Schalkes Klaas-Jan Huntelaar:Rückkehr mit Racheinstinkt

Hamburger SV v FC Schalke 04 - Bundesliga

Klaas-Jan Huntelaar: Tor bei der Rückkehr

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Bälle erobert, Bälle verteidigt, geschickt am Kombinationsspiel beteiligt: Nach sechsmonatiger Verletzungspause erstaunt Schalke-Stürmer Klaas-Jan Huntelaar in seinem ersten Spiel gegen den Hamburger SV. Sein Tor widmet er auch HSV-Trainer Bert van Marwijk.

Von Philipp Selldorf

Für die Fans des FC Schalke 04 war schwer zu verkraften, was am Sonntagabend in Hamburg passierte. Worüber sollten sie sich mehr wundern: Dass ihre Mannschaft nach einer Winterpause, die wieder einmal von Klagen über das Verletzungspech und allerlei skeptischen Betrachtungen erfüllt war, plötzlich mit leichten Schritten zu einem dekorativen 3:0-Auswärtssieg gelangte? Dass die aus einschlägiger Erfahrung zweifelhaft beleumundete Schalker Abwehrreihe zum vierten Mal nacheinander kein Gegentor zuließ?

Oder darüber - die größte Überraschung für die schicksalsfürchtigen Anhänger der Königsblauen - dass ihre Mannschaft tatsächlich die Einladungen der sieglosen Konkurrenz von den Vortagen nutzte, um näher an die Champions-League-Plätze der Tabelle heranzurücken? Solche günstigen Gelegenheiten pflegt Schalke ja üblicherweise zu ignorieren, als ob es in der Klubsatzung vorgeschrieben wäre - diesmal nicht.

Noch größeres Erstaunen verdiente aber eigentlich das Wunder, dass Mittelstürmer Klaas-Jan Huntelaar bei seinem ersten Einsatz nach bald sechs Monaten verletzungsbedingter Spielpause auf Anhieb eine große Partie hinlegte - und es dabei nicht versäumte, für das wegweisende 1:0 zu sorgen. Wenn ein Torjäger ein Tor schießt, ist das zwar kein Wunder, schon gar nicht, wenn der Torjäger Huntelaar heißt. Aber die Art und Weise, wie der 30 Jahre alte niederländische Nationalspieler in Hamburg am Spiel teilnahm, wie er trotz manchmal strenger Bewachung durch mehrere Gegner Bälle sicherte, eroberte und weiterleitete, und wie er sich im Mittelfeld geschickt und effektiv in die Kombinationen einfügte - das war dann doch sehr staunenswert.

Bei den missglückten Testspielen in Köln (1:2) und beim Viertligisten Oberhausen (0:1) am vorigen Wochenende hatte Schalkes Trainer Jens Keller noch auf Huntelaar verzichtet, weil er den Angreifer noch nicht für die Ernstfallprobe bereit wähnte - nun sah es beinahe so aus, als ob dieser Verzicht eine List gewesen wäre. Die Verantwortlichen legten jedoch Wert darauf, dass dieses Comeback das Ergebnis sorgfältiger Planung gewesen sei, Huntelaars Verzicht auf die Teilnahme am Trainingslager in Katar eingeschlossen: "Das war genau die richtige Strategie", betonte Manager Horst Heldt.

Andererseits blieb dem Trainer am Sonntag gar nichts anderes übrig, als Huntelaar aufzustellen, denn gegen Hamburg trifft der Angreifer quasi unvermeidlich: Die jüngsten sechs seiner bisher 50 Bundesligatore hat er allesamt gegen den HSV erzielt. Das wiederum ist auch für Huntelaar selbst ein Rätsel: "Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht, warum es für mich gegen Hamburg immer so gut läuft, ich gehe in jedes Spiel mit demselben Ziel." Sein Ziel, das Toreschießen, ist für ihn Beruf, Berufung und Lebensinhalt.

Dass er sein 1:0 nicht nur dem FC Schalke 04, sondern auch dem Hamburger Trainer Bert van Marwijk widmete, mochte Huntelaar nicht verschweigen. Mit dem Nationaltrainer van Marwijk hatte er sich nicht gut verstanden, während der EM 2012 unterhielten die beiden ein gespanntes und schließlich ein gründlich verkrachtes Verhältnis. "Klar, da waren Gefühle dabei", bekannte sich Huntelaar am Sonntag zu seinen Racheinstinkten. Und selbstredend hat er nun auch wieder die WM in Brasilien und sein Nationalteam im Blick - mit dem Bondscoach Louis van Gaal, der ihn einst als "gefährlichsten Strafraumstürmer der Welt" adelte.

Schalke können diese privaten Ambitionen nur recht sein. Adam Szalai hatte sich als stellvertretender Mittelstürmer während der Hinrunde eher schlecht als recht bewährt, die Originalbesetzung Huntelaar bedeutet eine erhebliche Verstärkung fürs Team, nicht nur wegen seiner Torjägerkünste, sondern auch wegen seines Einflusses als starke Persönlichkeit. Trainer Keller schwärmte: "Die Freude ist wahnsinnig groß, dass er wieder da ist. Man hat nicht nur bei seinem Tor gesehen, wie wichtig er für uns ist."

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