Segeln:Herrmann kollidiert mit Fischerboot

Herrmann vor Vendée-Globe-Krönung

Erlebte nach 50 000 Kilometern voller Entbehrungen auf den Weltmeeren ein Unglück kurz vor dem Ziel: Boris Herrmann, 39.

(Foto: Boris Herrmann/dpa)

Der deutsche Segler liegt bei der Vendee Globe kurz vor dem Ziel auf Podestkurs, als ihm der Unfall geschieht. Er bleibt unverletzt.

Der Hamburger Segler Boris Herrmann ist beim Segel-Showdown um seinen historischen Podestplatz bei der Vendee Globe kurz vor dem Ziel mit einem Fischerboot kollidiert. Der 39-Jährige blieb unverletzt, verlor aber viel Zeit - die Schäden an seinem Boot ließen nur eine deutlich geringere Geschwindigkeit zu. Herrmann war bis zuletzt klar auf Podiumskurs bei der Regatta. Theoretisch wäre auch der Sieg noch möglich gewesen, diese Chance war nach dem Zwischenfall, der sich knapp 90 Seemeilen vor dem Ziel ereignete, dahin. Zuvor hatte der Franzose Charlie Dalin am Mittwochabend als Erster das Ziel vor Les Sables-d'Olonne erreicht. Ob der 36-Jährige, der 80 Tage und 6:15,47 Stunden benötigte, auch über den Sieg bei der Regatta einmal um die Welt jubeln darf, steht aber aufgrund von anzurechnenden Zeitbonifikationen bei drei Kontrahenten, darunter auch Herrmann, noch nicht fest.

Nach 50 000 Kilometern voller Entbehrungen auf den Weltmeeren, nach einem Kampf gegen die Einsamkeit und mit Wetterkapriolen sollten Nuancen über den Sieg und die Spitzenplätze des prestigeträchtigen Rennens entscheiden. Herrmann (6:00 Stunden) sowie den Franzosen Yannick Bestaven (10:15) und Jean Le Cam (16:15) standen womöglich ausschlaggebende Zeitbonifikationen für die Rettungsaktion des schiffbrüchigen Kevin Escoffier zu. Dies hätte Herrmann in eine ausgezeichnete Position versetzt. Bei den Hochrechnungen schien alles auf Bestaven als Sieger hinauszulaufen. "Um ehrlich zu sein wir wissen noch nicht, wer gewinnt", sagte der 2013-Sieger Francois Gabart am Mittag: "Jede Minute zählt." Nur ein "wirklich verrückter" Hollywood-Produzent hätte sich dieses Szenario ausdenken können. Von Stunde zu Stunde wuchs die Spannung. Auch Klimaaktivistin Greta Thunberg, die von Herrmann 2019 über den Atlantik nach New York gebracht worden war, verfolgte das Finale. "Ein wahrer Held" sei Herrmann, schrieb die 18-Jährige bei Twitter.

Herrmann, für den die Regatta unabhängig von der Platzierung und dem Drama kurz vor Schluss ein Riesenerfolg war, ging aufgeregt in die finalen Stunden der größten Herausforderung seines Lebens. "Es ist aufregender, als ich es will oder brauche", sagte er: "Ich bin wie ein Kind an Weihnachten. Ich weiß nicht, ob ich jemals so aufgeregt gewesen bin." Die Spitze hatte für den finalen Abschnitt des Rennens unterschiedliche Routen gewählt. Herrmann folgte dem führenden Dalin auf seinem östlichen Weg, während unter anderem Bestaven auf die Winde weiter im Norden setzte und von Zwischenzeit zu Zwischenzeit der Spitze näher kam. "Die Würfel sind gefallen, die Karten liegen auf dem Tisch", sagte Herrmann schon am Dienstagabend, er könne nun nicht mehr allzu viel am Ausgang ändern: "Ich habe mein Bestes gegeben und bin zufrieden, wo wir stehen." Er fieberte dem Ende des langen Rennens entgegen, nicht allein getragen von der Aussicht auf eine starke Platzierung. "Einige Freunde und meine Frau sind bereits in Les Sables-d'Olonne", sagte Herrmann, der sich auch unheimlich auf seine kleine Tochter freut. Nach einer Vendee Globe, bei der er noch mehr als erwartet an seine Grenzen gehen musste.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: