Schalke und Hannover in der Europa League:Klassespiele im Königsklässchen

Was für ein überzeugender Auftritt der deutschen Teams: Schalke 04 lässt sich gegen Enschede auch von einem frühen Rückstand nicht verunsichern und erreicht mit einem 4:1 die nächste Runde - dreimal trifft allein Klaas-Jan Huntelaar. Auch Hannover 96 überzeugt mit großer Leistung und zieht dank eines 4:0 gegen Standard Lüttich ins Viertelfinale ein.

Zwei Tore hatte Klaas-Jan Huntelaar versprochen - am Ende wurden es sogar drei gegen seine Landsleute vom FC Twente Enschede. Mit seinen Treffern Nummer sieben, acht und neun (29., 57./Handelfmeter, 81.) in der Europa League besorgte der Niederländer den Gelsenkirchenern beim 4:1 (1:1) gegen den niederländischen Pokalsieger fast ganz alleine den Einzug ins Viertelfinale.

FC Schalke 04 v FC Twente - UEFA Europa League Round of 16

Erneut drei Tore: Schalkes Klaas-Jan Huntelaar entschied fast ganz alleine die Partie gegen Enschede.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Vor allem der dritte Treffer von Jermaine Jones nach einer feinsinnigen Hackenvorlage von Raul (70.) führte in der Schalker-Arena bei den 54.142 Zuschauern zu lautem Gebrüll, denn ab diesem Zeitpunkt war klar: Schalke hatte dieses Achtelfinale gedreht, nachdem das Hinspiel noch 0:1 verloren gegangen war. "Wir wollten dieses Spiel unbedingt umbiegen und das ist uns dank einer starken zweiten Halbzeit gelungen. Unsere Mannschaft wächst noch, vielleicht ist jetzt aber träumen erlaubt," sagte ein zufriedener Jones nach der Partie.

Ähnliche Ambitionen hatte vor der Begegnung noch Manager Horst Heldt geäußert: "Unser Ziel ist das Finale. Wir können es schaffen." Er sollte Recht behalten. Nach einem 0:1-Rückstand durch Willem Janssen (14.), der den Vorsprung der Holländer nach dem Hinspiel damit auf zwei Treffer ausbaute, hielt der Bundesligist dem Druck stand und schaffte mit einer großartigen zweiten Halbzeit die Wende.

Im Gegensatz zum 3:1 gegen den Hamburger SV am Sonntag brachte Hubb Stevens Lewis Holtby, Julian Draxler, Jefferson Farfan und Kyriakos Papadopoulos für Christoph Metzelder, Jose Manuel Jurado, Teemu Pukki und Marco Höger in der Startelf, der auch Joel Matip trotz seiner Roten Karte in Enschede angehörte - die Uefa hatte dem Einspruch der Schalker stattgegeben, eine mögliche Sperre wird nun erst am Freitag verhandelt.

Mit den Umstellungen kamen die Gastgeber nur schwer in die Partie. Der Tabellendritte aus den Niederlanden eroberte mehr Spielanteile und kombinierte geschickt. Schalke wurde nur einmal gefährlich, als Jermaine Jones aus 22 Metern abzog und Torwart Nikolay Mihaylow mit einer tollen Parade zur Ecke klärte (7.). Twente-Coach Steve McClaren hatte im Vergleich vier neue Spieler aufgestellt.

Rasmus Bengtsson, Dwight Tiendalli, Thilo Leugers und Emir Bajrami spielten für Peter Wisgerhof, Tim Cornelisse, Leroy Fer und Ola John. Nach der schwachen Generalprobe mit dem 1:3 in Nijmwegen agierte das Team sehr abgeklärt. McClaren, der sich über den Freispruch für Matip aufgeregt hatte, stellte seine Elf offensiv ein. Dies zahlte sich aus. Nach einem perfekten Spielzug mit einer schönen Pass-Stafette kam Willem Janssen von der Strafraumgrenze zum Schuss, der hart und flach Timo Hildebrand überwand (14.).

Exakt diese Entwicklung hatten die Gastgeber vermeiden wollen, denn nun mussten sie drei Treffer erzielen, um eine Runde weiter zu kommen. Stevens schimpfte wie ein Rohrspatz an der Seitenlinie wegen des schwachen Abwehrverhaltens und schnauzte vor allem Matip an. Schalke schien zunächst verunsichert, fing sich aber nach einer halben Stunde. Christian Fuchs wegen Foulspiels und Klaas-Jan Huntelaar wegen einer Schwalbe sahen Gelbe Karten von Viktor Kassai, dem zum Weltschiedsrichter 2011 gekürten Ungarn.

Die Schalker entfachten nun höheren Druck und wurden belohnt. Nach einer Flanke von Draxler köpfte Huntelaar das 1:1 (29.). Das gab neue Hoffnung und angetrieben vom Publikum drängte Schalke den Gegner zunehmend in die Defensive und hatte durch einen Matip-Kopfball nach Fuchs-Freistoß, der das Tor knapp verfehlte, eine weitere große Torchance. In der zweiten Hälfte entwickelte sich ein Spiel auf ein Tor, Schalke drängte mit Macht und kam nach einem Handspiel von Janssen durch den sicher verwandelten Strafstoß von Huntelaar zum 2:1. Zuvor hatten Draxler und Raul gute Möglichkeiten gehabt, danach prüfte Jefferson Farfan den Twente-Schlussmann.

