Süddeutsche Zeitung

Schwimmen:Dopingsperre für Trockenpilze

  • Filippo Magnini wurde am Dienstag vom Sportgericht des italienischen Olympia-Komitees wegen versuchten Dopings zu einer Sperre von vier Jahren verurteilt.
  • Zur Last gelegt werden dem Schwimmer eine Überweisung über 1200 Euro an einen Dopingarzt sowie Protokolle abgehörter Telefonate, in denen Magnini über Pilze und Integratoren redete. Nach Ansicht der Anklage Codebegriffe für unerlaubte Hammer-Mittel.
  • Der Schwimmer ist fest entschlossen, auch nach dem Karriereende seinen guten Ruf zu verteidigen.

Von Birgit Schönau, Rom

Kann man sich mit Pilzen dopen? Quatsch, sagt Filippo Magnini, zweimaliger Schwimm-Weltmeister (2005 und 2007) über 100 Meter Freistil, 17-maliger Europameister und Staffel-Bronzegewinner bei Olympia 2004 in Athen. In Italien ist der 36 Jahre alte Magnini auch deshalb populär, weil er mit der Schwimm-Ikone Federica Pellegrini liiert war - die Rolle als Prinzgemahl im Schatten der extrem erfolgreichen Pellegrini hatte Magnini nie behagt. Jetzt ist er Protagonist wider Willen und rasend vor Wut.

Das Sportgericht des italienischen Olympia-Komitees hat Magnini am Dienstag zu einer Sperre von vier Jahren verurteilt wegen versuchten Dopings. Die Anklagepunkte der Einnahme von Dopingmitteln und der Beihilfe zum Handel wurden fallen gelassen. Der Ankläger hatte acht Jahre gefordert. Magnini schwimmt schon jetzt nur noch zum Spaß: Im vergangenen Jahr hat er seine Karriere beendet.

Trotzdem will er dieses Urteil nicht auf sich sitzen lassen. "Lächerlich! Dieses Gericht denkt also, dass ich gedacht habe, etwas Unerlaubtes zu tun, und es dann doch gelassen habe. Ein Prozess gegen die pure Absicht!" Und dabei habe er ja noch nicht mal daran gedacht zu dopen. Mehr als 200 Kontrollen habe er als Aktiver absolvieren müssen, nie habe man etwas gefunden. Das gelte auch für seinen ehemaligen Staffelkollegen Michele Santucci, der ebenfalls vier Jahre gesperrt werden soll. "Nie positiv gewesen, und trotzdem wegen Dopings gesperrt. Ein Rekord!" Das stimmt nicht ganz. Für die Anti-Doping-Agentur Wada müssen Sportler nicht in flagranti ertappt werden, um als Doper enttarnt zu werden. Tatsächlich wird Magnini das freundschaftlich-kollegiale Verhältnis zu einem überführten Dealer zum Verhängnis.

Der Arzt Guido Porcellini steht seit 2015 wegen des Handels mit nicht zulässigen Arzneimitteln aus China in Pesaro vor Gericht. Das NOK hat ihn bereits lebenslang gesperrt, nie wieder darf Porcellini mit Sportlern zu tun haben. Zu seinen Klienten als "Ernährungsberater" gehörte neben Magnini und Santucci auch Federica Pellegrini, die ihm aber schon 2014 kündigte; sie fühlte sich unprofessionell behandelt. Im Zuge des noch laufenden Strafverfahrens gegen Porcellini ermittelte die Staatsanwaltschaft auch gegen Magnini, zu einer Anklage kam es nicht. Doch die Akten gingen nach Rom zum Sportgericht. Zur Last gelegt werden dem Schwimmer nun eine Überweisung über 1200 Euro an Porcellini sowie Protokolle abgehörter Telefonate, in denen Magnini über Pilze und Integratoren redete. Nach Ansicht der Anklage Codebegriffe für unerlaubte Hammer-Mittel.

Magnini schwört Stein auf Bein, dass es um echte Trockenpilze ging, genauer gesagt um den Cordyceps sinensis (Ophiocordyceps sinensis, Chinesischer oder auch Tibetischer Raupenpilz), einen unter Sportlern beliebten Energiespender aus Tibet, "simple Integratoren". Die Befragung durch den Dopingankläger des NOK sei "sehr merkwürdig" gewesen, klagte der ehemalige Profi: "Er hat mit der Faust auf den Tisch gehauen und mir ins Gesicht gebrüllt: Basta! Das ist eine persönliche Angelegenheit!" Magnini gehört der Anti-Doping-Bewegung "I'm doping free" an, zu der sich Sportler freiwillig bekennen können. Im Falle eines nachgewiesenen Dopingdelikts folgt automatisch eine lebenslange Sperre. Der Schwimmer ist fest entschlossen, auch nach dem Karriereende seinen guten Ruf zu verteidigen. Gegen das Urteil des NOK hat Filippo Magnini Berufung eingelegt.

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SZ vom 08.11.2018/cat
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