Am Sonntag findet in Gelsenkirchen der Schalke-Tag statt. 100 000 Besucher werden erwartet und es wird keineswegs nur Freude herrschen in Bezug auf die neue Saison. Das wurde schon am Samstag klar, als fast 2500 mitgereiste Schalker Fans im Kehdinger Stadion in Drochtersen ein klares Bekenntnis abgaben. "Wir zeigen Rassismus die rote Karte", hieß es auf vielen hundert roten Pappen. Auf der Rückseite stand: "Wir zeigen Tönnies die rote Karte!" Das ist der Aufsichtsratsvorsitzende der Schalker, der sich Anfang der Woche quasi selbst für drei Monate beurlaubt hatte, nachdem er zuvor beim "Tag des Handwerks" in Paderborn mit rassistischen Äußerungen aufgefallen war. Man solle in Afrika Kraftwerke finanzieren, hatte er da empfohlen: "Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn's dunkel ist, Kinder zu produzieren." Viele Ultras sind dafür, ihren bisherigen Chef aus dem Verein auszuschließen.
Zumindest das erste Pflichtspiel der Schalker unter dem neuen Trainer David Wagner brachte erst einmal keine weitere Unruhe. 5:0 gewannen die Westfalen in der ersten Runde des DFB-Pokals beim niedersächsischen Regionalligisten SV Drochtersen/Assel. Gegen jenen Klub, der 2016 beim 0:1 gegen Borussia Mönchengladbach und im Vorjahr beim 0:1 gegen Rekordmeister FC Bayern "ein Dorffest feierte", wie Kapitän Sören Behrmann noch einmal zurückschaute. Wegen dieser Erlebnisse hatten viele Bewohner in dem 12 000-Seelen-Ort an der Elbe diesmal sogar von einer echten Sensation gegen den kriselnden Traditionsklub geträumt.
Doch der Traum dauerte nur bis zur 44. Minute. Da spielte sich Suat Serdar an der Torlinie durch, seinen Pass beförderte Steven Skrzybski ins Netz. Fortan bestimmten die Schalker das Spiel, die zuvor durchaus ihre Probleme mit den körperlich recht stabilen Norddeutschen gehabt hatten, deren Strukturen Wagner lobte. Deren Abwehr hatte fast alle Flanken abgefangen oder Torwart Patrick Siefkes war zur Stelle, Nur einmal war der Innenpfosten bei einem Schuss von Amine Harit im Weg. In der 48. Minute mussten die Bundesligaprofis dann noch einmal zittern: Da bugsierte Drochtersens Abwehrspieler Nico von der Reith einen Freistoß per Kopf ins Netz. 1:1? Nein, es war abseits.
"Die rote Karte gehört zum Fußball", sagt Sportvorstand Schneider
Danach spielte Schalke das Spiel vor 8000 Zuschauern (es waren wieder Zusatztribünen aufgestellt worden) recht humorlos und effektiv zu Ende, obwohl sie ja mit Ozan Kabak, Benito Raman, Salif Sané, Rabbi Matando, Mark Uth und Alessandro Schöpf auf ein halbes Dutzend möglicher Stammspieler verzichten mussten. Der in der vergangenen Saison nicht überzeugende Torjäger Guido Burgstaller traf zweimal (61. und 83. Minute). Daniel Caligiuri verwandelte einen Elfmeter zum 0:3 (65.). Harit war minimal berührt worden. Und das 0:4 erzielte der von Wagner eingewechselte Münir Mercan, ein 18-jähriges Talent aus der Schalker Knappenschmiede. Das war sicher ein Zeichen, dass Wagner die Arbeit der Nachwuchsabteilung schätzt.
Der neue Trainer, immerhin Mitglied der Schalker Uefa-Cup-Siegermannschaft von 1997, genannt "Euro Fighter", hatte offenbar auch die richtige Methode gefunden mit der "Causa Tönnies" umzugehen. Er hatte das Thema Anfang der Woche auch im Team thematisiert und hatte jedem Spieler die Möglichkeit gegeben, "Gehör zu finden, auch individuell". Und die Aktionen der Fans "respektiere" er. Nur Sportvorstand Jochen Schneider hat Tönnies` Verfehlungen ein bisschen relativiert. Die Fans hätten ein Statement gegen den Rassismus abgegeben, und dass sie mit Tönnies´ Äußerungen wenig einverstanden seien. "Die rote Karte gehört zum Fußball", meinte er. Aber nach einer Sperre könne man ja auch wieder spielen. Er warne vor Hetzjagden.
Was das Sportliche angeht: Zumindest gegen den einstigen Pokalschreck Drochtersen war die Mannschaft solide genug, um die Forderungen von Fans und Coach umzusetzen und die zweite Pokalrunde zu erreichen. Der Gegner habe sich sehr gewehrt, sagte Wagner, da komme es dann besonders auf die eigene Performance an. Und die, befand er, "war top".