Süddeutsche Zeitung

Schalke 04:Noch 16 Spieltage Nachspielzeit

Schalke nutzt die Vorlagen der Konkurrenz nicht - und schafft gegen Köln nur ein 0:0. Das verbessert die Aussichten im Kampf gegen den Abstieg kaum. Aber immerhin ein Defensiv-Zugang gibt Anlass zur Hoffnung.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Waaas, bloß drei Minuten? Thomas Reis und sein Assistent Marcus Gellhaus mochten es nicht fassen, als der vierte Schiedsrichter die Tafel für die Nachspielzeit hervorholte. Gesten des Entsetzens und des Unverständnisses folgten. Drei Minuten waren dem Schalker Chefcoach und seinem Assistenten viel zu wenig, sie verlangten mehr Spielraum, um noch diesen einen Treffer zu erzielen, den ihre Mannschaft während der zweiten Hälfte mit Eifer und noch mehr Übereifer zu erzielen versucht hatte. Aber ob Schalke noch ein Tor geschossen hätte, wenn das Spiel bis zur Tagesschau verlängert worden wäre?

An Mangel an Bemühen hat es nicht gelegen, dass der Tabellenletzte im Duell mit dem 1. FC Köln nicht über das 0:0 hinauskam, das den Kontostand unwesentlich und eher unzureichend verändert. Mangel an Cleverness im Strafraum und somit an Torgefährlichkeit war das Problem. Der 18. Spieltag hatte den Schalkern eine Vorlage geliefert, nachdem die Konkurrenten im Abstiegskampf allesamt verloren hatten, aber die Vorlage blieb ungenutzt: Mit dem Punkt waren nur die diesmal genügsamen Kölner zufrieden. Zumindest der harte Kern der Schalker Anhängerschaft ließ sich die Enttäuschung nicht anmerken. Als die Spieler vor die Nordkurve traten, empfing sie wärmender Applaus und aus Tausenden von Kehlen ein unverdrossener Schlachtruf: "Auf geht's Schalke, kämpfen und siegen".

An der Bereitschaft zum Kampf hatten die Zuschauer am Dienstagabend beim schmerzvollen 1:6 gegen Leipzig zweifeln müssen, diesmal gab es dazu keinen Anlass. Schalke kämpfte von der ersten bis zur letzten Minute um jeden noch so nutzlosen Ball, das genügte fürs Erste zur Versöhnung. Er habe "wahnsinnige Zweikämpfe gesehen", sagte Thomas Reis und meinte das anerkennend: "Ich bin froh, dass die Mannschaft zumindest intensiv gearbeitet hat." Sein Kollege Steffen Baumgart erklärte sich nicht überrascht, dass der FC nur selten in den Angriff fand und während der zweiten Halbzeit vorwiegend in der Verteidigung feststeckte: "Wir waren nicht die bessere Mannschaft, aber das haben wir auch nicht erwartet. Es war ein Duell auf Augenhöhe." Die Spielqualität schätzte der Kölner Trainer realistisch ein: "90 Minuten kompletter Abstiegskampf."

Kozuki und Zalazar sind im Abschluss nicht präzise genug

Um als Außenseiter doch noch in den Wettbewerb um den Klassenverbleib einzusteigen, hatte Schalke am Donnerstag bis auf Weiteres den Verteidiger Moritz Jenz, 23, unter Vertrag genommen. Der gebürtige Berliner war bisher bei Celtic Glasgow tätig und dort, Champions League inbegriffen, regelmäßig im Einsatz, musste aber wegen der Rückkehr vormals verletzter Stammspieler seinen Platz räumen. Am Sonntag stand Jenz anstelle des zuletzt überforderten Henning Matriciani sogleich in der Startelf und hinterließ einen auffallend versierten und abgeklärten Eindruck.

Dank seiner Hilfe stand die Abwehrreihe stabiler, was außer dem Nebenmann Maya Yoshida auch dem neuen Torwart zugutekam, der ein alter Bekannter ist: Ralf Fährmann, 34, feierte sein ungefähr 27. Comeback im Schalker Tor, er erhielt den Vorzug vor Alexander Schwolow, der auf die Bank rotierte, obwohl er zuletzt einen ordentlichen Job gemacht hatte. Fährmann sicherte seinen Posten einwandfrei, die Anforderungen blieben aber auch überschaubar.

Besser wurde das Schalker Spiel in der zweiten Hälfte vor allem durch die Rückkehr von Rodrigo Zalazar und Alex Kral. Ihre spielerischen Fähigkeiten verschafften einem bis dahin wild arbeitenden, aber planlos angreifenden Schalke Momente mit Torgefahr. Soichiro Kozuki und Zalazar hatten ihre Gelegenheiten, verpassten aber den präzisen Abschluss. "In der Situation, in der wir gerade sind, können wir jeden Punkt brauchen - aber wir müssen ins Gewinnen kommen", fasste Fährmann den Zwiespalt des 0:0 zusammen. Schalke setzte ein Lebenszeichen, aber ob es zum Überleben reicht? Noch gibt es eine Nachspielzeit von 16 Spieltagen.

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SZ/aum/bek
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