Segler beim America's Cup:Farce von San Francisco

Segler beim America's Cup: Ohne Gegner, aber mit der Golden Gate Bridge: Die Segler aus Neuseeland

Ohne Gegner, aber mit der Golden Gate Bridge: Die Segler aus Neuseeland

(Foto: AFP)

Regeländerungen, Boykotts und ein Todesfall: Der America's Cup droht zu scheitern, denn die Teams segeln. Ohne Gegner. Doch nun haben die Veranstalter dem Protest der Teilnehmer stattgegeben und es könnte doch noch zum ersten richtigen Rennen kommen.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Vor dem Pier 27 in der Bucht von San Francisco ist ein Schild angebracht, auf dem steht: "Sehen Sie die schnellsten Boote der Welt!" Das klingt verlockend, und tatsächlich sind am Donnerstag ein paar Leute gekommen, um sich schnelle Katamarane anzusehen. Nur: Das italienische Team Luna Rossa fuhr alleine um den Kurs, schon am Dienstag war die neuseeländische Mannschaft ohne Gegner gesegelt, wenn auch recht schnell.

"Das fühlt sich nicht wie ein Sieg an", sagte Kapitän Dean Barker nach dem Rennen, "es war mehr eine Trainingseinheit." Es ist also tatsächlich möglich, ein Rennen gegen sich selbst auszutragen - und sich danach wie ein Verlierer zu fühlen.

Die 34. Auflage des America's Cup wird in diesem Jahr von 7. bis 21. September in der San Francisco Bay ausgetragen, seit 4. Juli wird beim Louis Vuitton Cup der Herausforderer ermittelt, der dann gegen den Titelverteidiger Oracle Team USA antreten soll. Die Veranstaltung gerät jedoch immer mehr zum Fiasko, es geht um Regeln, Boykotts und einen Todesfall.

Formel 1 auf dem Wasser

Erst am Donnerstag gab ein internationales Schiedsgericht einem Protest der Italiener und Neuseeländer statt und forderte Renndirektor Iain Murray auf, seine Regeländerungen zurückzunehmen.

Doch von vorne: Seit 1851 wird der America's Cup ausgetragen, der Pokal mit dem Spitznamen "Auld Mug" gilt als es eine der prestigeträchtigsten Trophäen der Welt. Eine Art Formel 1 auf dem Wasser. Eine erfolgreiche Mannschaft braucht herausragende Segler, pfiffige Bootsbauer und clevere Ingenieure, es ist sowohl ein sportlicher wie auch technischer Wettbewerb. Dazu bemächtigt die Trophäe den Gewinner zu einer Einzigartigkeit in der Welt des Sports: Er darf den nächsten Wettbewerb nach seinen Vorstellungen organisieren.

"Ganz anders als früher"

Oracle-Eigner Larry Ellison verlegte sowohl den America's Cup als auch die Ausscheidungsrunden nach San Francisco, er wollte ein Spektakel der Superlativen inszenieren. Es gibt nicht nur die Rennen vor beeindruckender Kulisse, sondern auch Konzerte wie etwa der Philharmoniker von San Francisco, der Jonas Brothers oder von Cypress Hill.

Wurde beim America's Cup 2007 vor Valencia noch stundenlang auf dem Meer gesegelt, war nun geplant, die Rennen ganz fernsehgerecht nicht länger als 45 Minuten dauern zu lassen - dafür aber in atemberaubender Geschwindigkeit. Mehr als 70 Stundenkilometer sollen die Katamarane erreichen. "Das ist eine anständige Herausforderung an die Physis", sagt Barker, "ganz anders als früher."

Einer Studie zufolge sollten die Veranstaltungen der Region einen ökonomischen Schub von 1,4 Milliarden US-Dollar verschaffen. Zwei Millionen Menschen sollten die Rennen von der Küste aus verfolgen können, zur Qualifikation sollten 15 Mannschaften antreten. Die 22 Meter langen und 14 Meter breiten Hightech-Katamarane mit einem 40 Meter hohen starren Segel gehören zur Klasse AC72 und sind nicht gerade billig, das Budget eines Teams liegt bei mindestens 60 Millionen Euro.

