualifikation vorgenommen, dass daraus der erste Saisonsieg wurde, zeugt auch von der neuen Stärke des Red-Bull-Rennwagens, gerade rechtzeitig vor dem Heimrennen in zwei Wochen in Österreich. Nach dem letzten Re-Start des Rennens in Baku zog er gleich an drei Autos vorbei - das war der Schlüssel zum Sieg und zum Schuh.

© SZ.de/sonn/schma/stein
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