Sebastian Zbik vor dem Kampf gegen Felix Sturm:"Wir können uns nicht leiden"

Am Freitag kämpft Sebastian Zbik gegen Felix Sturm um die Weltmeisterschaft im Mittelgewicht. Im Interview spricht er über das verbale Duell vor dem Gefecht, die umstrittene Niederlage vor zehn Monaten und mögliche Emotionen im Ring.

Jürgen Schmieder

Vor zehn Monaten kämpfte Sebastian Zbik in Los Angeles gegen Julio Cesar Chavez junior - und verlor seinen Mittelgewichts-Titel der WBC umstritten nach Punkten. Am Freitag (22.30 Uhr, Sat.1) tritt er gegen den WBA-Superchampion Felix Sturm an. Für den 30 Jahre alten Mittelgewichtler könnte es die letzte Chance sein, sich noch einmal nach oben zu boxen - und seinem Boxstall einen lukrativen Fernsehvertrag zu besorgen.

Der deutsche Box-Thriller in SAT.1: Sturm vs. Zbik

Sebastian Zbik prophezeit Sieg gegen Felix Sturm: Eher keine Freundschaft

(Foto: obs)

SZ: Sagen Sie mal, Herr Zbik, was haben Sie eigentlich in den letzten zehn Monaten gemacht?

Sebastian Zbik: Ich bin ein bisschen herumgereist, dann bin ich von Hamburg in meine Heimatstadt Altentreptow umgezogen. Dazu habe ich mein Studium an der Fachhochschule für Sport und Management in Potsdam begonnen.

SZ: Aha. Von einem Profiboxer erwartet man irgendwie andere Tätigkeiten...

Zbik: Ich musste ein bisschen Abstand gewinnen vom Boxen. Zum anderen habe ich ganz einfach darauf gewartet, dass mir ein guter Kampf angeboten wird - was jetzt ja der Fall ist.

SZ: Es war also keine Reaktion auf ihre erste Niederlage im Profisport? Sie haben gegen Julio Cesar Chavez Junior ihren WM-Titel im Mittelgewicht umstritten nach Punkten verloren.

Zbik: Natürlich war ich enttäuscht, dass ich diesen spannenden Kampf verloren habe. Es hat auch einige Umstände gegeben, die dazu beigetragen haben, dass ich besonders enttäuscht war. Es sind einige Sachen nicht so gelaufen, wie sie hätten laufen müssen.

SZ: Welche denn?

Zbik: Wir hatten zum einen sehr unterschiedliche Handschuhe, meine waren viel weicher als die von Chavez. Dann lief es nicht ganz sauber mit seinem Gewicht: Auf Videos ist deutlich zu sehen, wie sein Manager beim offiziellen Wiegen den Arm von Chavez so lange nach oben hebt, bis das Gewicht stimmt. Zuletzt fand nach dem Kampf keine Dopingkontrolle statt. Die letzte Kontrolle gab es vor dem Wiegen - er hatte also mehr als 24 Stunden Zeit, sich etwas einzuwerfen.

SZ: Aber solche Dinge muss man doch vor dem Kampf klären - und sich nicht hinterher beschweren, wenn man verloren hat.

Zbik: Es ist die Aufgabe des Managements, sich für den Boxer einzusetzen. Auch deshalb war ich enttäuscht, weil ich der Ansicht war, dass mein Management anders hätte reagieren können.

SZ: Warum gab es trotz des umstrittenen Urteils und der Vorwürfe keinen Rückkampf?

Zbik: Ganz ehrlich: Die ganze Veranstaltung zielte darauf ab, dass Chavez junior Weltmeister wird. Sein Vater ist eine Boxlegende, er selbst ist in Mexiko ein Held und sorgt auch in den USA für beeindruckende Quoten - mit ihm kann man sehr viel Geld verdienen. Ich habe einen guten Kampf geliefert und mehr Gegenwehr geleistet, als viele gedacht haben. Chavez hat nun eben lieber gegen ein paar leichtere Gegner gewonnen und Geld verdient. Boxen ist ein Geschäft.

SZ: Bei Ihrem Boxstall Universum ist nun alles wieder gut?

Zbik: Es hat sich sehr viel getan, die Entwicklung ist sehr positiv, die Stimmung in der Halle großartig. Wir sind richtig zusammengewachsen, deshalb bin ich sehr zufrieden.

SZ: Nun treten Sie gegen Felix Sturm an, der ist Superchampion der WBA und tritt auch als Veranstalter auf. Sind Sie in Sorge, dass sich das, was beim Chavez-Kampf passiert ist, wiederholen könnte?

Zbik: Die Situation ist schon deshalb anders, weil wir in Deutschland boxen. Wir tragen beide die gleichen Handschuhe, darauf hat mein Management geachtet. Auch vom Gewicht her sollte es keine Probleme geben. Dazu kontrolliert hierzulande die Nada (Nationale Anti-Dopingagentur, Anm. d. Red.) sehr zuverlässig. Es sollte also alles mit rechten Dingen zugehen.

