Sebastian Vollmer vor dem NFL-Endspiel:Deutscher Footballer bangt um Super-Bowl-Teilnahme

Der Düsseldorfer Sebastian Vollmer gehört auf seiner Position zu den besten Akteuren im American Football. Am Sonntag könnte er als erster Deutscher in der Super Bowl spielen und die Partie für die New England Patriots entscheidend beeinflussen. Doch er war lange verletzt, nun plagt ihn eine Magenverstimmung.

Jürgen Schmieder

Bodyguards, so heißt es immer, haben ihre Arbeit dann ganz hervorragend erledigt, wenn keiner von ihnen Notiz nimmt. Wenn der zu Beschützende unversehrt bleibt und so agieren kann, als wäre gar kein Leibwächter anwesend. Im American Football werden die Bodyguards "Offensive Linemen" genannt - jene wuchtigen Kerle, die sich bei jedem Spielzug ins Getümmel stürzen und dafür sorgen, dass Spielmacher, Läufer und Passempfänger glänzen dürfen.

NFL - Sebastian Vollmer

Sebastian Vollmer will im Endspiel unbedingt auf dem Feld stehen.

(Foto: dpa)

Sebastian Vollmer ist einer dieser Offensive Linemen, ein Right Tackle, seit drei Jahren ist er Profi bei den New England Patriots. Am Sonntag würde Vollmer gerne beim Endspiel der Football-Liga NFL auf dem Feld stehen, bei der Super Bowl stehen sich in Indianapolis die Patriots und die New York Giants gegenüber. Nur: Kann er spielen? Und darf er spielen?

"Ich hatte eine leichte Magen- und Darmverstimmung, aber jetzt bin ich wieder fit", sagt Vollmer, "Ich habe viel trainiert, werde weiter intensiv behandelt und bin sehr zuversichtlich, dass es reicht." In der abgelaufenen Saison hatte er wegen einer Fußverletzung und Rückenproblemen nur sechs Partien absolviert.

Die zweite Frage lautet: Sollte er fit sein, darf er dann spielen? Der Trainer der Offensive Line, Dante Scarnecchia, sagte kürzlich einem Radiosender, dass Vollmer auflaufen würde: "Er wird auf dem Feld stehen." Head Coach Bill Bellichick dagegen verkündete unter der Woche, erst einmal die Trainingseinheiten abwarten zu wollen. "Wir müssen sehen, wie er mit der gesteigerten Belastung zurechtkommt", sagte Belichik gewohnt trocken. Einen lange verletzten Spieler ausgerechnet im Finale einzusetzen ist ein großes Risiko.

Der 27-jährige Vollmer ist Bodyguard, und er gilt selbst unter diesen Leibwächtern als äußerst ruhiger Vertreter. Er ist kein Trash Talker, kein Müllredner, kein Selbstdarsteller. Der Fernsehsender ESPN strahlt regelmäßig Portraits der unbesungenen Helden der NFL aus, im August war Vollmer dran. "Er ist der beste Offensive Lineman der Liga, den keiner kennt", hieß es in dem Bericht.

Er hat eine ungewöhnliche Karriere hingelegt, dieser Sebastian Vollmer. In seiner Heimatstadt Düsseldorf widmete er sich zunächst dem Schwimmen und dem Fußball, erst im Alter von 14 Jahren kam er zum Football. "Ich musste erst einmal die Regeln und das Vokabular lernen", sagte Vollmer einmal, "ich habe mir Bücher besorgt, um zu verstehen, was Begriffe wie 'Third-and-ten' überhaupt bedeuten."

Erstaunen über den raschen Aufstieg

Im Jahr 2004 wechselte er von Düsseldorf an die University of Houston, wo er vom Tight End zum Offensive Lineman umfunktioniert wurde. Vor der Saison 2009 verpflichtete ihn der Profiklub New England Patriots, dort war er sogleich Stammspieler, nach der vergangenen Saison wurde er ins All-Pro Team der besten Spieler gewählt.

Tom Brady, Laurence Maroney, Sebastian Vollmer

Der Bodyguard des Stars: Sebastian Vollmer (rechts) blockt, damit Tom Brady werfen kann.

(Foto: AP)

Sein rascher Aufstieg erstaunt ihn immer noch: "Ich erwarte nichts, weil man nie weiß, was passieren wird. Mein Motto ist stets: Wenn man sich um die kleinen Dinge im Leben kümmert, dann kommen die großen am Ende von selbst." Vor der Saison sagte er in Hinblick auf die Super Bowl: "Ich bin noch nicht, wo ich hin will - aber ich werde nicht aufhören, bis ich dort bin."

Nun sind die Patriots in der Super Bowl, zum fünften Mal in den vergangenen zehn Jahren - und Vollmer wäre zum ersten Mal dabei. Football ist eine amerikanische Sportart, nur wenige ausländische Akteure schaffen es in die Profiliga NFL. Vollmer ist einer von fünf Ausländern, die in der Super Bowl auflaufen sollen: Für die Giants spielen Kicker Lawrence Tynes (Schottland) und Defensivspieler Osi Umenyiora (England), bei den Patriots sind es Punter Zoltan Mesko (Rumänien) und Saftey Patrick Chung (Jamaika).

Hierzulande wird Tom Nütten gerne verklärt zum ersten Deutschen, der jemals die Meisterschaft gewinnen konnte, im Jahr 2000 mit den St. Louis Rams. Nur: Nütten ist Amerikaner, er wuchs zwar in Deutschland auf, wechselte jedoch als Teenager zurück in die Vereinigten Staaten und absolvierte die klassische Footballer-Laufbahn. Vollmer wäre also tatsächlich der erste deutsche Super-Bowl-Gewinner.

Doch Details wie diese kümmern Vollmer nur wenig. Er will spielen - und nicht wenige Experten glauben, dass Vollmers Einsatz den Ausgang des Finales beeinflussen wird. Die Offensive Line der Patriots war nicht immer stabil gewesen in dieser Saison, die Defensive Line der Giants, der Gegenpart am Sonntag, dagegen gilt als eine der wuchtigsten in der NFL.

Quarterback Tom Brady ist auf die Hilfe seiner Leibwächter angewiesen, um an diesem Sonntag produktiv agieren zu können. Und einer seiner wichtigsten Bodyguards ist Sebastian Vollmer. Sein Trainer Dante Scarnecchia sagt: "Wir danken Gott, dass wir ihn haben."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: