Vor dem Duell Spanien gegen Schweden:Booster der besonderen Art

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Zlatan Ibrahimovic würde gerne noch einmal zu einer WM. Aber ob das klappt? (Foto: Irakli Gedenidze/Reuters)

Dank der unerwarteten 0:2-Pleite der Schweden in Georgien haben die Spanier nach ihrem Sieg in Griechenland plötzlich beste Aussichten auf die direkte WM-Qualifikation - in Sevilla kommt es zum Showdown.

Von Javier Cáceres, Berlin

Als die Spieler der spanischen Fußball-Nationalmannschaft am Donnerstagabend das Olympiastadion von Athen betreten wollten, mussten sie ihren Impfstatus nachweisen. Was man da nicht erkennen konnte: dass sie beim Ausstieg aus dem Mannschaftsbus einen "Booster" der besonderen Art verpasst bekommen hatten, im übertragenen Sinne. Gestärkt wurde ihr Immunsystem durch frohe Kunde aus einem Städtchen am Schwarzen Meer.

"Gol de Georgia!", war ihnen zugeraunt worden, "Tor für Georgien!", und das wiederum hieß, dass sie im Gefühl der Unverwundbarkeit in ihr WM-Qualifikationsspiel bei den Griechen gehen konnten. Denn das Tor, von dem die Rede war, bedeutete den 2:0-Endstand für die Georgier gegen Schweden, die vor dem vorletzten Spieltag der Gruppe B die Tabelle angeführt hatten, vor den Spaniern. Unverwundbarkeit hieß: Die Spanier konnten in einem gelassenen Gemütszustand gegen die Griechen antreten. Sie siegten dann auch, alles andere als brillant zwar, aber immerhin doch mit 1:0. Nun stehen die Spanier, die in der laufenden Qualifikationsrunde so stark gelitten hatten, unerwartet vor den Schweden.

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Ein Punkt noch, am Sonntag im finalen Spieltag gegen die Skandinavier in Sevilla - und die Spanier haben die Direktqualifikation für Katar 2022 in der Tasche. Die Schweden wiederum müssten in Andalusien schon gewinnen, wenn sie die Qualifikation direkt bewerkstelligen wollten. "Ich bin enttäuscht. Sehr enttäuscht ", sagte der 40-Jährige Zlatan Ibrahimovic, der für die Partie in Batumi, einer 150 000-Einwohner-Küstenstadt, ins schwedische Team zurückgekehrt war.

"Wir hatten so viele Chancen! Wir hätten das Spiel gewinnen müssen", ärgerte sich Ibrahimovic

An der Seite von Alexander Isak und Emil Forsberg (RB Leipzig) hatte Ibrahimovic seinen Beitrag zum formidablen Desaster der Schweden geleistet. Nicht, dass er bei den Toren von Khvicha Kvaratskhelia, einer 20-Jährigen Offensivkraft von Rubin Kazan, beteiligt gewesen wäre (61./77.). Er durfte sich aber nicht nur darüber ärgern, dass die Abwehr seiner Mannschaft sich gegen die Georgier unschuldiger anstellte als Pippi Langstrumpfs kleine Freundin Annika. Sondern vor allem darüber, dass er unter jenen war, die keinen der offiziell 15 Abschlüsse ins Tor brachten.

"Wir hatten so viele Chancen! Wir hätten nur treffen und das Spiel gewinnen müssen. Wir sind viel besser als sie, da besteht kein Zweifel", klagte Ibrahimovic. Auch sein Trainer Janne Andersson haderte, und ein Trost war es nicht, dass er in den empirischen Daten, die er als Trainer so gesammelt hat, einen Erklärungsansatz fand. "Es gibt eine alte Wahrheit im Fußball: Wenn du deine Chancen nicht nutzt, wird der Gegner früher oder später eine Gelegenheit bekommen", erklärte Andersson. "Das war so ein Tag." Zur Freude der Spanier.

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Deren Anhänger konnten letztlich darüber hinwegsehen, dass die von verletzungsbedingten Absagen geplagte Mannschaft von Luis Enrique auch in Athen - wie schon bei der EM - Abwehrschwächen offenbarte. Der Ball landete einmal sogar im Tor der Spanier, als Giorgos Masouras bei einem Konter durchbrach. Der Stürmer von Olympiakos Piräus stand allerdings deutlich im Abseits.

Ansonsten hatten die Griechen bloß "pachydermischen Fußball" zu bieten, wie die Zeitung As pikiert notierte; das heißt: eine einzige Hommage an die defensive Grundausrichtung jenes Konzepts, mit dem Otto Rehhagel die Griechen im Jahr 2004 zum Titel geführt hatte. Womöglich wäre das Rezept auch aufgegangen, wenn die Schiedsrichter Spanien nicht "mit anderen Augen anschauen" würden, wie ebenfalls die As bemerkte.

Denn das Tor kam durch einen großzügigen Elfmeterpfiff zustande, nach einem Tritt gegen das Schienbein von Iñigo Martínez pfiff der polnische Referee. Der niederländische Coach der Griechen, John van't Schip, fragte sich aus nachvollziehbaren Gründen, ob man den Elfmeter zwingend pfeifen musste, im Gewühl wollte er vorher ein Foul eines Spaniers gesehen haben.

Noch bemerkenswerter war freilich, dass der Strafstoß in der 25. Minuten überhaupt verwandelt wurde, ihre fünf vorherigen Strafstöße hatten die Spanier ausnahmslos verschossen. Diesmal traf Pablo Sarabia von Sporting Lissabon, der wegen der Absenzen von Spielern wie Ansu Fati, Mikel Oyarzabal oder Gerard Moreno zusammen mit Raúl de Tomás (Espanyol) und Álvaro Morata (Juventus) das Sturmtrio bildete. Erwähnenswert war noch der Auftritt von Gavi (FC Barcelona), der mit 17 Jahren wie ein Erwachsener spielte.

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"Unsere Spielart begünstigt den Gegner", sagt Luis Enrique

Dass nun ein Punkt gegen die Schweden reicht, ist Spaniens Trainer Luis Enrique reichlich egal. "Wir werden nicht in diese Falle tappen, auf Unentschieden zu spielen", sagte er. Erstens, weil derlei zumeist daneben gehe, zweitens, weil er nicht bereit sei, seinen Ideen untreu zu werden. "Unsere Spielart begünstigt den Gegner, aber wir werden im Angriffsdrittel pressen, Chancen kreieren und Risiken auf uns nehmen. Es hat keinen Sinn, unsere Philosophie zu ändern", sagte er.

In Sevilla kommt es zur Neuauflage des EM-Gruppenspiels, das 0:0 endete, die Schweden spielten seinerzeit ähnlich defensiv wie nun die Griechen in Athen. Anders als damals können die Spanier in Sevilla auf volle Ränge zählen. Luis Enrique warb offen und offensiv wie nie um die Unterstützung des Publikums: Sevilla müsse "zum Inferno für die Schweden werden".

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