Süddeutsche Zeitung

Entlassung von St.-Pauli-Trainer Schultz:Zum Abschied eine Generalabrechnung

Beim FC St. Pauli muss mit Timo Schultz ein Coach gehen, der die sportlichen und kulturellen Werte des Kiezklubs wie kein Zweiter verkörperte - offenbar kam es zum Zerwürfnis mit der Vereinsführung.

Von Thomas Hürner, Hamburg

Auf dem Kiez hat diese Meldung wohl niemanden mehr wirklich überrascht, doch der offizielle Vollzug dürfte nun so einige gebrochene Herzen im Hamburger Stadtteil hinterlassen: Der FC St. Pauli gab am Dienstagmittag bekannt, dass Trainer Timo Schultz mit sofortiger Wirkung freigestellt wird - nach 17 Jahren als fester Bestandteil im Verein, dem er als beinharter Mittelfeldspieler, später als Jugendtrainer und zuletzt zweieinhalb Jahre als Chefcoach diente.

Schultz verkörperte die sportlichen und kulturellen Werte des Kiezklubs wie kein Zweiter. Der anhaltende Abwärtstrend des Profiteams wurde ihm nun aber zum Verhängnis. St. Pauli, das in der vergangenen Saison noch mit mutigem Offensivfußball begeisterte, ist auf dem enttäuschenden 15. Tabellenplatz in die lange Winterpause gegangen. Statt Aufstiegskampf ist aktuell Zittern um den Klassenverbleib angesagt.

Für die Vereinsführung des FCSP ist Schultz, trotz all seiner Verdienste und seiner enormen Beliebtheit in der Anhängerschaft, nicht mehr der richtige Trainer, um diese schwierige Situation zu bewältigen. "Wir haben schon seit Längerem verschiedene Muster bei den sportlichen Problemen erkannt", wird der Sportchef Andreas Bornemann im Kommuniqué des Kiezklubs zitiert.

Der Rest liest sich wie eine Generalabrechnung Bornemanns, die in dieser Härte doch überraschend ist: Von einer "fatalen Auswärtsschwäche" ist die Rede, von "fehlender Balance zwischen Defensive und Offensive", von "mangelnder Weiterentwicklung" unter der Leitung des Trainers und dem Fehlen von Ansätzen, mit denen diese "saisonübergreifenden Probleme abgestellt werden sollten".

Das Verhältnis zwischen Schultz und Bornemann galt als zerrüttet. Die floskelarme Pressemitteilung erhärtet nun diesen Eindruck, obwohl die Klubführung Dissonanzen zwischen den beiden bis zuletzt abgestritten hatte.

Interimsweise wird Co-Trainer Fabian Hürzeler die Mannschaft beim Trainingsauftakt am Freitag betreuen. Sein Assistenzkollege Loic Favé wurde ebenfalls von seinen Aufgaben entbunden. Dass die Suche nach einem Nachfolger für Schultz bei St. Pauli schon seit längerem läuft, gilt in der Hansestadt als offenes Geheimnis. Als Favoriten gelten Michael Wimmer, der bis vor Kurzem als Interimstrainer beim VfB Stuttgart gearbeitet hatte - und der frühere Bremer Trainer Florian Kohfeldt.

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