Sepp Blatter auf dem Fifa-Kongress:"Meine Mission ist noch nicht zu Ende"

Er will nochmal: Sepp Blatter kandidiert 2015 erneut fürs Fifa-Präsidentenamt. Der Boss des Welt-Fußballverbandes schwenkt noch einmal die Geldgießkanne für Exoten-Verbände kleiner Länder - und überrascht in Sachen Technologie-Einführung auf dem Rasen.

Von Thomas Kistner, São Paulo

Alles wartete auf die präsidiale Schlussverkündigung, darauf, dass endlich Sepp Blatter seine ja medial längst und genussvoll ausgebreitete fünfte Kandidatur fürs Amt des Fifa-Präsidenten in offizielle Worte fassen würde. Aber davor lagen die Mühen des 64. Fifa-Kongresses, der sich wie die Verkehrsstaus am Veranstalterort, dem 20-Millionen-Menschen-Moloch São Paulo, endlos in die Länge zog.

Nach siebeneinhalb Stunden war es geschafft: Blatter ging in seiner Rede, ganz nach Art des Hauses, noch einmal tüchtig mit der Geldgießkanne herum. Für alle National- und Kontinentalverbände gibt's wieder mal ordentlich ein paar Milliönchen drauf, was in Fußballnationen wie Guam oder Gibraltar gut gebraucht werden dürfte. Blatter hielt inne, wunderte sich kurz über den ausbleibenden Jubelsturm der verwöhnten Bande, dann kam: Die Mission.

"Ich weiß", erzählte der ewige Fifa-Patron, "im Mai 2015 wird meine Amtszeit zu Ende gehen. Aber meine Mission ist noch nicht zu Ende" - aufbrandender Applaus - "und ich sage Ihnen, zusammen werden wir die neue Fifa schaffen!"

Nicht alle Hände im Saal rührten sich, um die neue Fifa willkommen zu heißen. Die Europäische Fußball-Union Uefa hatte Blatter ja erst am Vortag hart rangenommen, weitestgehend sprachlos und mit zitternden Händen hatte sich der 78-jährige angehört, wie ihm der niederländische Verbandschef Michael van Praag - ersichtlich in Einklang mit dem Uefa-Konvent - dringend nahelegte, auf ein weiteres Mandat zu verzichten.

Dass das nicht fruchten würde, war allen klar. Immerhin sorgte es dafür, dass Blatter seine Verkündigung nicht in die Mitte des Kongresses platzierte, sondern verschämt ans Ende stellte. Schließlich konnte sich da kein Kritiker mehr melden und ihm vor versammelter Funktionärsriege erneut die Leviten lesen.

Abseits der großen sportpolitischen Verwerfung vermeldenswert war am Tag vor der WM-Eröffnung die Deutlichkeit, in der die Fifa-Delegierten sich gegen eine Amtszeitbeschränkung und gegen ein Alterslimit für ihre Spitzenfunktionäre aussprachen. Eine klare Mehrheit der 209 Verbandsvertreter schmetterte beide Anträge ab. Damit ist das fromme Unterfangen, die letzte Stufe einer ohnehin äußerst umstrittenen Demokratie-Reform zu bewältigen, eindrucksvoll gescheitert.

Vor allem für Theo Zwanziger ist das Resultat eine herbe Niederlage. Der deutsche Vertreter in der Fifa-Exekutive und vormalige DFB-Präsident hatte sich noch einmal hingebungsvoll als Schöpfer dieser Reform geriert und kurz vor der Abstimmung die Delegierten wenigstens für eine Amtszeitbeschränkung zu gewinnen versucht.

Sein Nachfolger Wolfgang Niersbach hatte Zustimmung signalisiert, der DFB votierte auch dafür - trotzdem ging das Projekt baden. Es war ja schon beim Fifa-Kongress 2013 in Mauritius nach heftigem Streit zwischen Fifa-Spitze und Europas Vertretern nicht geklärt worden. Nun ist klar: Die Sache ist endgültig vom Tisch.

Blatter musste am Ende die Formkurve noch mal hochreißen. Dass die Reform einen so wüsten Rippenstoß erhalten würde, kommt recht ungelegen angesichts all der neuen Korruptionsvorwürfe, die um die Fifa und die WM-Vergabe nach Katar 2022 aufbranden. So gebar Blatter noch rasch eine ergänzende Idee zur Torlinientechnologie: "Warum sollten wir Trainern nicht ermöglichen, zwei Schiedsrichter-Entscheidungen pro Spiel in Frage zu stellen? Dann könnte der Trainer einen Videobeweis einfordern." Und das Spiel geht zweimal 90 Minuten. Aber er hat ein neues Thema. Man weiß ja nie.

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