Schalke schlägt Paok Saloniki 3:2:Erfolgreich in die Champions League gegruselt

Schalke schlägt Paok Saloniki 3:2: Julian Draxler (rechts) und seine Teamkollegen jubeln: Es hat gerade so gereicht für die Champions Leagu.

Julian Draxler (rechts) und seine Teamkollegen jubeln: Es hat gerade so gereicht für die Champions Leagu.

(Foto: AFP)

Eine wackelige Defensive, aber immerhin ein Geistesblitz: Schalke 04 gewinnt gegen Paok Saloniki und qualifiziert sich für die Champions League - und das, obwohl der Bundesligist in Unterzahl agiert und einmal mehr eine erschreckend fehlerhafte Leistung zeigt.

Es war fast still in Saloniki. Kein Wunder, es waren ja kaum Menschen im Stadion. Im Grunde die passende Pointe zur Lage von Schalke 04: Im vielleicht wichtigsten Spiel dieser Saison, dem Playoff-Rückspiel um die Teilnahme an der Champions-League-Gruppenphase, herrschte bei 27 Grad eisiges Schweigen. Durch einen glücklichen 3:2 (1:0)-Sieg in Saloniki hatten sich die deutschen Gäste für die Gruppenphase der Champions League qualifiziert. Es dürfte ihnen egal gewesen sein, dass der Sieg nach einer weiteren gruseligen Leistung zustande gekommen war. "Wir machen es uns immer wieder selbst schwer", resümierte der merklich gestresste Schalker Trainer Jens Keller.

Die griechischen Fans, die wegen ihres Fehlverhaltens in der vergangenen Saison beim Spiel gegen Rapid Wien fernbleiben mussten, hatten nur eines tun können: Gut 90 Minuten vor der Partie folgten mehrere Hundert Fans dem Mannschaftsbus von Paok mit Motorrädern und Rollern und sorgten laut hupend für jede Menge Lärm. Während der Partie standen einige Saloniki-Fans auf einem anliegenden Wohndach, aber zu hören waren sie kaum.

Welches Team würde mit der unpersönlichen, gespenstischen Atmosphäre im Stadion besser zurechtkommen? Schalke begann forsch, schließlich mussten die Gäste in jedem Fall ein Tor erzielen. Nach einem Freistoß von Christian Fuchs musste Torwart Jacobo nach nur 120 Sekunden einen Kopfball von Jermaine Jones aus vier Metern mit dem Fuß entschärfen. Drei Ecken in den ersten fünf Minuten waren ein deutliches Zeichen für das Übergewicht des Bundesligisten.

Aber ein Foul der Griechen reichte, um den Schwung zu stoppen: Athanasiadis, der sich Klaus nennt, grätschte Höger im Mittelfeld weg (6.), und prompt wirkten die Schalker seltsam eingeschüchtert. Sie spielten nun - wie zuletzt - lieber einen Quer- oder Rückpass, wenn die offensivere Variante möglich gewesen wäre. Das genügte den Griechen, um die defensive Ordnung zu finden. Und jeder Schalker weiß aus jahrelanger Erfahrung: Wenn ein Team von Huub Stevens gut sortiert ist, ist es schwer, es durcheinanderzurütteln.

Hinzu kamen auf Gästeseite technische Mängel und Missverständnisse. Sinnbildlich eine Szene in der 19. Minute, als Jones den Ball in der Hälfte der Griechen nicht unter Kontrolle bekam und seinem Mitspieler Felipe Santana signalisierte, er möge den Ball übernehmen - als der Verteidiger nicht schnell genug rausrückte, musste Jones foulen (und eine gelbe Karte in Kauf nehmen), um einen Konter zu verhindern. Das war es, was Manager Horst Heldt meinte, als er vor der Partie unkte: "Wir bringen uns in Situationen, aus denen man nur schwer wieder herausfindet."

Einer, der Schalke dabei helfen sollte, war unverhofft zurück in der Startformation: Jefferson Farfán, Torschütze aus dem Hinspiel (1:1), spielte rechts vor Uchida, der am Samstag beim 1:2 in Hannover ebenfalls noch verletzt gefehlt hatte. Aber offenbar hatte Huub Stevens seinen Profis genau gezeigt, wie sie gegen diese Flügelzange bestehen könnten. Schalkes Plan A funktionierte nicht. Prompt fiel auf, dass es den Gästen wieder an Ideen, Tempo, Passhärte und Genauigkeit fehlte. Saloniki musste 40 Minuten lang nicht mehr tun, als solide die Räume zu schließen. Man hatte nie das Gefühl, dass sich eines dieser Teams für den wichtigsten europäischen Klub-Wettbewerb qualifizieren konnte.

Oder hatte sich Keller eine abgefeimte Anti-Huub-Stevens-Taktik einfallen lassen: einlullen und dann zuschlagen? In der 43. Minute schlug Jermaine Jones einen 50-Meter-Pass, der fast schon nach Verzweiflung aussah. Uchida sprang der Ball bei der Annahme am Strafraumeck wie üblich zu weit weg, aber dann legte er noch geistesgewärtig quer, wo Huntelaar-Vertreter Adam Szalai die Kugel in Stürmermanier irgendwie - aber legal - über die Linie schubste. So stand es 0:1.

Am Ende ein Befreiungsschlag

Aber nur zur Halbzeit. Und nun lautete die Frage: Könnten die defensiv notorisch unsicheren Schalker zu null spielen? Blitzschnell war die Frage beantwortet: ein verlorener Zweikampf im Mittelfeld, ein Pass in den Lauf von Klaus, ein satter Schuss an Hildebrand vorbei, schon stand es 1:1 (53.).

Wer würde nun für die notwendige Ordnung im Schalker Spiel sorgen und das Spiel an sich reißen? Vielleicht Jermaine Jones, der sich so gerne als Leitwolf geriert? Nein, der US-Nationalspieler verabschiedete sich bald (63.): Nach einem törichten Foul in einer ungefährlichen Zone sah er die gelb-rote Karte. Er beklagte sich nicht einmal, als er das Feld verließ.

Aber vielleicht war ja auch das nur Taktik. Denn prompt zeigte ein Schalker einen Geistesblitz: In der 67. Minute bediente der kurz vor dem Platzverweis eingewechselte Max Meyer, 17, mit einem feinen Steilpass Draxler, 19, der Torwart Jacobo umkurvte und zur erneuten Schalker Führung einschob. Nach diesem Assist wurde Meyer - nach acht Spielminuten und vier Ballkontakten - wieder ausgewechselt: Keller wollte die wacklige Defensive durch einen weiteren Sechser (Roman Neustädter) verstärken. Eine ebenso seltsame wie verständliche Maßnahme, schließlich waren die Griechen nur 60 Sekunden nach dem 1:2 zu einer Großchance durch Lucas gekommen, der über das Tor schoss.

Aber da bei den Schalkern nichts sicher ist, taten sich auch danach Freiräume auf, als hätten die Gäste nur noch fünf Feldspieler auf dem Platz. Santana leistete sich ein unnötiges Foul, das mit einem Freistoß und einem Kopfballtor von Katsouranis (79.) bestraft wurde. Stochs Schuss (82.) strich Zentimeter neben das Tor. Uchidas Rempler gegen Stoch im Strafraum blieb ungeahndet (85.).

Als die Nachspielzeit anstand, erlief Draxler einen Befreiungsschlag, dribbelte in den Strafraum und legte ab auf Szalai, der Schalke mit dem 3:2 das Tor zur Champions League öffnete.

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