Sex-Affäre um John Terry:"Passt auf eure Frauen auf"

Die Affäre von John Terry mit der Freundin eines Nationalteam-Kollegen sorgt für Entrüstung in England. Sogar die Politik fordert seine Ablösung als Kapitän.

F. Heckenberger

Der englische Fußball ist wieder mal um eine schlüpfrige Anekdote reicher, und John Terry könnte bald die Armbinde los sein, deren Übernahme er einst als "ultimative Ehre" bezeichnet hat. Die angebliche Affäre des Kapitäns der englischen Auswahl mit dem französischen Unterwäschemodell Vanessa Perroncel, der damaligen Lebensgefährtin seines Nationalelf-Kollegen Wayne Bridge, beschäftigt auf der Insel nun sogar die Politik.

Sex-Affäre um John Terry: Das Herz am rechten Fleck? England diskutiert über John Terry.

Das Herz am rechten Fleck? England diskutiert über John Terry.

(Foto: Foto: AFP)

"Wenn sich die Anschuldigungen bewahrheiten, stellt das seine Rolle in Frage", sagte Sportminister Gerry Sutcliffe zu Beginn der Woche und hob die aufgeregte Diskussion auf eine neue Ebene. Es geht nicht mehr allein um einen privaten Fehltritt, es geht um das Wohl und das Ansehen der Nationalmannschaft und damit, so interpretiert es Sutcliffe, um eine nationale Angelegenheit. Terry ist verheiratet, Vater von Zwillingen und trägt auch beim Premier-League-Tabellenführer FC Chelsea die Binde des Mannschaftsführers.

Mit seiner Stellungnahme befeuerte der Sportminister die Diskussion auf der Insel, ob der 29-Jährige weiterhin Kapitän der Nationalelf bleiben kann. John Terry sei ein phantastischer Spieler, aber als Kapitän von England habe man auch Verantwortung für sein Land, so Sutcliffe. Laut der Tageszeitung Times forderte der Politiker den englischen Verband FA auf, eine offizielle Stellungnahme abzugeben und mögliche Konsequenzen zu formulieren.

Die FA spielt vorerst auf Zeit. "Wir haben keine Eile. Wir sehen die Nationalmannschaft Anfang März vor dem Spiel gegen Ägypten. Dann haben wir Gelegenheit, die Spieler und ihre Interaktion untereinander zu beobachten", so zitiert die BBC einen nicht genannten FA-Funktionär. Englische Zeitungen berichten bereits, Bridge wolle nicht mehr unter einem Kapitän namens John Terry für die Nationalmannschaft spielen. Angesichts der Verwerfungen fürchten die Fans in diversen Online-Foren, dass die Affäre die Chancen der Three Lions bei der WM in Südafrika beeinträchtigen könnte.

Am Wochenende war ein Sturm durch die englische Medienlandschaft gerauscht, nachdem ein Richter die Spekulationen über die Affäre öffentlich bestätigt und ein Gericht die einstweiligen Verfügungen gekippt hatte, mit denen Terry Berichte über sein Privatleben unterbinden wollte. In den Stadien auf der Insel war das Thema allgegenwärtig. Die Fans sangen: "Passt auf eure Frauen auf", und Nigel de Jong, Stephen Ireland und Carlos Tévez liefen aus Solidarität mit Wayne Bridge, ihrem Teamkollegen bei Manchester City, in T-Shirts mit der Aufschrift "Team Bridge" über den Rasen.

Terry dagegen zeigte sich unbeeindruckt von dem Wirbel: Er erzielte beim 2:1 seines Vereins gegen den FC Burnley den Siegtreffer und bekam anschließend Rückendeckung von Chelsea-Trainer Carlo Ancelotti: "Ich habe nie daran gedacht, ihn nicht aufzustellen. Er ist unser Kapitän."

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Ehefrauen müssen draußen bleiben

So gefestigt wie bei Chelsea ist Terrys Rolle in der Nationalelf nicht mehr. Bereits 2008 war der Abwehrspieler wegen seines Verhaltens öffentlich in die Kritik geraten: Er hatte mit seinem Bentley zwei Stunden lang einen Behindertenparkplatz blockiert. Ob Terry tatasächlich seine Kapitänsbinde abgeben muss, dürfte maßgeblich von Nationaltrainer Fabio Capello abhängen. Der Italiener, der momentan in der Schweiz Ferien macht, vermied bisher jeglichen Kommentar zu den neuesten Enthüllungen. Er dürfte nicht sonderlich amüsiert sein. Am Donnerstag kehrt der Trainer nach England zurück und will sich dann, laut Berichten des Guardian, zuerst mit Terry unterhalten.

Capello hat sein Amt als Trainer der englischen Auswahl im Dezember 2007 angetreten, und eine seiner wichtigsten Forderungen lautete damals: mehr Disziplin. Der Rummel um die berühmt-berüchtigten Wags (Wifes and Girlfriends), die englischen Spielerfrauen und Freundinnen, die etwa bei der WM 2006 in Deutschland durch ihre Auftritte in den Luxusboutiquen von Baden-Baden ihren kickenden Gatten die Schau stahlen, ist ihm ein Graus.

Die alljährlichen Skandalnachrichten über Trinkgelage bei den Weihnachtsfeiern der englischen Klubs, zu denen zwar nicht die Familien der Spieler, dafür aber wie bei Manchester United 100 Hostessen geladen sind, verursachen ihm Magengrimmen.

In Italien trägt Capello den Spitznamen Feldmarschall. Seinen Spieler Ronaldo soll er bei Real Madrid einmal gefragt haben: "Schämen Sie sich denn nicht, so dick zu sein?" Vor mehreren Monaten musste sich Capello schon einmal zu Gerüchten um John Terrys außereheliche Aktivitäten äußern. Damals erklärte Capello: "Ein Kapitän muss ein Vorbild beim Training und ein Anführer im Spiel sein. Ich würde mir außerdem wünschen, dass er ein Vorbild außerhalb des Platzes ist." Am Dienstag berichtete die Times, Terry erwäge, die Binde von sich aus zurückzugeben, um den Druck der Entscheidung von Capello zu nehmen.

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