Serena Williams bei den Australian Open:Schmerzhaft aus dem Turnier gepurzelt

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Händeschütteln nach einem frustrierenden Match: Serena Williams ist in Melbourne ausgeschieden. (Foto: dpa)

Mein Rücken! Mein Hals! Die Medikamente! Für viele Beobachter ist das Aus der Favoritin Serena Williams in Melbourne eine Überraschung - die 32-Jährige aber redet dessen Bedeutung klein. Der Frauen-Wettbewerb beginnt jetzt erst richtig.

Von Gerald Kleffmann, Melbourne

Am Morgen noch hatte sie sich eingeschlagen, auf dem Trainingsplatz 16 im Melbourne Park, Tennisfans lehnten am Zaun und verfolgten ihre harten Vor- und Rückhandschläge, die nur so übers Netz zischten. Fokussiert sah sie aus, während Patrick Mouratoglou, der Franzose mit den stahlharten Bauchmuskeln, der auch privat ihr Partner ist, die Bälle aufsammelte und unverdächtig guckte. Doch dann fing Serena Williams an, sich an den Rücken zu fassen. Die Blicke wurden ernster bei ihrem Coach.

Um 15.45 Uhr dieses angenehm kühlen Sonntags trat die 32-Jährige vor die Presse und betonte, wie sehr sie sich jetzt auf daheim freue. Sie sagte das ganz ruhig. Sie hatte sich, immerhin, unter Kontrolle.

Selbstverständlich war das nicht nach dem unerwarteten 6:4, 3:6, 3:6 gegen die kontrolliert-offensiv agierende Serbin Ana Ivanovic, die der Amerikanerin wie im Vorjahr, als Williams gegen ihre junge Landsfrau Sloane Stephens verlor, das vorzeitige Aus im Achtelfinale der Australian Open bescherte.

Ohne die turmhohe Favoritin, die auf längere Sicht erst mal die Weltrangliste anführt, ist dieser Frauenwettbewerb ab sofort ein anderer. Er beginnt quasi neu mit dem Viertelfinale, das an diesem Montag komplettiert wird - nur ohne all die Debatten, ob Williams schon jetzt mit Chris Evert und Martina Navratilova gleichziehen könne, die je 18 Grand-Slam-Veranstaltungen gewonnen hatten.

"Es ist tatsächlich ein Unterschied ohne sie", sagte Ana Ivanovic, die nicht unglücklich darüber aussah. Keine Teilnehmerin wird das sein.

Serena Williams galt als unbesiegbar vor dem Turnierstart, wenngleich sie jede Prognose stets charmant wegdiskutierte mit dem Hinweis, sie würde nur "von Match zu Match" schauen. Als habe sie nicht bis heute 54 Millionen Dollar Preisgeld erspielt. Nun saß Williams im "Main Interview Room", die mit einer Brennschere gewellten Haare offen, pinke Kappe, eine Trinkflasche kurz nuckelnd. Wie würde sie diese Niederlage einordnen, diese Enttäuschung aus dem Nichts?

Rasch kam die Rede auf den Rücken, und tatsächlich, Williams machte ihre Pein als Schwachstelle ihres fehlerhaften Auftritts aus. "Ich will hier keine Ausreden vortragen, sie hat ein großartiges Match gezeigt", lobte sie ihre Gegnerin, die Weltranglisten-Zehnte - nur, da hatte sie schon ausführlich beschrieben, wie es um sie gestanden hatte: schlecht. Ihr Rücken sei blockiert gewesen, ihr Hals daher auch, seit ein paar Tagen plage sie diese Beschwerde. "Ich wäre fast gar nicht angetreten", betonte Serena Williams, doch sie sei "eine Wettkämpferin"; sie kniff nicht, sollte das heißen.

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Auf die "stärksten Medikamente" - legale, betonte sie - musste sie dennoch zurückgreifen. Eine Information, die offenbar den Grad ihrer Malaise unterstreichen sollte. Als Serena Williams merkte, dass ihr Vortrag etwas zu wehleidig geriet, beruhigte sie: "Es ist aber nicht lebensbedrohlich." Vielleicht nagte die Pleite, die ihr die Chance auf den nächsten historischen Eintrag verbaute, doch mehr an ihr, als sie einräumte.

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Das erste Grand-Slam-Turnier 2014 geht ohne deutsche Beteiligung weiter. Tennisspielerin Angelique Kerber verliert ihr Achtelfinale gegen die Italienerin Flavia Pennetta, Florian Mayer unterliegt David Ferrer. Völlig überraschend scheidet auch Favoritin Serena Williams aus.

Ivanovic hatte verdient gewonnen und unterstrichen, dass sie mit ihrem klassisch anmutenden Grundlinientennis, das an das von Chris Evert erinnert, plötzlich zu den Kandidatinnen für den Titel aufgestiegen ist. 2014 ist sie noch unbesiegt, das Turnier in Auckland gewann Ivanovic bereits - im Finale gegen Venus Williams, Serenas ältere Schwester. "Selbstvertrauen" habe ihr dieser Erfolg für den Sonntag gegeben, sagte Ivanovic, die nach ihrem Coups gefragt wurde, ob sie sich den Triumph in Melbourne zutraue. Aber dieses Spielchen, sich Ankündigungen entlocken zu lassen, machte sie dann doch nicht mit.

Die 26-Jährige ist kein unbedarftes Mädchen mehr, sondern nach ihrem Aufstieg Ende der Nullerjahre, der sie 2008 nach dem Sieg bei den French Open auf Platz eins der Weltrangliste führte, gewappnet für öffentliche Auftritte. Sie war ja eine Art Glamourgirl und machte vieles mit im Scheinwerferlicht. Jedoch fließen Bikinifotos nicht in die Wertung der Weltrangliste ein, und so rutschte Ivanovic 2010 wieder bis auf Rang 65 ab. Es habe da absolut Momente gegeben, erinnerte sich Ivanovic, die dunkel gewesen seien. Dieses Bewusstsein machte diesen Augenblick am Sonntag noch besonderer für sie.

Ihre Geschichte könnte demnach eine werden, die von der Rückkehr eines Tennismodels handelt, aber das Feld wird, nach Williams' Abtritt, mit korrigierter Perspektive die nächsten Runden angehen. Li Na war gegen die Tschechin Lucie Safarova im Prinzip schon ausgeschieden, rettete sich und steht nach dem stürmischen 6:2, 6:0 gegen die Russin Ekaterina Makarova im Viertelfinale.

Oder macht es wieder Victoria Asarenka, die Titelverteidigerin aus Weißrussland, die am Montag auf Sloane Stephens trifft? Oder Eugenie Bouchard? Die Kanadierin beendete am Sonntagabend den Höhenflug der Australierin Casey Dellacqua mit 6:7, 6:2, 6:0.

Williams kümmern solche Fragen wenig, klar. "Ich reise nach Hause und sehe meinen Sohn. Seine Name ist Chip", sagte sie zum Abschied sehnsuchtsvoll. "Ich vermisse ihn so sehr." Sie meinte ihren Yorkshire Terrier.

© SZ vom 20.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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