Schul-Projekt von LeBron James:"Trump benutzt den Sport, um uns zu spalten"

  • LeBron James hat als Basketballer alles gewonnen, jetzt versucht er sich als Bildungshelfer.
  • Er hat in seiner Heimatstadt in Ohio eine Schule eröffnet, an der 240 benachteiligte Kinder Unterricht und bis zum Übertritt in die Uni finanzielle Unterstützung erhalten.
  • James nutzt die Aufmerksamkeit um seine Person auch, um sich gegen Donald Trump zu positionieren.

Von Jonas Beckenkamp

Die Sache mit den Fahrrädern war LeBron James noch wichtig. Fahrräder sind bekanntlich ein unterschätztes Fortbewegungsmittel, besonders in den USA, wo der Basketballprofi James gerade eine Exkursion in eigener Sache unternimmt. James, der mit seinem Wechsel zu den LA Lakers eigentlich die Hauptfigur des amerikanischen Sportsommers ist, hat sich back to school begeben. Er hat in seiner Heimatstadt Akron in Ohio eine Schule gegründet. Sie heißt "I Promise School", und eines ihrer Versprechen ist, dass jeder Schüler und jede Schülerin zum Eintritt dieser Tage ein Fahrrad geschenkt bekommt.

Mit dem Fahrrad, sagt James, könne man den Problemen des Alltags entfliehen

"Ich weiß, wie diese Kinder ticken, vielleicht kenne ich sie sogar ein bisschen besser als sie sich selbst", sagte der 2,03-Meter-Mann bei der Eröffnung am Montag. "Ich war früher auf denselben Straßen unterwegs, zu Fuß und mit dem Rad. Ich habe dasselbe durchgemacht wie sie. All das Schöne, die Niederlagen und die Widrigkeiten." Und mit dem Fahrrad könne man diesen Problemen gut entfliehen, in seine eigene Welt radeln, wenn auch nur für einen Nachmittag. All das mag ein wenig kitschig klingen, und natürlich fehlte es beim Ortsbesuch des besten Basketballers der Welt nicht an blumiger PR, an Kameras und Selfies.

Andererseits: Warum nicht einfach mal gut finden, wenn ein Sportler, der soeben einen Vertrag über 154 Millionen Dollar über vier Jahre unterschrieben hat, etwas an "die Community zurückgibt", wie es in den USA immer heißt? LeBron James unternimmt im Gegensatz zu vielen anderen Sportmillionären wirklich etwas. Ähnlich wie sein NBA-Kollege Marc Gasol, dessen anpackende Flüchtlingshilfe auf einem Schiff im Mittelmeer vergangene Woche große Aufmerksamkeit erzeugte. 240 Kinder aus nicht ganz einfachen Verhältnissen haben jetzt einen Platz an LeBron James' Grundschule, deren Träger eine Stiftung des mehrfachen NBA-Champions ist. Die Organisation hat der Bildungsausschuss der Stadt Akron übernommen - die Kosten stemmt James, der es sich ja durchaus leisten kann.

"Das ist ein großer Moment - für die Kinder und die gesamte Stadt", sagte der 33-Jährige beim Auftaktfest. Er selbst besuchte einst die St. Vincent-St. Mary High School um die Ecke, wo er als Basketballer seine ersten Bälle durch den Ring stopfte. Keine einfache Gegend, sondern vielmehr das klassische Umfeld amerikanischer Unterschicht: Drogen, Waffen, Gewalt, Gangs - James hat über seine Herkunft schon häufig offen berichtet, seine Mutter zog ihn in dieser schwierigen Welt alleine groß. Basketball war der Weg aus der Misere. Als James 2003 zu den Cleveland Cavaliers in die NBA wechselte, war er einer der Ersten, der direkt von der Highschool zu den Profis ging. Aber Akron, eine kleine Industriestadt vor den Toren der großen Industriestadt Cleveland, hat er nicht vergessen.

Nun soll sein Schulprojekt benachteiligte Kinder und ihre Familien ganzheitlich fördern. Das heißt: Anstelle von ein paar Basketballkörben mit seinem Konterfei hat LeBron James in Partnerschaft mit seiner Stiftung ganz konkrete Aufbauhilfe für die sozial Schwächsten im Viertel angestoßen. Das Angebot umfasst psychologische Betreuung für traumatisierte Heranwachsende sowie Beratung und Unterstützung für Eltern. Diese reicht sogar so weit, dass auch in Armut lebende Erziehungsberechtigte der Schüler hier einen Schulabschluss nachholen können. Daneben gibt es an der Schule Essen - eine Speiseausgabe dient nicht nur als Verpflegungsstation, sondern auch als sozialer Knotenpunkt. Schüler und Eltern an LeBron James' Schule bekommen zudem Nahrungsmittel mit nach Hause, damit sie selbst kochen können. Es ist ein völlig neues Konzept, das weit über die Idee herkömmlicher "Charity" hinausgeht - inklusive Schulgeld bis zur Universität.

