Süddeutsche Zeitung

Schiedsrichterskandal:Hoyzer vor Gericht

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Es war der größte Skandal im deutschen Fußball: Robert Hoyzer soll mehrere Fußballspiele so verpfiffen haben, dass seine Komplizen hohe Wettgewinne kassieren konnten. Heute hat in Berlin sein Prozess begonnen. Dem 26-Jährigen drohen bis zu zehn Jahren Haft.

Vor dem Landgericht Berlin hat der Strafprozess im größten Fußballskandal seit drei Jahrzehnten begonnen.

In der Affäre müssen sich Ex-Schiedsrichter Robert Hoyzer und der als Hauptdrahtzieher geltende Ante S. sowie vier Mitangeklagte gegen den Vorwurf verteidigen, Fußballspiele manipuliert zu haben, auf die zuvor hohe Wetten gesetzt wurden.

Der Schaden liegt laut Staatsanwaltschaft bei mehr als zwei Millionen Euro. Den Angeklagten drohen Haftstrafen zwischen einem Jahr und zehn Jahren.

Der von einem großen Medieninteresse begleitete Prozess vor der 12. Großen Strafkammer des Landgerichts begann vergleichsweise unspektakulär mit der Feststellung der Personalien und der rund einstündigen Verlesung der Anklageschrift.

Nach einer Prozesspause sollten die Angeklagten am Nachmittag befragt werden, ob sie vor Gericht zu den Vorwürfen Stellung beziehen wollen.

Zumindest von Hoyzer wird dies erwartet, da er sich schon vorher öffentlich zu den Vorwürfen geäußert und diese zumindest teilweise auch eingestanden hatte.

Der vom DFB auf Lebenszeit gesperrte Ex-Schiedsrichter erschien im dunklen Dreiteiler und las jedes Wort der knapp 300-seitigen Anklageschrift mit. Für den Prozess sind zunächst 18 Prozesstage angesetzt, mehr als 170 Zeugen sollen vernommen werden.

Offensichtlich unbeeindruckt von dem Rummel um ihn herum verfolgte Ante S. den Prozess. Der 29-Jährige ist der einzige der Angeklagten, der immer noch in U-Haft sitzt. Er soll den Hauptteil der Wetten platziert haben und maßgeblich für die Zahlung der Bestechungsgelder an Schiedsrichter und Spieler verantwortlich sein.

Neben Ante S. sind seine beiden Brüder Milan (40) und Filip (37) sowie der Ex-Schiedsrichter Dominik Marks (30) und der ehemalige Chemnitzer Fußballprofi Steffen Karl (35) des "gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs" angeklagt.

60.000 Euro für Hoyzer

Hoyzer soll unter anderem im Jahr 2004 die Begegnungen Braunschweig gegen St. Pauli, Wuppertal gegen Werder Bremen Amateure (beide Regionalliga), die Zweitligapartie Ahlen gegen Burghausen sowie das DFB-Pokalspiel Paderborn gegen den HSV so gepfiffen haben, dass sie im Ergebnis den von Ante S. Und Komplizen platzierten Wetten entsprachen.

Dafür soll er rund 60.000 Euro kassiert haben. Er saß zwischenzeitlich zwei Wochen in Untersuchungshaft, kam aber unter Auflagen wieder frei. Er wurde vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) auf Lebenszeit gesperrt. Zeitungsberichten zufolge lebt der gebürtige Spandauer seit März von Arbeitslosengeld II.

Marks soll an der Manipulation von drei Fußballspielen beteiligt gewesen sein. In einem weiteren Fall soll Marks über Hoyzer angeboten haben, ein Spiel zu beeinflussen. Marks saß gut einen Monat in Untersuchungshaft und wurde gegen Kaution und unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt. Im Jahr 1971 hatte ein ähnlich spektakulärer Skandal die Fußball-Welt erschüttert. Neun Bundesligavereine waren damals an Spielschiebungen beteiligt, die Fans zogen sich aus den Stadien zurück.

Wie sich herausstellte, hatten der 1. FC Schalke 04, Arminia Bielefeld, Kickers Offenbach, Hertha BSC Berlin, der MSV Duisburg, der VfB Stuttgart, der 1. FC Köln, Rot-Weiß Oberhausen und Eintracht Braunschweig Dreck am Stecken. In der folgenden Spielzeit 71/72 hatte die Bundesliga 800.000 Zuschauer weniger, in der Saison darauf sogar 1,3 Millionen.

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