SZ: Der Kampf wird exzessiv promotet mit dem Titel "Bad Blood". Wie viel böses Blut herrscht tatsächlich zwischen Ihnen und Sturm?

Zbik: Fakt ist: Wir können uns nicht leiden. Ich habe Felix nach seinen letzten Kämpfen kritisiert, das hat ihm nicht geschmeckt. Daraufhin hat er ein ziemlich niveauloses Interview gegeben und Aussagen gemacht, die unter der Gürtellinie waren.

SZ: Er hat Ihren WM-Titel im Mittelgewicht als "Mickey-Mouse-Titel" bezeichnet...

Zbik: Es gab auch die Aussage, dass ich froh sein könne, gegen ihn boxen zu dürfen - weil ich ansonsten nur in meinem Dorf zu sehen wäre. Dabei habe ich in den USA beim Pay-TV-Sender HBO geboxt und hatte auch in Deutschland sehr gute Quoten. Diese Aussagen sind ziemlich lächerlich.

SZ: Tun solche Aussagen eigentlich weh?

Zbik: Um Gottes Willen! Ich kenne Felix, ich glaube, er will da etwas überspielen und sich größer und stärker machen, als er eigentlich ist.

SZ: Dafür haben Sie die letzten Kämpfe von Sturm heftig kritisiert...

Zbik: ... in denen er wirklich nicht überragend geboxt hat.

"Wer Sturm kritisierte wurde schnell abgesägt"

SZ: Sie sagten auch, er sei über dem Zenit. Sind diese verbalen Scharmützel nicht einfach nur das übliche Gedöns vor Boxkämpfen - die gepflegte Beleidigung, um die Veranstaltung zu vermarkten?

Zbik: Was ich über Felix gesagt habe, das meine ich absolut ernst. Ich hoffe, es ist bei ihm genauso. Bisher wurde ich von allen Gegnern mit Respekt behandelt und habe es ebenso getan. Es ist sicher nicht unbedingt sportlich und fair, was da gerade so gesprochen wird - aber es ist sicherlich auch keine schlechte Grundlage für einen interessanten Kampf.

SZ: Sie mögen den Menschen Felix Sturm nicht. Haben Sie denn Respekt vor dem Boxer?

Zbik: Auf jeden Fall! Er hat ja sehr gute Kämpfe gemacht, aber in den letzten Kämpfen hat er meiner Meinung nach deutlich nachgelassen. Er hätte da selbstkritischer sein können, doch das Gegenteil war der Fall: Wer Felix Sturm kritisierte, der wurde schnell abgesägt oder beleidigt.

SZ: Die Stimmung jedenfalls ist aufgeheizt - dabei heißt es doch immer, Hass sei beim Boxen ein schlechter Ratgeber. Sie selbst gelten als kopflastiger Boxer. Wird es diesmal anders sein?

Zbik: Es kann schon zu einer Situation kommen, in der das Blut hochkocht. Wir sind aber beide darauf eingestellt, dass wir zwölf Runden hart arbeiten müssen. Dafür müssen wir einen kühlen Kopf bewahren und dürfen das Pulver nicht in den ersten Runden verschießen. Wenn sich allerdings eine Chance bietet, dann wird keiner von uns zögern.

SZ: Welche Rolle spielt es, dass Ihr ehemaliger Trainer Fritz Szdunek nun in der Ecke des Gegners sitzt?

Zbik: Es ist sicherlich kein Vorteil für mich - andererseits habe ich mich in den vergangenen zwei Jahren unter Artur Grigorian in eine komplett andere Richtung entwickelt und bin sicherlich nicht mehr der Boxer, der ich unter Fritz Szdunek war. Ich habe mich weiter entwickelt, auch durch den Kampf in den USA und die Vorbereitung auf den Kampf gegen Felix Sturm.

SZ: Wie wichtig ist der Kampf für Grigorian? Der tritt nun gegen seinen Lehrer Fritz Szdunek an.

Zbik: Er kann nun endgültig aus dessen Schatten heraustreten. Für mich ist Artur nicht nur Trainer, sondern er ist gleichzeitig Bruder und Freund. Er hat mich akribisch vorbereitet.

SZ: Der Sieger des Duells wird wohl gegen Gennadi Golovkin antreten müssen, den Pflichtherausforderer der WBA. Ist das ein Duell, das Sie reizen würde?

Zbik: Ich würde diese Herausforderung auf jeden Fall annehmen - im Gegensatz zu Felix Sturm, der es nun ja fast drei Jahre geschafft hat, Golovkin aus dem Weg zu gehen. Wahrscheinlich ist Sturm froh, dass er nicht gegen Golovkin boxen muss, sondern zuerst einmal gegen mich ran darf.

SZ: Sie sind also der leichtere Gegner als Golovkin?

Zbik: Denkt Sturm. Aber ich gehe davon aus, dass ich am Freitag gewinne - und dann boxe ich auch gegen Golovkin.

SZ: Und gegen Chavez junior...

Zbik: Das wäre mein Wunsch. Aber jetzt erst einmal Sturm besiegen, dann sehen wir weiter.

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