Prestige dagegen bringt der Wettbewerb letztlich nur dem, der es auch ins Finale schafft, weshalb die Investition in den America's Cup recht riskant ist. Nur drei Mannschaften hatten sich angemeldet - und zunächst trat nur das Team aus Neuseeland an und fuhr gegen sich selbst.

Ein erstes richtiges Rennen?

Die Regatta verkommt zu einer Farce, und das aus verschiedenen Gründen. Im Mai kenterte ein Boot der schwedischen Mannschaft Artemis bei einer Trainingsfahrt unweit der Golden Gate Bridge - ein tragischer Unfall, bei dem das Teammitglied Andrew Simpson ertrank. Schon im vergangenen Herbst hatte sich das Boot des Titelverteidigers Oracle überschlagen und wäre von der Strömung in der Bucht beinahe nach unten gezogen worden. Nach dem Unfall im Mai beschloss Renndirektor Murray in Eigenregie 37 Regeländerungen, unter anderem die Einführung größerer und beweglicher Trimmklappen an den Rudern.

Die Teams aus Neuseeland und Italien protestierten mit der Begründung, dass es dabei nicht um die Sicherheit gehe, sondern darum, dem amerikanischen Titelverteidiger im September einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Außerdem könne der Renndirektor die Regeln nur ändern, wenn alle Teams zustimmen.

Die Italiener boykottierten die ersten Rennen, was Russell Courts, Chef des amerikanischen Titelverteidigers, zu der Aussage verleitete, dass die Italiener eine "Gruppe verwöhnter reicher Kinder im Prada-Outfit" seien. Das sorgte ebenso für schlechte Stimmung wie ein Bericht, dass Sponsor Louis Vuitton drei Millionen Dollar zurückfordern könnte und nur aufgrund knallharter Verträge nicht aussteigen würde. Die Berichte wurden mittlerweile dementiert.

Am Donnerstag nun gab ein internationales Schiedsgericht dem Protest der beiden Mannschaften einstimmig statt. Das neuseeländische Team zeigte sich zufrieden, in einer Mitteilung hieß es, dass "die Unantastbarkeit der AC72 Klasse gewahrt wurde und Regeländerungen nur mit der Zustimmung aller Mannschaften möglich sind." Renndirektor Murray sagte: "Ich spreche sofort mit der Küstenwache und den Teams. Mein Fokus liegt weiterhin auf der Sicherheit aller Teilnehmer." Auch das italienische Team zeigte sich zufrieden und trat am Donnerstag zum Rennen an.

Alles gut? Nein, immer noch nicht. Die Italiener fuhren alleine, weil die schwedische Mannschaft nach dem Unfall im Mai nur noch einen Katamaran zur Verfügung hat, an dem derzeit fieberhaft gearbeitet wird. Das größte Problem: Sie haben nun kein Ruder mehr, das den Regeln entspricht. "Artemis macht großartige Fortschritte, wenn man die schwierigen Umstände bedenkt. Sie verdienen Unterstützung, um zurück auf die Rennstrecke zu kommen", heißt es in der Mitteilung des neuseeländischen Teams.

Allerdings hatten die Schweden bereits angekündigt, bei einem erfolgreichen Protest womöglich aufgeben zu müssen. "Wir werden nun mit den Teams sprechen, dann werden wir sehen, wie sich die Entscheidung des Schiedsgerichts auswirkt", sagte Murray. Noch gab es keinen offiziellen Rückzug.

An diesem Samstag soll wieder ein Wettbewerb stattfinden, geplant ist ein Rennen zwischen den Mannschaften aus Neuseeland und Italien. Beide haben einen Katamaran, der sowohl den Richtlinien der AC72-Klasse als auch den Sicherheitsvorschriften entspricht. Es könnte also tatsächlich sein, dass es zum ersten Mal in richtiges Rennen gibt - und einen Sieger, der sich auch so fühlen darf.

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