Segeln:Eine neue Mission

Segeln: Übers Wasser fliegen: Spezielle Tragflügel heben die Foils aus dem Wasser.

Übers Wasser fliegen: Spezielle Tragflügel heben die Foils aus dem Wasser.

(Foto: 69F Media/oh)

Lukas Hesse war deutscher Meister in der olympischen 49er-Bootsklasse. Dann stieg er auf Foilen um, will die neue Rennserie um den 69F Youth Foiling Gold Cup gewinnen - und auf Umweltschutz aufmerksam machen.

Von Jonas Kraus

Beim Segeln kommt es auf viele verschiedene Aspekte an. Kraft, Ausdauer, Technik, Erfahrung. "Am wichtigsten aber ist die Kommunikation", sagt Lukas Hesse, 22, Nachwuchssegler aus Wasserburg. Misslungene Absprachen an Bord führen nicht nur zu langsamen Zeiten, sondern können das Boot auch zum Kentern bringen. "Es braucht Zeit, bis die Abläufe passen", sagt Hesse. Zeit, die er und seine Segelpartner nicht haben. Hesse tritt zusammen mit dem Schweizer Jann Schüpbach und der Hawaiianerin CJ Perez beim 69F Youth Foiling Gold Cup an, einem neuen Wettbewerb für Nachwuchssegler. Fünf Wettkampftermine sind angesetzt, gesegelt wird auf der ganzen Welt. Den ersten Stopp legte die Tour Anfang Februar vor der Küste von Miami ein. Am Tag vor dem ersten Rennen trafen sich die drei zum ersten Mal in echt, vorher kommunizierten sie nur übers Internet. "Sicher nicht optimal", meint Hesse, "aber es hat ganz gut funktioniert."

Nach der ersten Wettkampfwoche steht das Team auf Rang fünf. "Da ist sicher noch viel Luft nach oben", meint Hesse und schiebt nach: "Wir wollen das Ding gewinnen." An Ehrgeiz mangelt es Lukas Hesse nicht, er weiß, was er kann, und liebt seinen Sport. Sogar noch ein wenig mehr, seit er vom klassischen Segeln zum Foilen umgestiegen ist.

Foilen ist die Speed-Variante des ohnehin schon rasanten Segelsports. Die Boote haben an der Unterseite gewölbte Tragflügel, die sogenannten Foils. Aufgrund der Wölbung der Tragflügel strömt das Wasser darüber schneller als darunter. Dieser Auftrieb hebt das Boot beim Segeln an, Hesse und seine Teamkollegen fliegen übers Wasser. Beim America's Cup gibt es diese Variante des Segelns in XXL zu bestaunen, die Teams stecken aberwitzige Summen in die Verbesserung der Boote. "Da will ich irgendwann auch mal dabei sein", verrät Hesse. Zunächst misst er sich aber noch mit den besten Nachwuchsseglern der Welt in sieben Meter langen Booten, die in der Spitze 35 Knoten, also 65 Stundenkilometer erreichen.

Zum Segeln kommt der 22-Jährige als kleines Kind. Freunde seiner Eltern besaßen einen kleinen Katamaran am Chiemsee, als andere Kinder einen Kurs absolvieren, stellt sich Hesse einfach mal dazu, lauscht und macht mit. In der Optimist-Klasse, einem kleinen und leichten Boot, fängt Hesse als Kind an zu segeln, wird 2013 Zweiter der Weltmeisterschaft und wechselt in die 29er-Klasse, das vor-olympische Boot.

Vor einigen Jahren startete er bei der Junioren-Weltmeisterschaft. Doch irgendwann ging es nicht mehr weiter voran

2016 vertritt er Deutschland bei der Junioren-Weltmeisterschaft in Neuseeland. "Eine geile Zeit", sagt Hesse, aber auch anstrengend. Er pendelt zwischen Wasserburg und dem Bundesstützpunkt in Kiel, verbringt bis zu 170 Tage im Jahr auf dem Wasser. Nebenbei legt er sein Abitur ab.