"Ich bin privilegiert und habe die Mittel, die Kontakte zur Stadt und den Zugang, hier strukturell wirklich etwas zu verändern", findet der Basketballer, "also warum nicht?" Eine simple und ebenso schlüssige Herleitung eines Mannes, der nicht nur im sozialen Bereich Verantwortung übernimmt.

"Trump benutzt den Sport, um uns zu spalten"

Auch politisch hat sich der Flügelspieler, der auf dem Parkett fast jede Position beherrscht, immer wieder engagiert. Er betrieb Wahlkampf für Hillary Clinton, traf sich mehrfach mit Barack Obama und widmete diesem zum Abschied aus dem Präsidentenamt emotionale Worte ("er ist eine echte Inspiration für mich"). Er hat sich auch öffentlich gegen Präsident Donald Trump ausgesprochen und dessen Provokationen gegen schwarze Amerikaner und Einwanderer. 2014, also noch vor Trumps Amtsantritt, protestierte James mit einem T-Shirt ("I can't breathe") rund um den Tod des Afroamerikaners Eric Garner. Dass er keine Luft mehr bekäme, waren die letzten Worte von Garner, der bei einer Polizeikontrolle in New York von mehreren Polizisten niedergerungen und in einen Würgegriff genommen worden war, an dessen Folgen er starb.

James hat sich ein politisches Bewusstsein erarbeitet. Je älter er wurde, desto mehr mischte er sich ein und nutzte seine Bekanntheit - dass die Ligaverantwortlichen der Profiliga NBA ihre Akteure dazu ermutigen, sich zu positionieren, hat auch seine Sinne geschärft. Im Zuge seiner Schuleröffnung warf James jetzt Trump vor, die Debatte über den Respekt vor der US-Nationalhymne für seine politischen Zwecke zu missbrauchen. "In den vergangenen Monaten habe ich festgestellt, dass er den Sport dazu benutzt, um uns zu spalten", sagte er in einem ausführlichen CNN-Interview am Montag. James bezog sich dabei auf die heftig geführte Hymnen-Diskussion in der amerikanischen Football-Liga NFL.

Trump hatte zuletzt erneut mit wirrer Rhetorik gegen all jene Profis losgepoltert, die beim Abspielen der Nationalhymne aus Protest gegen Rassismus niederknien, anstatt zu stehen. "Beim ersten Mal knien - ein Spiel Sperre. Beim zweiten Mal knien - Sperre für die gesamte Saison, ohne Gehalt", forderte der Präsident per Tweet. Vor zwei Jahren hatte San Franciscos Quarterback Colin Kaepernick als erster NFL-Profi während des obligatorischen Ertönens der Hymne vor Spielbeginn auf Knien protestiert. Er wollte damit ein Zeichen setzen gegen Diskriminierung, Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze. Viele Sportler auch außerhalb des American Football schlossen sich seither an, besonders auch aus der Basketball-Szene.

Ihre gebeugten Knie spalten Liga und Zuschauerschaft, besonders in konservativen Fankreisen empfindet man den Hymnen-Widerstand als Provokation. Donald Trump animierten die Aktionen dazu, die Spieler als "Hurensöhne" zu beschimpfen und von den Vereinsbossen ihre Entlassung zu fordern. Trumps Haltung gegenüber Teilen der afroamerikanischen Bevölkerung ist hinreichend dokumentiert, andere ethnische, nationale oder soziale Gruppen wie etwa Mexikaner bezeichnete er als "Vergewaltiger". Solche Kommentare führten 2017 dazu, dass die Mannschaft der Golden State Warriors um Stephen Curry ihren obligatorischen Besuch als NBA-Meister im Weißen Haus absagte. "Indem wir nicht hingehen, können wir hoffentlich für einen Wandel sorgen", sagte Curry damals.

LeBron James findet: "Ich kann mich nicht einfach zurücklehnen und nichts sagen." Zurücklehnen, das geht höchstens auf dem Fahrrad, wenn es bergab geht.

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