Sergio Ramos in der Champions League:Der größte Quälgeist des FC Bayern

FC Bayern Muenchen v Real Madrid - UEFA Champions League Semi Final; Ramos

Sergio Ramos feiert sein zweites Tor gegen den FC Bayern im Champions-League-Halbfinale 2014.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Kaum ein Spieler von Real Madrid hat mit dem FC Bayern eine so lange Verbindung wie Verteidiger Sergio Ramos.
  • Er hat sich in vielen Duellen als stählerne Kraft erwiesen - jetzt fordert er die Münchner erneut in der Champions League.
  • Mit seiner Art steht er wie Thomas Müller für die Deutung seines Vereins.

Von Jonas Beckenkamp

Zu den vielen Geschichten, die das Duell der Bayern gegen Real Madrid an diesem Mittwochabend begleiten, zählt auch jene von Sergio Ramos García. Der Ramos, dieser Abwehrfiesling, er ist für Bayern-Fans ja eine ständige Nervensäge - einer, den man in München einfach nicht aus den Köpfen kriegt. Der Eisenmann Ramos und die Bayern, diese ewige Fehde hat mehr Tradition als so manches Familienfest. Sie ist, wenn man so will, die Würze dieses Leckerbissens in der Champions League.

Der Andalusier Ramos, 31, hat sich so oft mit den Spielern der Münchner gezankt, beharkt und begrätscht, dass sich vorhersagen lässt: Gemeinsam auf ein Glaserl Rioja wird man sich auch diesmal nicht treffen, wenn alles vorbei ist. Ramos ist aus Bayern-Sicht einer der gefürchtetsten Menschen überhaupt, vielleicht gefolgt von einem gewissen Filippo Inzaghi und einem Typen namens Didier Drogba. Taucht der Name Sergio Ramos auf, verziehen sie in München das Gesicht, denn der schmeckt nach Aua: Hör' bloß auf, nicht der schon wieder. Ramos ist seit Jahren eine Nemesis, ein Quälgeist, eine Reizfigur.

Es ist eine Mischung aus Furcht und Respekt, die dem Mann aus der Nähe von Sevilla entgegenschlägt, wobei sie in Münchner Kneipen zugeben müssen: Seit er die Haare nicht mehr lang und glatt trägt, sieht er immerhin nicht mehr aus wie einer von den Chippendales. Ramos hat 2012 mal einen Elfer gegen Manuel Neuer unters Stadiondach des Bernabéu geballert, danach gab es ein wenig Gefrotzel vom Bayern-Keeper ("Ich wusste gar nicht, dass Ramos seine Elfmeter gerne weit übers Tor schießt") und Spott im Internet ("Die Besatzung der Raumstation ISS sucht im Weltall immer noch nach dem Ball ..."). Fußball halt.

Aber Sergio Ramos hat eben auch 2014 beim 4:0 Reals diese beiden Kopfbälle ins Bayern-Tor gewuchtet und ist danach mit beiden Händen an den Ohren ("Habt ihr mich etwa verspottet?") vor der Südkurve dahingerutscht - es waren tiefe Stiche in die Seelen der Münchner. Sowas schmerzt irgendwie mehr, als wenn Lionel Messi mal eben Jérôme Boateng auswackelt (wie 2015). Möglicherweise ist Sergio Ramos auf seine Art schlichtweg das Pendant zu Thomas Müller. Er ist der, der bei den Königlichen das zutiefst Spanische verkörpert, während der Müllerthomas eben ein oberbayerischer Bazi mit zähen Haxen ist. Ramos steht für das Stierkampfige bei Real - im Vergleich zum katalanischen Getrickse beim FC Barcelona.

Er verkörpert die madrilenische Variante des "Mia san mia": das Erhabene, Selbstreferentielle, den Stolz und das Großkopferte aus der spanischen Hauptstadt. Mit dem Müllerthomas teilt der Cojoneskerl Ramos übrigens ein Hobby: Beide interessieren sich für Pferde - das Gestüt von Ramos heißt allen Ernstes "SR4", nach seinen Initialen und seiner Trikotnummer. Ramos und die Bayern, dass diese Beziehung noch nicht irgendwo auf dem volltätowierten Muskelkörper des Oberköniglichen eingraviert ist, mag man kaum glauben. Und vielleicht öffnet sich ja an diesem Abend ein neues Kapitel dieser Fußball-Novela: Wie in Spanien vermutet wird, könnten die Bayern alles dran setzen, Ramos eine gelbe Karte anzuhängen. Er sammelt sie ja mit Wonne, rote wie gelbe. 21 Mal flog er bereits vom Platz. Auch das: Kein Witz.

Ein bisserl provozieren hier, ein Hinfaller von Ribéry und Robben da - bei einer weiteren Gelben wäre er fürs Rückspiel gesperrt. Ohne Ramos sowie die verletzten Pepe (noch so ein Stahlarbeiter des Spiels) und Raphaël Varane würde Real im Fall des Vollzugs durch Schiedsrichter Rizzoli (ein Italiener!) die komplette Absicherung in der Verteidigung fehlen. Gemeinheiten und Verschwörungen unter alten Bekannten, sowas geht vor solchen Duellen immer als Aufreger, ist ja schließlich nicht der Audi Cup. Eins ist also gewiss heute Abend: Wenn Sergio Ramos, wie man so sagt, "gut in die Zweikämpfe kommt", dann wird's herzhaft in der Münchner Arena. ¡Olé!

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