Schwimm-WM in Budapest:Harte Schule

Schwimm-WM in Budapest: Isabel Gose hadert mit ihrem guten fünften WM-Platz - und steht damit auch für die neuen Ansprüche des DSV-Teams.

Isabel Gose hadert mit ihrem guten fünften WM-Platz - und steht damit auch für die neuen Ansprüche des DSV-Teams.

(Foto: Csaba Doemoetoer/Imago)

"Das muss ich jetzt auch nicht schönreden": Erfrischend kritisch betrachtet Isabel Gose ihren keineswegs schlechten fünften Platz über 400 Meter Freistil. Die Freundin von Silbermedaillen-Gewinner Lukas Märtens hat nicht nur ein emotionales Wellental hinter sich - sondern auch einen ungewöhnlichen Bildungsweg.

Von Sebastian Winter, Budapest

Isabel Gose hätte sich freuen können, sie war ja gerade im 50-Meter-Becken der Duna-Arena von Budapest WM-Fünfte über 400 Meter Freistil geworden. Doch ihr Gesicht verriet, dass sie sich überhaupt nicht freute - im Gegenteil. "Was soll ich dazu sagen? Ich habe viel mehr drauf. Ich bin einfach nicht mit der Zeit zufrieden. Das muss ich jetzt auch nicht schönreden." Erfrischend ehrliche Worte sind das für eine 20-Jährige, die am Samstagabend in ein Wechselbad der Gefühle getaucht war.

Eine knappe Dreiviertelstunde zuvor hatte Gose noch ihrem Freund Lukas Märtens, mit dem sie in Magdeburg keine zwei Minuten neben der Schwimmhalle wohnt, zugejubelt - er hatte ebenfalls über 400 Meter Freistil Silber gewonnen. "Erwärmung musste ich nicht mehr machen, ich bin auf und ab gesprungen. Ich freue mich einfach zu sehr, um mich da auf den Stuhl zu fesseln und cool zu bleiben", sagt Gose. Doch dann ging ihr eigenes Rennen aus ihrer Sicht völlig schief.

Neben Anna Elendt und Angelina Köhler ist Gose eine von nur drei Frauen im deutschen WM-Kader, Gose galt als heimliche Medaillenhoffnung. Zumal sie seit zwei Jahren in der Trainingsgruppe um Märtens und Florian Wellbrock schwimmt, samt Strömungskanal, der ihr zuvor in Heidelberg nicht zur Verfügung stand. Allerdings hat sie in den vergangenen fünf Jahren auch an drei verschiedenen Stützpunkten trainiert und war auf vier verschiedenen Schulen. Sie hat sich dafür entschieden, kein Abitur zu machen, auch weil mit den Lehrplänen nun alles durcheinander sei, wie sie der SZ vor der WM sagte: "Ich quäle mich durch und mache die zwölfte Klasse zu Ende, dann habe ich meine Fachhochschulreife."

Womöglich war dann doch alles etwas viel für Gose: der Druck mit Schule und Leistungssport, "mit dem manche vielleicht besser umgehen können als ich", die erste WM und ihre "leichten Selbstzweifel" vor dem Start, von denen sie berichtete, dazu Märtens' Erfolg. Mehr als fünf Sekunden lag sie hinter der ohnehin unerreichbaren Katie Ledecky, mehr als eine Sekunde hinter Bronze - und mehr als zwei Zehntel hinter ihrer eigenen Bestzeit. "Bis 300 Meter war es toll, dann fehlt ihr die Fähigkeit, die Beine einzusetzen oder einen vernünftigen Endspurt zu machen", urteilte Bundestrainer Bernd Berkhahn hart, sagte aber auch: "Sie hat seit den Olympischen Spielen eine ganz tolle Entwicklung genommen." Und überhaupt: Budapest ist doch vielleicht die beste Schule.

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