Serge Gnabry:Jung, schnell und fast schon unentbehrlich

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Flinker Flügelläufer: Serge Gnabry brillierte in Athen. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)
  • Serge Gnabry hat beim FC Bayern wie in der Nationalelf fußballerisch gute Wochen hinter sich - trotz der Krise in beiden Mannschaften.
  • Beim 2:0 in Athen ist Gnabry an fast allen gefährlichen Angriffen des FC Bayern beteiligt.
  • Nun fehle nur noch ein Tor ihm, amüsiert sich Sportdirektor Hasan Salihmadzic.

Von Christopher Gerards, Athen

Irgendwann erreichte Serge Gnabry die Frage, ob er eigentlich ein schlechtes Gewissen habe. Es ging um die jüngsten Aufstellungen des FC Bayern, darum, dass er zweimal in Folge von Anfang an gespielt hatte, während sogenannte Hochkaräter wie Thomas Müller oder Franck Ribéry hatten zuschauen müssen. Wie er damit umgeht?

Gnabry stand am Ausgang des Athener Olympiastadions, graue Trainingskleidung, die Hände hinter dem Rücken versteckt. Er sagte: "Wenn ich draußen sitz', ist auch ein Hochkaräter draußen, oder?" Ein paar der anwesenden Reporter lachten, aber es war nicht ganz klar, ob Gnabry wirklich einen Witz gemacht hatte.

Gnabrys Karriere hat einige Umwege genommen

Serge Gnabry hat fußballerisch gute Wochen hinter sich. Das ist erstaunlich, da er für den FC Bayern und die deutsche Nationalelf spielt, die beide eher keine guten Wochen hinter sich haben. Er spielte von Anfang an beim Länderspiel in Paris, er spielte von Anfang an für den FC Bayern in Wolfsburg. Und nun, beim 2:0 (0:0) in der Champions League bei AEK Athen, spielte er nicht nur von Anfang an. Er war auch einer der besten Fußballer auf dem Platz. Und in seinen Eigenschaften als a) junger, b) schneller und c) Flügelspieler dürfte er in den kommenden Monaten noch wichtiger werden für den FC Bayern, der ja zunehmend nach Umbruchspielern lechzt.

Serge Gnabry ist erst 23 Jahre alt, aber es fühlt sich so an, als wäre er schon fünf, sechs Jahre im Spitzenfußball dabei. Das liegt unter anderem daran, dass Gnabry schon seit fünf, sechs Jahren im Spitzenfußball dabei ist. Sein erstes Champions-League-Spiel hat er 2012 gemacht, ein paar Minuten für den FC Arsenal gegen Schalke 04, es war die Zeit, als viele merkten, dass da in London ein ziemlich großes Talent aus Deutschland kickt. Gnabrys Karriere hat einige Umwege genommen seither, für Arsenal hat er noch zweimal kurz in der Champions League gespielt, aber für einen Stammplatz hat es nicht gereicht. Bei Olympia 2016 spielte er sich dann ins Blickfeld der Bundesliga, schließlich kam er über Bremen und eine Leihe nach Hoffenheim nach München.

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Ist das der Start einer Serie? Die Bayern glänzen auch beim 2:0 in Athen keineswegs, aber sie zeigen, dass sie gewillt sind, wieder in Form zu kommen - einer ist mächtig sauer.

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Als Sportdirektor Hasan Salihamidzic am Dienstagabend über Gnabry sprach, nannte er ihn "Lichtblick". Mit einem gewissen Amüsement in der Stimme fügte er dann aber noch an, dass er "natürlich" ein Tor von Gnabry erwarte. Während der Außenangreifer in Bremen (zehn Bundesliga-Tore) und Hoffenheim (elf) zuverlässig getroffen hatte, wartet er in München noch auf sein erstes Tor. Nach Lage der Dinge könnte sich das aber sehr bald ändern. Einerseits, weil Gnabry nicht so klang, als er würde sich langfristig auf der Bank sehen. Andererseits, weil es der Kader des FC Bayern schlichtweg erfordert.

In München haben sie gerade akut Bedarf auf den Flügeln, und so kommt es ihnen entgegen, dass Gnabry sich immer besser zurechtfindet. Franck Ribéry war wegen einer Wirbelblockade nicht mit nach Athen gereist, und mit 35 Jahren verkörpert er (bei allem Respekt!) nicht die fußballerische Zukunft dieses Klubs. Ähnliches gilt (ebenfalls bei allem Respekt!) für Arjen Robben. Kingsley Coman wiederum ist mit 22 zwar noch jünger als Gnabry, fällt aber mit einem Syndesmosebandriss noch bis Dezember aus.

In seinem Wirken am Dienstag erinnerte Gnabry hier und da an Coman, vor allem an dessen erste Jahre in München. An fast jedem gefährlichen Angriff der ersten Hälfte war Gnabry beteiligt, was vor allem daran lag, dass er eine in München rare Fähigkeit besitzt: Er ist sehr, sehr schnell. Auch bei seinen Dribblings kommen nicht so viele Gegenspieler hinterher, allerdings entschieden sich Gnabrys Flanken und Pässe, nicht immer bei einem Mitspieler zu landen. In der zweiten Hälfte wiederum war das anders, da legte Gnabry den Ball auf den hinterlaufenden Rafinha zurück, dessen Hereingabe erreichte Lewandowski - schon stand es 2:0.

Was Gnabry auszeichnet, beschrieb auch Teamkollege Arjen Robben, es ging um dessen Einstellung zu seinem Beruf. Ein "sehr guter Junge" sei Gnabry, "der will sich auch verbessern", er arbeite fleißig. Er, Robben, verbringe ja viel Zeit im Fitnessstudio, und neuerdings habe er "einen Freund dabei": Serge Gnabry.

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