Fallon Sherrock bei der Darts-WM:Mitten ins Schwarze getroffen

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Spielt am Freitag in der dritten Runde der Darts-WM: Fallon Sherrock. (Foto: Steven Paston/dpa)

2019 ist im Frauensport ein Revolutionsjahr gewesen. Es wird gekrönt von Fallon Sherrock, deren Verdienst um die Gleichstellung an die Tennisspielerin Billie Jean King erinnert.

Kommentar von Barbara Klimke

Fallon Sherrock ist nicht leicht aus der Fassung zu bringen. Aber ein Blick in ihren Twitter-Account zwischen den Runden an der Scheibe hat ihr dann doch einen kleinen Schauer eingejagt. Glückwünsche aus der ganzen Welt. Darunter ein großes Lob von Billie Jean King, der großen alten Dame des Tennis, was zweierlei bedeutet: Fallon Sherrock, die erste Frau bei der WM im Darts, die nicht einen, sondern nun sogar zwei Männer geschlagen hat, ist zur Berühmtheit aufgestiegen. Außerdem findet Billie Jean King, dass so ein Pfeil, geworfen im Londoner Alexandra Palace, ein Fanal für Frauenrechte sein kann. "Game Changer!", "bahnbrechend!", schrieb sie unter ihre Nachricht. Fallon Sherrock, 25, die erst zu ihrem Sport gefunden hatte, als sie ihren Beruf als Friseurin aufgab, war perplex: "Unfassbar", sagte sie. Sie sei doch nur eine ganz normale Frau aus der englischen Stadt Milton Keynes.

Aber Fallon Sherrock ist auch eine Frau, die gesellschaftlich ins Schwarze getroffen hat. Zumindest nach Meinung von Billie Jean King, 76, die mehr vom bahnbrechenden Gleichstellungskampf versteht als jede andere Athletin. King weiß, wie man es mit Männern aufnimmt. Sie hatte es bereits 1973 durchgezogen, auf die knallharte Tour. Damals hatte ihr US-Landsmann Bobby Riggs das Spiel der Frauen als minderwertig bespöttelt; sie wählte das direkte Duell am Netz, um dem fast doppelt so alten Tennis-Chauvinisten die Bälle um die Ohren hauen: 6:4, 6:3, 6:3.

Diese Mann-gegen-Frau-Partie, die in der Tradition der "Battle of the Sexes" verankert ist, entsprach nur vordergründig einem Show-Event im Houston Astrodome, vor mehr als 30 000 Zuschauern. Für Billie Jean King war es ein Schicksal-Match: Hätte sie es verloren, so sagte sie später, wäre die soziale Gerechtigkeit in ihrem Sport um fünfzig Jahre zurückgeworfen worden. Stattdessen nutzte sie ihren Sieg, um für das Frauen-Profitennis zu streiten. Es ist Billie Jean Kings Verdienst, dass die US Open bereits seit 1973 an männliche und weibliche Spieler ein Preisgeld in gleicher Höhe auszahlen. Wimbledon zog übrigens erst 2007 nach.

Nie zuvor sind die Fußballerinnen so rebellisch aufgetreten wie 2019

Tennis ist inzwischen im Vergleich zu anderen Sportarten ein gutes Stück vorangekommen. Was sich spektakulär an der Verdiensttabelle ablesen lässt: In der Liste der höchstbezahlten Sportlerinnen, die das Magazin Forbes für 2018/19 vorlegte, nehmen Tennisspielerinnen kollektiv die Plätze eins bis elf ein. Die erste Frau der Statistik, die ihren Lebensunterhalt nicht mit dem Jonglieren von Filzbällen bestreitet, steht auf Platz zwölf: Soccer-Profi Alex Morgan aus den USA.

Doch der Umsturz, den Billie Jean King anzettelte, hat mit fast einem halben Jahrhundert Verspätung nun den Fußball erreicht. Denn nie zuvor sind die Kickerinnen derart rebellisch aufgetreten wie im Revolutionsjahr 2019. Bei der WM in Frankreich stellten sie die schäbige Behandlung durch den Weltverband Fifa bloß, der ihnen nur mickrige 7,5 Prozent des Gesamtpreisgelds zugestand, das bei der Männer-WM 2018 floss. In den USA haben die Weltmeisterinnen Sammelklage gegen ihre US-Föderation eingereicht; der Vorwurf: institutionalisierte Geschlechterdiskriminierung. Erst im November streikten Spaniens Klubfußballerinen, die nachgewiesen haben, dass sie große Stadien füllen können, für einen höheren Mindestlohn. Australien hat derweil als erstes Land verkündet, dass es das geschlechtsspezifische Fußball-Lohngefälle aufgehoben hat.

Fallon Sherrock, die Frau mit den Pfeilen, die nur per Wild Card in London spielen darf, wird wie ihre Kollegen bezahlt. Schon das ist ein Triumph bei einer WM, bei der weibliche Akteurinnen bis vor zwei Jahren nur auf High Heels als Präsentierdamen antraten. Die kleine Revolution wird 2020 weitergehen. Das dürfte ganz im Sinne von Billie Jean King sein.

© SZ vom 24.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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