Nach dem Abi segelt Hesse weiter, reist um die Welt, hat das Fernziel Olympia im Hinterkopf. In der olympischen 49er-Klasse reiht er Erfolg an Erfolg, wird 2020 deutscher Meister. Doch im vergangenen Jahr merkt er: Es geht nicht so richtig voran. "Es hat mit dem Segelpartner nicht mehr so gepasst", erzählt er und schiebt nach: "Nur sportlich, menschlich verstehen wir uns super." Hesse sucht eine neue Herausforderung, er schwärmt schon lange für die Foiling-Boote, die beim America's Cup übers Wasser fliegen. Hesse beschließt: "Das will ich auch."

Segeln: Neue Herausforderung: Lukas Hesse hat seine Leidenschaft für Foiling-Boote entdeckt.

Neue Herausforderung: Lukas Hesse hat seine Leidenschaft für Foiling-Boote entdeckt.

(Foto: 69F Media/oh)

Er kauft sich ein kleines Foiling-Boot, eine Waszp. "Es hat sofort Spaß gemacht", erinnert er sich. Zielstrebig sucht er nach Partnern für die "Kampagne", wie er es nennt. Um beim 69F Youth Foiling Gold Cup starten zu dürfen, braucht er ein Team. Er kommt mit dem Schweizer Jann Schüpbach, 20, ins Gespräch. "Der war sofort dabei", sagt Hesse. Da nur gemischte Teams zugelassen sind, benötigen die beiden aber auch noch eine Segelpartnerin. Die beiden überlegen hin und her und rufen dann einfach mal bei der Hawaiianerin CJ Perez, 18, an. "Sie hat nicht lange überlegt, sondern fand unsere Idee von Anfang an cool."

In Miami haperte es noch ein wenig an der Abstimmung zwischen den drei Seglern. "Völlig normal", meint Hesse. Das Renn-Prinzip gefällt ihm dennoch. Eine Woche lang segelten die Teams Tag für Tag gegeneinander, die Rennen sind nur zwölf Minuten lang, dafür geht es bis zu zehnmal pro Tag aufs Wasser. "Da ist richtig Action drin", schwärmt Hesse. Beim nächsten Wettkampf im Mai in Slowenien peilen die drei einen Platz auf dem Treppchen an.

40 000 Euro benötigen die drei Nachwuchssegler, um in der Serie zu starten. Sie sammeln es mit einer Crowdfunding-Kampagne

Die drei Segler starten unter dem Namen "Clean Sailors Youth Racing Team". Clean Sailors setzt sich für einen besseren Umweltschutz ein. Das Ziel der Organisation: "Einen neuen Standard für sauberes Segeln innerhalb der globalen Segelgemeinschaft zu setzen." Denn obwohl die Boote vom Wind angetrieben werden, ist Segeln alles andere als nachhaltig. Allein schon wegen seiner Wettkämpfe auf der ganzen Welt. Hesse weiß das: "Wir wollen was verändern."

Viele kleine Sachen gebe es zu verbessern. Das fange beim CO2-Ausgleich der Flüge an, gehe aber auch deutlich praktischer. "Wir nehmen Apartments in der Nähe des Strandes, dann sparen wir uns die Autofahrt." Außerdem müsse man noch viel besser drauf achten, keinen Müll wie Reste vom Tau oder dergleichen zu hinterlassen. Boote der Trainer könnten elektrisch angetrieben werden. Kleine Schritte, das weiß auch Hesse. "Aber uns ist es wichtig, dass da was vorangeht."

Clean Sailors unterstützt die drei Nachwuchssegler, die finanzielle Last aber müssen sie selbst tragen. Deshalb ist Hesse immer auf der Suche nach Sponsoren. Der Start beim Youth Foiling Gold Cup ist teuer. Rund 40 000 Euro benötigen die drei Segler für Startgebühren, Unterkünfte oder Bootsmieten. Das Geld sammeln sie über Go Fund Me, also mit einer Crowdfunding-Kampagne im Internet.

Viel Zeit zum Durschnaufen bleibe zwischen Wettkämpfen und Trainings nicht, gibt Hesse zu. Vor allem, da Hesse auch noch studiert, wenn er nicht gerade übers Wasser fliegt. Innenausbau in Rosenheim. Mit Häusern beschäftigt er sich dabei nur am Rande. Zuletzt hospitierte er bei einer italienischen Firma. Spezialgebiet: Innenausbau von Segelyachten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: