Schalke:Stille im Hexenkessel

Der abgeklärte Auftritt in Saloniki bestätigt die Wende. Das 3:0 war zudem doppelt wertvoll: Er verspricht nicht nur den Einzug ins Europa-League-Achtelfinale, sondern sorgt beim Rückspiel auch für Entlastung im Kader.

Von Philipp Selldorf, Saloniki/Gelsenkirchen

Außer 27 000 weiteren Besuchern war auch der griechische Finanzminister Euklid Tsakanatos im Toumba-Stadion, um das Europa-League-Spiel von Paok Saloniki gegen Schalke 04 zu verfolgen. Offenbar war er als Privatperson zugegen, andernfalls hätte er von Amts wegen eingreifen müssen gegen das Banner in Salonikis Fankurve, das Kanzlerin Angela Merkel mit Hitler-Schnäuzer zeigte und in englischer Sprache einen Platzverweis für Nazis forderte. Letzteres war nicht als Antifa-Aktion, sondern als Abschiedsgruß an die Gäste zu verstehen. Schließlich, schilderten Zeugen, wurden Stewards des Klubs aktiv - sie zupften das Banner wieder zurecht, nachdem es schief gehangen hatte.

Burgstaller und Huntelaar treffen, hinten hält Naldo Wache

Dass Schalkes Trainer Markus Weinzierl die Stimmung im Stadion "sensationell" nannte, galt natürlich nicht den nationalistischen Spruchbändern und den aggressiven Tönen gegen die Gäste aus dem Ruhrgebiet, sondern dem atmosphärischen Wandel im Runde. Mit einem abgeklärten Auftritt und einer extrem effektiven Torschussbilanz drehte die Schalker Elf die Lautstärke auf den Rängen herunter: "Wir waren ein bisschen der Schalter dafür, dass es hier leise wurde", meinte Manager Christian Heidel hörbar erfreut.

Schalkes 3:0-Sieg war doppelt wertvoll: Er verspricht nicht nur den sicheren Einzug ins Achtelfinale, sondern sorgt beim Rückspiel am nächsten Mittwoch auch für Entlastung im Kader. Weinzierl kann angesichts des Vorsprungs im Heimspiel guten Gewissens rotieren, was hilfreich ist inmitten von vier englischen Wochen mit Spielen in Köln, Mönchengladbach und in München (Pokal-Viertelfinale).

Schalkes Aufwärtstrend wurde in Saloniki an zwei neuralgischen Punkten sichtbar: Im gegnerischen Strafraum, wo erst der Winter-Zugang Guido Burgstaller und der eingewechselte Klaas-Jan Huntelaar nach alter Torjäger-Art das 1:0 und 3:0 erzielten; und im eigenen Strafraum, in dem Naldo Wache hielt. Der 34 Jahre alte Brasilianer wurde oft mit Kritik konfrontiert, aber die Kritiker werden allmählich stumm. Dort bildete Naldo das Ruhezentrum der Schalker Abwehr, die laut Heidel zu wesentlichen Teilen den Aufschwung verantwortet: "Wenn man sich unsere Defensive anschaut - da kommt derzeit keine andere deutsche Mannschaft dran."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: