Schalke in der Champions League:Wenn der Puls nach oben rast

In 90 wilden Europacup-Minuten holt Schalke 04 ein 2:2 gegen den FC Arsenal. Dass sich die Schalker nach selbstverschuldetem Rückstand wieder aufrichten konnten, feiern sie als Zeichen für den gefestigten Geist der Mannschaft - nur Trainer Huub Stevens hat etwas zu knurren.

Hendrik Buchheister, Gelsenkirchen

Das Spiel zwischen Schalke 04 und dem FC Arsenal hatte gesundheitsgefährdenden Charakter, an dieser Erkenntnis konnte kein Zweifel bestehen, wenn man dem Schalker Manager Horst Heldt am späten Dienstabend zuhörte. Sein Puls habe sich "mal ganz oben und mal ganz unten" befunden, berichtete Heldt, und punktuell sei sein Herz "ganz tief nach unten gerutscht".

Es waren tatsächlich 90 wilde Europacup-Minuten, denen Heldt zusammen mit gut 54.000 Zuschauern im feierlich erleuchteten Fußballstadion von Gelsenkirchen beigewohnt hatte. 2:2 stand es am Ende, und auch wenn die Schalker einstimmig befanden, dass sie das Spiel durchaus hätten gewinnen können, war doch kein Abgeordneter der königsblauer Fraktion aufzutreiben, der sich über dieses Ergebnis beklagte: "Wenn man sieht, wie dieses Spiel gelaufen ist, dann können wir schon zufrieden sein", fasste Heldt die Schalker Stimmungslage zusammen.

Die Schalker begannen, als habe es das 2:3 gegen Hoffenheim am Wochenende nicht gegeben. Voller Vertrauen in die eigene Stärke setzten sie die Gäste aus dem Vereinigten Königreich unter Druck und kamen zu guten Chancen durch Christian Fuchs, Ibrahim Afellay und Benedikt Höwedes. Trainer Huub Stevens sprach hinterher von den "besten 17 Minuten, die wir in dieser Saison gespielt haben".

Die Schalker Dominanz wurde allerdings gebrochen von Arsenals Effizienz: In der 18. Minute nutzten die Londoner einen Fehler von Roman Neustädter zum 1:0 durch Theo Walcott, und acht Minuten später durfte Lukas Podolski ungehindert auf Olivier Giroud flanken, der ohne weitere Beachtung von Seiten der gegnerischen Verteidiger auf 2:0 erhöhte.

Schalker Aufbauhilfe

Die Schalker hatten also Aufbauhilfe geleistet für die Männer von Trainer Arsène Wenger, die nach einem 1:2 gegen Manchester United am Wochenende auf den siebten Platz der heimischen Hochglanzliga abgerutscht sind und auch in Gelsenkirchen bis zu Walcotts 1:0 kein Interesse daran signalisiert hatten, aktiv am Spiel teilzunehmen. "Wir haben Fehler gemacht, davon hat Arsenal profitiert", fasste Stevens die unheilvolle Spielentwicklung Schalker Sicht zusammen.

Nur kurz verharrten seine Profis allerdings im Schockzustand. Mit dem Pausenpfiff gelang Klaas-Jan Huntelaar der Anschluss, und in der 67. Minute traf Jefferson Farfan zum 2:2. Verteidiger Höwedes würdigte den Ausgleich als logische Folge der Schalker Mühen: "Wir haben nach dem 2:1 so viel Druck gemacht, dass das 2:2 verdient war", sagte er. Huntelaar hätte schon vorher zum Ausgleich treffen können, doch er scheiterte im Mann-gegen-Mann am Londoner Torhüter Vito Mannone.

Dass sich die Schalker nach selbstverschuldetem Rückstand wieder aufrichten konnten, feierten sie hinterher als Zeichen für den gefestigten Geist der Mannschaft: "Das spricht für unsere Mentalität", verkündete Afellay. Es belegt aber auch das gehobene Potenzial der Schalker, dass ihnen ihre Rückkehr ins Spiel gegen eine Mannschaft gelang, die zwar nicht mehr zur A-Prominenz des europäischen Fußballs gehört, dank Spielern wie Podolski, Jack Wilshere, Walcott oder Santi Cazorla aber immer noch über Glanz verfügt. "Ein 0:2 gegen Arsenal aufzuholen, ist gut", stellte Huntelaar fest.

Trotzdem hätten die Männer aus Gelsenkirchen fast noch verloren: In der Nachspielzeit rettete das Schienbein des mit Skepsis beobachteten Torhüters Lars Unnerstall den Schalkern gegen Walcott das Unentschieden. "Man freut sich natürlich, dass man der Mannschaft so helfen konnte, wie man sich das wünscht", sagte der 22 Jahre junge Tormann, doch er klang dabei eher, als sei gerade sein Wohnhaus niedergebrannt.

Auch Trainer Stevens nahm das Unentschieden nicht zum Anlass, einen Freudentanz im Pressesaal des Schalker Stadions aufzuführen. Seine Mannschaft bleibt Tabellenführer in Gruppe B und kann sich in den Spielen gegen Piräus und in Montpellier aus eigener Kraft für das Achtelfinale qualifizieren. Trotz der blendenden Ausgangslage wollte Stevens aber keine Prognose abgeben: "Njaach", knurrte er, "wir können. Aber ob wir es auch tun, ist eine andere Frage."

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