Schweizer Fußball:Hitzfelds Erben

Torwart Yann Sommer

Führt die Schweizer Enklave in Mönchengladbach an: der Schweizer Torhüter Yann Sommer.

(Foto: Anthony Anex/dpa)

Gegen Deutschland könnte die Schweiz fast eine komplette Bundesliga-Elf aufstellen. Schweizer Profis sind im Ausland begehrt, davon profitiert nun auch die Nationalmannschaft.

Von Thomas Schifferle, Basel

Früher war es die "Sportschau" mit Ernst Huberty, als sie noch in Schwarz-Weiß ausgestrahlt wurde. Dann war "ran" an der Reihe. Und jetzt, also seit langem schon, ist es die Konferenz auf Sky. Der Fußballfan in der Schweiz hat seine Pflichttermine, wenn es um die Bundesliga geht. Keine Liga ist ihm, zumindest im deutschsprachigen Raum, näher als die Liga zwischen München und Mönchengladbach.

Das hat auch sportlich seine Einflüsse. Wenn die Schweizer Nationalmannschaft am Sonntag in Basel gegen Deutschland spielt, könnte Vladimir Petkovic eine Bundesliga-Auswahl aufstellen. In seinem Kader sind zehn Spieler aus der Bundesliga, und vier haben hier eine Bundesliga-Vergangenheit. Es könnten noch einige mehr sein, wenn sie nicht gerade verletzt wären oder sich von der Nationalmannschaft verabschiedet hätten wie Dortmund-Goalie Roman Bürki, weil er keine Chance sieht, an Yann Sommer vorbeizukommen.

Schweizer Fußballer waren lange verkannt in Deutschland, bis Ottmar Hitzfeld 1991 Trainer bei Borussia Dortmund wurde und die vielleicht mutigste Entscheidund seiner großen Karriere traf. Aus Uerdingen holte er Stéphane Chapuisat, und der "petit prince", der kleine Prinz, wie er in der Schweiz genannt wurde, brach den Bann, er wurde Publikumsliebling und Meister im alten Westfalenstadion.

Heute sind 17 Schweizer in der Bundesliga unter Vertrag. Eine fünfköpfige Enklave hat sich in Mönchengladbach gebildet, wo die Spürnase Max Eberl als Sportdirektor am Werk ist. Seinen ersten richtigen Coup landete er 2012, als er Granit Xhaka vom FC Basel holte und vier Jahre später für 45 Millionen Euro an Arsenal verkaufen konnte. Heute ist Xhaka der neue Kapitän der Nationalmannschaft. Und ein gutes Argument für Eberl, wenn er einen jungen Spieler verpflichten will.

Gladbachs Denis Zakaria träumt seit seiner Kindheit davon, für den FC Barcelona zu spielen

Gut drei Jahre ist es her, als er zu Denis Zakaria sagte: "Denis, guck mal. Wer ist zu uns gekommen und zu welchem Klub gegangen? Wenn du Bock hast, bringen wir dich zu einem ganz großen Klub." Eberl nennt Mönchengladbach einen "sehr empathischen Verein", bei dem viel auf der "persönlichen Schiene" funktioniere. Yann Sommer kann das nur bestätigen. Der Schweizer Nationaltorhüter ist hier seit 2014 "happy", wie er sagt. Als Kapitän ist er auch Wortführer. Und Zakaria? Er ist noch bei der Borussia, die Frage ist nur, für wie lange. Er träumt seit seiner Kindheit davon, für den FC Barcelona zu spielen.

Schweizer Spieler sind im Ausland gefragt, weil sie gut geschult und leicht integrierbar sind. Im Ausland holen sie sich die Reife, von der schließlich auch die Nationalmannschaft profitiert. Seit 2004 hat sie nur einmal eine WM oder EM verpasst, das ist eine erstaunliche Bilanz für ein Land mit 8,5 Millionen Einwohnern. "Heute sind die Schweizer nicht mehr weit entfernt von uns", sagt Lothar Matthäus in der NZZ, "sie sind fast auf Augenhöhe." Das ist nett gemeint, wobei die Betonung auf "fast" liegt. Was den Schweizern fehlt, das ist der nächste Schritt, endlich eine Qualifikation für einen Viertelfinal zu schaffen. Davon reden Petkovic und die Spieler seit Jahren schon, nur haben sie eines nicht: die Turnierhärte von Deutschland.

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