Fußball in Italien:Die Mäzene sind satt und frustriert

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Hat genug in Florenz: Diego Della Valle verkauft den Klub.

(Foto: picture alliance / dpa)

Diego Della Valle verkauft den AC Florenz - von den sieben größten Klubs befinden sich nur noch drei in italienischer Hand. Das verwundert, gerade in diesen Zeiten.

Kommentar von Birgit Schönau, Rom

In Diego Della Valle verlässt einer der letzten großen Fußballmäzene Italiens die Serie A. Aus der elterlichen Schuhfabrik hatte Della Valle ein international erfolgreiches Luxusmode-Unternehmen geformt, bevor er vor 17 Jahren den bankrotten AC Florenz übernahm. Den Vorsitz im Klub überließ er dem jüngeren Bruder Andrea, er selbst blieb die graue Eminenz. Was folgte, waren zunächst schöne Jahre für Florenz und seinen Fußball. Die Fiorentina flog aus der vierten Liga hinauf in die Champions League und spielte lange in der Serie A ganz oben mit.

Zwischenzeitlich avancierte Della Valle zum Großverleger mit dem Corriere della Sera und zum Eisenbahnunternehmer. Er konnte es sich leisten, 25 Millionen Euro für die Restaurierung des Kolosseums zu spenden, und lud Journalisten gerne zum Interview in seinem Privatjet ein, auf dem Flug nach Hongkong etwa, zur Eröffnung eines neuen Schuhladens.

Dass er jetzt die Fiorentina für 165 Millionen Euro an den Italo-Amerikaner Rocco Commisso verkauft, ist ein beunruhigendes Signal. Denn Della Valle gibt nicht etwa auf, weil der Pleitegeier über seinem Klub kreist - im Gegenteil, der AC ist schuldenfrei. Der 65 Jahre alte Mäzen hat es einfach satt. Er fühlt sich frustriert und blockiert von einer absurden Bürokratie, die ihm seit Jahren den Bau eines Stadions versagt. Zuletzt investierte er kaum noch in den Klub, prompt trudelte die Fiorentina der zweiten Liga entgegen. Zwar rettete sie sich knapp über der Abstiegszone auf Platz 16, doch die Brüder Della Valle wurden vom eigenen Publikum mit Pfiffen überzogen.

Nur ein einziger italienischer Klub ist international konkurrenzfähig

Commisso wird sich davon kaum beeindrucken lassen. Er ist ein klassischer Selfmademan, der als Sohn bitterarmer Emigranten aus Kalabrien zum Großbanker und Medienunternehmer aufstieg. Seit 2017 gehört ihm auch der Fußballklub Cosmos New York. In Italien befindet sich Commisso jedenfalls in guter Gesellschaft. Die AS Roma und der FC Bologna gehören ebenfalls Italo-Amerikanern, der AC Mailand einem US-Hedgefonds. Hinter Inter steht der chinesische Konzern Suning, um die beiden zum Verkauf stehenden Erstligaklubs aus Genua feilschen gerade internationale Konsortien.

Von den "Sieben Schwestern" - Juventus, Milan, Inter, Roma, Lazio, Fiorentina und Parma -, die zur besten Zeit der Serie A um die Jahrhundertwende die Liga dominierten, befinden sich also nur noch drei im Besitz von Italienern, wobei Parma erst kürzlich von einem chinesischen Patron zurückgekauft wurde.

Schon verrückt: In Zeiten, da rund die Hälfte der Italiener rechtspopulistische oder rechtsextreme Parteien wählen, deren "Italien-zuerst"-Gebrüll die Mahnungen aus Brüssel wegen der horrenden Staatsverschuldung übertönen soll, wird ausgerechnet der Fußball immer internationaler. Interessanterweise sind Traditionsklubs die einzigen Unternehmen, die ausländische Investoren anziehen. Wegen der irren Bürokratie, mangelnder Rechtssicherheit durch eine schneckenhaft langsame Justiz und des Totalausfalls wirtschaftsfreundlicher Politik haben die meisten Ausländer Italien fluchtartig verlassen, während heimische Unternehmer ihre Schäflein gerade ebenfalls jenseits der Grenzen in Sicherheit bringen.

Ob der neue Besitzer der Fiorentina Flügel verleiht, wird sich zeigen. Bislang ist nur ein einziger italienischer Klub international konkurrenzfähig: Juventus Turin - seit fast hundert Jahren im Besitz der sehr italienischen Familie Agnelli.

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