Werner Schuster:Mit ihm kamen die Medaillen wieder

Werner Schuster

Werner Schuster während der Winterspiele 2014, wo die deutsche Auswahl das Teamspringen gewann.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)
  • Werner Schuster hört nach elf Jahren als Skisprung-Bundestrainer auf. Mit den deutschen Skispringern gewann er alles, nur nicht die Vierschanzentournee.
  • "Es war eine wahnsinnig intensive Zeit", sagt er auf einer Pressekonferenz. Maßgeblich für seine Entscheidung, den auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern, waren auch familiäre Gründe.
  • Stefan Horngacher, derzeit Trainer des polnischen Teams, wird als möglicher Nachfolger gehandelt.

Von Volker Kreisl

Es hatten sich im Laufe dieses Winters dann doch immer mehr Indizien ergeben. Die lange Überlegungsphase, die fast bis zum letzten Moment ausgereizt wurde; die Hinweise auf wichtige Faktoren wie das Privatleben, auf das Wohl der Familie; und dann eben auch eher versteckte aber ziemlich schlagkräftige Hinweise darauf, dass nach so langer Zeit auch entscheidende sportliche Motive verblassen.

Mit den deutschen Skispringern hatte Werner Schuster als Trainer alles gewonnen, nur nicht die Vierschanzentournee. Doch schon im Dezember antwortete er auf die Frage, ob er da noch eine Rechnung offen habe, zwar ausführlich, am Ende aber doch recht deutlich: "Ich laufe diesem Titel nicht nach."

Mit dem deutschen Team wird der ansonsten ziemlich erfolgreiche österreichische Skisprungtrainer Werner Schuster die Tournee nicht mehr gewinnen - zumindest so schnell nicht mehr. Am Donnerstag gaben der 49-Jährige und der Deutsche Skiverband auf einer Pressekonferenz in Oberstdorf bekannt, dass der zum Saisonende auslaufende Vertrag nicht verlängert werde. Schuster wird also nach elf Jahren als Cheftrainer ausscheiden und vermutlich zu einem anderen Verband wechseln.

Stefan Horngacher gilt als möglicher Nachfolger

Gut möglich ist es, dass er ein Engagement als Jugendtrainer oder auch als Koordinator für einen Neuaufbau im kriselnden Skisprung seines Heimatlandes annimmt. Denkbar wäre wiederum auch, dass er dem DSV in einer anderen Funktion erhalten bleibt. Als einer der ersten Kandidaten für seine Nachfolge wird Polens Chefcoach Stefan Horngacher gehandelt, ebenfalls Österreicher. Horngachers Vertrag in Polen läuft ebenfalls am Saisonende aus.

Bis vor drei Jahren war Horngacher noch beim DSV Schusters Co-Trainer, und er wird wohl bestätigen, was sein ehemaliger Chef nun in Oberstdorf sagte: "Es war eine wahnsinnig intensive Zeit." Jetzt sei der Moment, eine intakte Mannschaft zu übergeben. Zwischen ihm, den Sportlern und Verantwortlichen des deutschen Verbandes sei aber auch "etwas zusammengewachsen", sagte er. Neben dem Wechsel nach Österreich sei ein DSV-Engagement in einer anderen Position "eine interessante Option". Die dritte Variante scheint ihm nach 21 Jahren als Berufstrainer aber auch verlockend vorzukommen: "Eine Pause könnte mir gut tun."

Ziemlich anschaulich hatte er bei der Auflistung der Fürs und Widers für eine Verlängerung beim DSV im Dezember seine Familie erwähnt, über die Schuster sonst eher nichts erzählte. Vor allem der jüngere, zwölfjährige Sohn, habe stets eine Art Sommervater gehabt, "im Winter ist für den der Papa im Fernsehen", erzählte Schuster. Und weil er ja selber jahrzehntelang damit befasst war, teils noch ziemlich junge Menschen auf dem Weg ins Erwachsenenleben zu begleiten, wird ihm das mehr und mehr zu denken gegeben haben.

Die Arbeit mit Skisprungtalenten stand für ihn auch von Beginn an, ab 2008, im Mittelpunkt. Schuster hatte den etwas glücklosen Peter Rohwein abgelöst, der die schwere Aufgabe hatte, die verblassende Erfolgs-Ära um Martin Schmitt und Sven Hannawald wiederzubeleben, tat dies aber in den alten, teils undurchlässigen Strukturen. Es brauchte einen Neuanfang mit einem jungen selbstbewussten Coach, der wiederum die volle Rückendeckung eines ebenfalls modern denkenden Sportlichen Leiters genoss - Horst Hüttel.

Schuster betreut das Team noch bei zwei letzten Höhepunkten

Schuster setzte im Wesentlichen darauf, Strukturen und Philosophie zu vereinheitlichen, und gleichzeitig die jungen Springer möglichst individuell zu betreuen. Verfolgt wurde ab sofort eine einheitliche Vorstellung davon, wie ein Skispringer idealerweise agiert, um möglichst weit zu fliegen. Und weil dies mehr und mehr an allen Trainings-Standorten in Deutschland von der Jugend an beherzigt wurde, weil es überhaupt immer weniger Konkurrenzkampf zwischen den einzelnen Stützpunkten gab, hatte der DSV irgendwann auch wieder Medaillengewinner.

Der erste war Severin Freund aus Rastbüchl in Niederbayern. Er wurde Weltmeister im Skifliegen, im Januar 2014 in Harrachov in Tschechien. Ein paar Wochen später gewann das Team um Freund, Andreas Wellinger, Andreas Wank und Marinus Kraus Olympiagold in Sotschi. Im Jahr drauf wurde Freund Einzelweltmeister, danach begann die Zeit von Wellinger, der erst WM-Silber gewann und 2018 Einzel-Olympiasieger in Pyeongchang wurde.

Allerdings erlebte Schuster bei all den Höhepunkten auch schwere Momente. Den kapitalen Sturz von Wellinger im Dezember 2014 in Kuusamo, die Kreuzbandrisse, nach denen Freund gerade nur langsam wieder in Form kommt, den Sturz, der Richard Freitag, als Tournee-Mitfavorit 2017 in Innsbruck ausscheiden ließ, oder vor drei Wochen der Kreuzbandriss des erstmals als Springer aufblühenden Talents David Siegel.

Dieses Team betreut Schuster nun noch bei zwei letzten Höhepunkten, der Weltmeisterschaft ab 20. Februar in Seefeld und der Raw Air, der Norwegen-Tournee im März. Ob seine Erfolgsstatistik dabei noch erweitert wird, ist recht ungewiss, das Team befindet sich in einer Formdelle, und ob ein Trainerabschied da heilsam wirkt, ist offen. Andererseits ist Skispringen ein sehr psychologischer Sport, er hält immer auch positive Überraschungen bereit, zum Beispiel wegen eines Jetzt-erst-recht-Effekts oder dem Gefühl einer Art letzter gemeinsamer Mission.

Nur den Tournee-Erfolg feierte dieser Trainer mit diesen Springern nie, zumindest, wenn man Erfolg auf Siege reduziert und beiseite lässt, dass unter Schuster mit Freund, Wellinger, Markus Eisenbichler und Stephan Leyhe auch vier seiner Springer am Ende auf dem Podest standen.

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