Fußball-EM:Die unterschiedlichen Rollen von Schweinsteiger und Podolski

Zwei, die sich besonders lieb haben: Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger

Lukas Podolski (links) und Bastian Schweinsteiger haben auch noch bei ihrer siebten Turnier-Teilnahme ein großes Ziel: den Titel.

(Foto: Constantin Film/dpa)

Die Routiniers prägten beim DFB eine Ära, nun wollen beide ihre siebte Turnier-Teilnahme mit dem EM-Titel krönen. Einer von ihnen wird hierfür wohl auf den Platz zurückkehren.

Von Christof Kneer

Zu den Qualitäten eines guten Turnierspielers gehört es, dass er in einem Turnier alle grammatikalischen Zeiten vergisst. Imperfekt, Perfekt, Plusquamperfekt, Futur II? Im Turnier zählt nur die Gegenwart und von der Zukunft allenfalls ein winziger Ausschnitt - jener, der beim nächsten Turnierspiel endet. Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski sind sehr versierte Turnierspieler, wie man an ihren Visitenkarten sehen kann. Auf denen wird nach dieser EM stehen: Sieben Turnier-Teilnahmen, die erste im Sommer 2004. Unter Teamchef Rudi Völler.

Man darf vermuten, dass Schweinsteiger und Podolski am Sonntagabend nicht anders konnten, als aus ihrem Turniertunnel mal kurz in Richtung Zukunft zu schauen. Vielleicht haben die beiden Zeitzeugen nach diesem 3:0 gegen die Slowakei kurz überlegt, ob sie nach der EM immer noch Nationalspieler sein werden - oder ob dann eine Zeit zu Ende geht, die man auch ohne Hang zum Pathos eine "Ära" nennen darf.

Podolski und Schweinsteiger sind beide eingewechselt worden gegen die Slowakei, unter Voraussetzungen, die unterschiedlich und ähnlich waren. Ähnlich, weil der Bundestrainer sie vor allem deshalb aufs Feld ließ, weil der entspannte Spielstand das hergab. Und unterschiedlich, weil beim einen doch ein paar Tage Zukunft mehr auf dem Spiel standen als beim anderen. Mit Podolski, 31 Jahre, 129 Länderspiele, rechnet kaum einer, wenn am Samstag mit dem Viertelfinale das richtige Turnier startet, für ihn war dieser Einsatz wie ein Oscar fürs Lebenswerk. Die Leute im Stadion haben ihn gefeiert, sie haben seinen Namen gerufen und ihn nach Spielschluss auf den Hinterkopf geküsst. Schweinsteiger, 31 Jahre, 118 Länderspiele, hat ebenfalls Anspruch auf den Oscar, aber bei ihm ist schon davon auszugehen, dass er zuvor noch einmal auf der großen Bühne auftreten darf.

Die Frage ist inzwischen, welche Rolle auf dieser Bühne noch für ihn vorgesehen ist. Den wochenlang gehegten Wunsch, die WM in Brasilien auf französischem Boden noch einmal nachzuspielen, hegt im Moment keiner mehr konkret. Auch dem Bundestrainer und dem Spieler selbst fällt es schwer abzuschätzen, ob die Brasilien-Story - erst wenige Einsätze, dann mehr, am Ende 120 Minuten, 1000 blutende Wunden und ein Siegerpokal - überhaupt noch realistisch ist. "Vom Rhythmus her ist es vielleicht nicht ganz ideal", sagte Schweinsteiger nach dem Achtelfinale selbst, "ich habe jetzt zweimal 20 Minuten und einmal zwei Minuten gespielt, es ist nicht so, dass ich schon mal eine Halbzeit gespielt habe." Dennoch würde er es sich "zutrauen, von Anfang an zu spielen".

Dann sagte Schweinsteiger noch, das entscheide "allein der Trainer". Zu einem guten Turnierspieler gehört, dass er auch in seinem siebten Turnier manchmal Sätze sagt, als wäre es sein erstes.

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