Schmadtke verlässt Hannover 96:Allein nach Großburgwedel

Jörg Schmadtke

Jörg Schmadtke: Abschied von Hannover 96

(Foto: dpa)

Eine Ära endet ohne Versöhnung: Hannover 96 und Manager Jörg Schmadtke trennen sich, obwohl Schmadtke den Niedersachsen mit cleveren Einkäufen viele Erfolge bescherte. Der Dauerstreit zwischen ihm und Trainer Slomka war nicht zu schlichten.

Von Jörg Marwedel

In Großburgwedel vor den Toren Hannovers sind schon manche Entscheidungen für Hannover 96 getroffen worden. Dort, wo 96-Präsident Martin Kind wohnt, ein Hotel besitzt und die Zentrale seiner Firma hat, haben schon viele Krisengespräche zwischen ihm und seinen wenig harmonischen leitenden Angestellten Jörg Schmadtke (Geschäftsführer Sport) und Mirko Slomka (Trainer) stattgefunden. Am Mittwoch kam Schmadtke allein.

Und am Ende der einstündigen Unterhaltung stand das, was viele erwartet hatten: Der Bundesligist hat Schmadtkes unbefristeten Vertrag auf dessen Wunsch hin aufgelöst. Offiziell endet der Kontrakt nun am 30. Juni, aber schon am Samstag beim Heimspiel gegen den FC Bayern wird Schmadtke nicht mehr auf der Bank sitzen. Er wurde sofort freigestellt.

"Ich habe großen Respekt vor Jörg Schmadtkes Entscheidung, auch wenn ich nicht im Detail alle Beweggründe kenne, weil ich in seine Gespräche mit Martin Kind natürlich nicht eingebunden war", sagte Trainer Slomka. In Hannover endet nun eine sehr erfolgreiche knapp vierjährige Ära. Zuletzt schafften die Niedersachsen gleich zweimal die Qualifikation für die Europa League - vor allem dank Schmadtkes erfolgreicher Einkaufspolitik.

Verbale Prügel vom Präsidenten

Die hat auch Präsident Kind noch einmal gelobt. Jörg Schmadtke habe "für den Klub gute Entscheidungen getroffen und ist für die positive Entwicklung im sportlichen Bereich maßgeblich verantwortlich", hob er hervor. So verpflichtete der frühere Bundesliga-Torwart etwa den heutigen Nationalkeeper Ron-Robert Zieler und die torgefährlichen, aber vergleichsweise preiswerten Stürmer Didier Ya Konan, Mohammed Abdellaoue sowie Mame Diouf von Manchester United. Für Diouf, an dem inzwischen sogar Borussia Dortmund interessiert ist, musste 96 vor 15 Monaten nur 1,8 Millionen Euro zahlen.

Es ist erstaunlich, wie der nach außen smarte Slomka und der knorrige Kadertüftler Schmadtke überhaupt so viel Erfolg haben konnten. Immer wieder musste Kind die beiden ermahnen, besser zusammenzuarbeiten. Dass er zuweilen mit seiner öffentlichen Mitteilsamkeit das Problem verschärfte, steht auf einem anderen Blatt. Noch im Frühjahr 2012 hatte er um Schmadtke gekämpft, als dieser wegen familiärer Probleme aussteigen wollte. Kind gewährte Schmadtke eine zweimonatige Auszeit, was bisher einmalig in der Bundesliga war.

Zuletzt sah aber auch Kind, der lange Zeit als Vorbild das Werder-Duo Klaus Allofs und Thomas Schaaf vor Augen hatte, ein, dass es so nicht weitergehen konnte. Nun steckte sogar Schmadtke, auf den Kind lange Zeit nichts kommen ließ, zuweilen Prügel des Präsidenten ein. Als der Klubchef zuletzt die mangelnde Kommunikation zwischen Schmadtke und Slomka monierte, bekam auch der Manager seinen Teil ab. Das ärgerte Schmadtke so sehr, dass er zu Wochenbeginn sagte: "So zu tun, als sei ich ein Stummfilmstar und spreche nicht, ist nicht richtig."

Auch nach der Aussprache mit dem Präsidenten hat der nun ehemalige Geschäftsführer Sport nicht völlig geschwiegen. "Ich glaube, dass die Entscheidung richtig ist", sagte er. Zu seiner Zeit in Hannover meinte er, es sei "eine sehr intensive, emotionale Zeit" gewesen. Denn Schmadtke musste nicht nur zahlreiche Kommunikationskrisen sowie einen Fast-Abstieg 2010 überstehen, sondern auch die Zeit nach dem Suizid des 96-Kapitäns Robert Enke im November 2009 moderieren. Wie es beruflich für ihn weitergeht, konnte oder wollte der 49-Jährige noch nicht erläutern.

Sein Nachfolger solle ganz nach dem "Profil von Jörg Schmadtke" ausgesucht werden, sagte Kind. Zudem wolle man keinen Manager aus einem laufenden Vertrag heraus kaufen. Somit würden wohl beispielsweise die von Kind geschätzten Martin Bader vom 1. FC Nürnberg (Vertrag bis 2017) und Dietmar Beiersdorfer (Zenit St. Petersburg) wegfallen. Der frühere Hoffenheimer Jan Schindelmeiser, einst Oberliga-Spieler aus Göttingen, wäre hingegen frei. Er käme Kinds Vorstellungen durchaus nahe. Schindelmeiser studierte Sport, Publizistik, Politik und Betriebswirtschaft und schloss das Magisterstudium mit der Note 1,7 ab.

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