Schließlich war es Jones nach tollem Zuspiel von Raul, der die Schalker erlöste und einen verdienten Sieg in die Wege leitete. Knapp zehn Minuten vor dem Ende schloss Huntelaar einen Konter willenstark mit einem Schuss in den rechten Torwinkel ab und sorgte so für die endgültige Entscheidung. "Ein großes Kompliment an die Mannschaft. Träumen von höheren Aufgaben dürfen die Fans - wir müssen uns weiter konzentrieren," sagte Trainer Stevens nüchtern. Etwas euphorischer zeigte sich da Horst Heldt: "Wir haben hervorragend gespielt. Huntelaar ist ein exzellenter Stürmer - darüber sind wir sehr froh." In dieser Form kam der Erfolg irgendwie doch überraschend - dabei hatte Klaas-Jan Huntelaar es eigentlich fast vorhergesagt.

Hannover schwebt ins Viertelfinale

So langsam kann es einem beinahe unheimlich vorkommen, was Hannover 96 so in der Europa League vollbringt. Das Team von Trainer Mirko Slomka spazierte an diesem Donnerstag förmlich ins Viertelfinale, indem der belgische Klub Standard Lüttich chancenlos zurückgelassen wurde. Dank eines 4:0 (2:0)-Sieges im Achtelfinal-Rückspiel gegen den belgischen Pokalsieger stehen die Niedersachsen in der nächsten Runde und feiern damit den größten internationalen Erfolg ihrer 116-jährigen Vereinsgeschichte.

Schalke und Hannover in der Europa League: Hannoveraner Jubel - und das gleich viermal: Gegen Standard Lüttich gewann der Bundesligist mit 4:0.

Hannoveraner Jubel - und das gleich viermal: Gegen Standard Lüttich gewann der Bundesligist mit 4:0. 

(Foto: AP)

Im Hinspiel in der vergangenen Woche hatte man sich noch 2:2 getrennt - es war wahrlich kein schlechtes Ergebnis um das Weiterkommen zu schaffen. Die Treffer für Hannover erzielten an diesem feierlichen Abend Mohammed Abdellaoue (4.), Lüttichs Kanu, dem kurioserweise zwei Eigentore unterliefen (21./73.), und Sergio Pinto (90.+3).

"Ein solcher Erfolg ist natürlich sehr schön. Wir haben absolut verdient gewonnen, auch wenn der Sieg vielleicht ein Tor zu hoch war. Wir schütteln uns jetzt, dann erholen wir uns, und dann spielen wir am Sonntag gegen Köln", sagte Hannovers Sportdirektor Jörg Schmadtke bereits mit Blick auf das kommende Bundesligaspiel. Weniger nüchtern äußerte sich Abwehrspieler Mario Eggimann: "Der Traum geht weiter, es warten noch ein paar schöne Gegner auf uns," so der Schweizer überglücklich.

Vor 43.000 Zuschauern in der ausverkauften Arena am Maschsee erwischten die Platzherren einen blendenden Start. Schon nach vier Minuten war Torjäger Abdellaoue mit einem Flachschuss erfolgreich - vorausgegangen war eine scharfe Hereingabe von Jan Schlaudraff, die Lüttichs Torhüter Sinan Bolat nur abklatschen konnte. Die Gäste spekulierten vergeblich auf Abseits, denn Schlaudraff hatte einen Einwurf aufgenommen. Und es ging weiter derart erfolgreich: In der 21. Minute konnte die Mannnschaft von Trainer Mirko Slomka den Vorsprung ausbauen, wobei die Gäste mithalfen.

In höchster Bedrängnis drückte Standard-Verteidiger Kanu eine scharfe Flanke von Sergio Pinto über die eigene Torlinie - es stand 2:0 und schon jetzt glaubte kaum jemand mehr an ein Schweitern. Noch in der ersten Halbzeit hatten die Platzherren genug eigene Möglichkeiten, weitere Treffer zu erzielen, zu stark und vor allem mutig präsentierte sich der Bundesligist. Abdellaoue stand bereits in der neunten und zwölften Minute dicht vor einem zweiten Torerfolg. Die Belgier hingegen brauchten fast eine halbe Stunde, um sich vom Dauerdruck der Norddeutschen ein wenig zu befreien. Gohi Bi Cyriac verstolperte in der 42. Minute in aussichtsreicher Position.

Um das Ergebnis abzusichern, wechselte Slomka zu Beginn der zweiten Halbzeit den defensiv stärkeren Christian Schulz für Christian Pander ein. Das hatte Folgen: Die Aktionen des Bundesliga-Siebten waren nun verhaltener und von erhöhtem Sicherheitsdenken geprägt. Kapital schlagen konnte der Tabellenfünfte der belgischen Liga daraus jedoch nicht. Die Chancen auf ein Weiterkommen schwanden noch mehr, als Serge Gakpe in der 58. Minute wegen wiederholten Fourlspiels die Gelb-Rote Karte sah und das Spielfeld vorzeitig verlassen musste.

Einige der gut 2000 mitgereisten belgischen Fans veranlasste diese Entscheidung von Schiedsrichter Pavel Kralovec aus Tschechien dazu, mit Feuerwerkskörpern zu hantieren. Die Ordnungskräfte hatten die Situation aber schnell wieder im Griff. Nach dem zweiten Eigentor von Kanu, das Didier Ya Konan eingeleitet hatte, war es aber ruhig im Gästeblock. Pinto setzte dann noch den Schlusspunkt, als er nach einem Konter den Ball aus spitzem Winkel versenkte.

Der spielstarke Schlaudraff sowie Torschütze Abdellaoue, der auch ohne den verletzten Mame Diouf (Bänderanriss im Sprunggelenk), stets für Gefahr vor dem Tor der Wallonen sorgte, waren die herausragenden Hannoveraner Akteure - wenn es so weitergeht, könnten die Niedersachsen in Europa noch so manchen überraschen.

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