Schalke 04:Höwedes' Heimkehr ist nur eine Notlösung

FC Schalke 04: Benedikt Höwedes beim Training 2018

Ex-Weltmeister wieder da: Benedikt Höwedes im Schalker Training.

(Foto: imago)
  • Benedikt Höwedes hat den FC Schalke vor einem Jahr Richtung Juventus Turin verlassen.
  • Nach einer Saison voller Verletzungen kehrt er zu seinem Heimatklub zurück und jeder fragt sich: Bleibt er?
  • "Ich habe nichts zu sagen", merkt Höwedes dazu nur an.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

"Ich gehe als Spieler, aber ich bleibe als Fan", hatte Benedikt Höwedes vor einem Jahr der Schalker Gemeinde mitgeteilt, als er sich auf den Weg nach Italien machte. Das Fußballerleben schien es mit ihm zu diesem Zeitpunkt sehr gut zu meinen. Aufgrund der Differenzen mit dem neuen Schalker Trainer Domenico Tedesco, der seinen Stammplatz und seinen Status in Frage gestellt hatte, hatte der Nationalspieler kurz vor dem Schließen des Transferfensters entschieden, den Heimatklub in Gelsenkirchen zu verlassen und sein Glück woanders zu suchen.

Höwedes' Berateragentur "Sports Total" verschaffte ihm auf die Schnelle einen Job, der wie ein Traumjob klang. Sie brachte ihn beim italienischen Serienmeister Juventus Turin unter, und so brach der Verteidiger auf seine späten Tage, damals 29 Jahre alt, doch noch in eine internationale Karriere auf. Bis dahin hatte er alle Angebote, ob sie aus Mailand oder London gekommen waren, abgewiesen.

Seit Dienstag ist Höwedes, nun 30, wieder zurück auf Schalke, aber er ist nicht als Fan gekommen, sondern als Fußballprofi, der noch bis ins Jahr 2020 einen Arbeitsvertrag mit dem Bundesligaklub aus Gelsenkirchen unterhält, weshalb er jetzt wie verabredet die Trainingsarbeit aufgenommen hat. Keiner der Beteiligten ist darüber besonders froh. Das Jahr in Turin, der vermeintliche Hauptgewinn seiner Profikarriere, war wegen einer Serie von Verletzungen ein verlorenes und enttäuschendes Jahr, und die Rückkehr in den Klub seiner Kindertage ist keine Herzenssache, sondern eine Notlösung.

Beide Seiten, Verein und Spieler, wünschen die endgültige Trennung, das hat Manager Christian Heidel Anfang der Woche unzweideutig und wahrheitsgemäß klargestellt. Doch es ist ungewiss, ob sich ein geeigneter Zufluchtsort für den Verteidiger findet. Gespräche mit Interessenten laufen, aber der Verbleib auf Schalke, so heißt es, wird nicht ausgeschlossen.

Diese Vorstellung dürfte bei beiden Parteien ein ungutes Gefühl erzeugen. Höwedes verabschiedete sich bei seinem Aufbruch vor einem Jahr zwar freundschaftlich von den Anhängern, aber weniger freundlich vom Trainer, von dem er sich vertrieben fühlte. In seiner Erklärung widmete er Tedesco einen giftigen Nebensatz, das Verhältnis gilt immer noch als belastet - auch wenn beide Seiten versichern, sich im Laufe der Zeit verständigt zu haben.

Vielleicht wäre die Lage auch ein wenig entspannter, wenn Schalke nicht just in der Verteidigung besonders gut besetzt wäre. Schon in der Vorsaison fiel es Tedesco manchmal schwer, den freien Platz in der Dreierkette neben dem unentbehrlichen Naldo und dem sehr geschätzten Matija Nastasic (der kürzlich den Vertrag bis 2022 verlängerte) zu vergeben: Benjamin Stambouli und Thilo Kehrer kamen im ständigen Wechsel zu ihren Einsätzen, nun ist aus Hannover noch der potenzielle Stammspieler Salif Sané hinzugekommen.

Bei Juventus bestritt Höwedes nur ein Spiel über 90 Minuten

Höwedes kehrte im Rang des italienischen Meisters und Pokalsiegers in die Heimat zurück, es gibt Fotos, auf denen er freudestrahlend die Trophäen präsentiert. Dennoch ist es für ihn sportlich ein katastrophales Jahr gewesen. Muskelblessuren begleiteten ihn durch die komplette Saison. Lediglich drei Einsätze bestritt er in der Serie A, der 90-Minuten-Einsatz Mitte April im Spitzenspiel gegen den SSC Neapel bildete den Höhepunkt seiner italienischen Karriere. Allerdings ging die Partie 0:1 verloren - und anschließend zog sich Höwedes gleich wieder die nächste Verletzung zu. Juventus Turin verzichtete folgerichtig darauf, aus dem Leihgeschäft einen Kaufhandel zu machen.

Nachdem er zunächst abseits der Mannschaft die Arbeit aufgenommen hatte, reihte er sich am Donnerstag in den Kader ein. Das Publikum und die Kollegen haben ihn freundlich begrüßt, aber die Bitte um eine Stellungnahme zu seinen Zukunftsplänen wies er höflich zurück: "Ich habe nichts zu sagen", erklärte Höwedes. Womöglich wird es in den nächsten Wochen aber noch mehr Gesprächsstoff geben, als den Beteiligten recht ist.

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