Nachmittags, als Bayern München in Leverkusen patzte und Borussia Dortmund in Frankfurt nur Unentschieden spielte, saßen die Fußballer von Borussia Mönchengladbach im Hotel gerade beim "Pre-Match-Meal", wie Lars Stindl hinterher erzählte. Gladbachs Kapitän sagt eigentlich lieber "Mittagessen" dazu. Wie man die Mahlzeit auch nennen mag, während ihrer Einnahme haben die Gladbacher am Fernseher gesehen, dass dieser Spieltag der ihre werden könnte. Abends, im Gastspiel bei Schalke 04, nutzten sie dann die Gunst der Stunde. Doch bis dahin war es ein langer Weg - trotz halbstündiger Überzahl, wegen einer roten Karte für Schalke-Torwart Alexander Nübel. Erst fünf Minuten vor Schluss traf Christoph Kramer zum 1:0, Florian Neuhaus erhöhte in der 90. Minute.
Zwei Eingewechselten verdankt Gladbach den 2:0 (0:0)-Sieg, durch den die Borussen mit dem besseren Torverhältnis den zweiten Tabellenplatz vor dem FC Bayern München einnahmen. Der Rückstand zum Tabellenführer Dortmund beträgt sieben Punkte, ihr Vorsprung vor dem fünften Platz zehn Punkte. "Wir sind ganz gut unterwegs Richtung Champions League", sagte Kramer. Der Titel ist allerdings eine andere Sache: "Mich würd's aber wundern, wenn Dortmund nicht Meister wird", sagte der Innenverteidiger Matthias Ginter. Klare Verhältnisse also bei den Gladbachern.
1:3-Niederlage gegen Leverkusen:Bayerns Schock nach der Pause
Rückschlag im Kampf um die Meisterschaft: Trotz einer starken ersten Halbzeit unterliegt der FC Bayern in Leverkusen. Trainer Niko Kovac kritisiert das taktische Verhalten seiner Spieler.
Klare Verhältnisse auch bei Schalke, das zwar zehn Punkte Vorsprung vor dem ersten direkten Abstiegsplatz hat, das aber nach zuvor sieben Punkten aus drei Spielen keinen weiteren Boden im unteren Mittelfeld gutmachen konnte. "Wir haben viel Aufwand betrieben und dafür zu wenige Torchancen erarbeitet", sagte Trainer Domenico Tedesco und machte die rote Karte für den Torwart in der 59. Minute als Anfang vom Ende aus. "Diese Szene war spielentscheidend", so Tedesco. Nach dem Spiel kam noch die Nachricht, dass für Alessandro Schöpf die Saison vorzeitig beendet ist. "Er fällt vier Monate aus - Saisonende", sagte Tedesco. Der Österreicher hatte beim 2:2 vor einer Woche bei Hertha BSC Berlin einen Außenbandriss im linken Knie erlitten. "Wir wollten es eigentlich kleben, aber da war kein Band mehr, es war zerfetzt", berichtete der Schalker Coach. Ursprünglich waren die Königsblauen davon ausgegangen, dass Schöpf acht bis zehn Wochen ausfällt.
"Hier regiert der S04", hatten die Schalker Fans in der ersten Halbzeit skandiert. Diese Behauptung war nicht nur grammatikalisch fragwürdig, sondern vor allem inhaltlich. Die Gladbacher, die sich anfangs auch nicht gerade für einen Treffer zerrissen, diktierten das Spiel zunächst aber auf eine Art, die zeigte, warum der Verein in der Winterpause keinen neuen Spieler geholt hatte. Schalke hingegen spielte in einer Manier, aus der ebenfalls verständlich wurde, warum der Verein mit dem Wolfsburger Abwehrmann Jeffrey Bruma und Flügelstürmer Rabbi Matondo (Manchester City) zwei neue Fußballer verpflichtet hatte. Die beiden saßen zunächst allerdings auf der Bank und erhielten von dort aus nicht gerade den attraktivsten Eindruck von ihrer neuen Mannschaft.
Freude beim Post-Match-Meal
Zur Ehrenrettung der Schalker - denen die verletzten Alessandro Schöpf, Benjamin Stambouli, Steven Skrzybski, Breel Emobolo und Guido Burgstaller fehlten - sei allerdings folgende Episode erzählt: Fünf Minuten vor der Pause strich ein Freistoß von Daniel Caligiuri derart knapp ans Außennetz, dass die Stadionregie bereits den elektronischen Torjubel einspielte. "Tor, Tor, Tor", schallte es durch die Arena, bis die Euphorie plötzlich abbrach und spöttische Reaktionen aus dem Gladbacher Fanblock provozierte.
Der Wettstreit zweier halbwegs uninspirierter Mannschaften erhielt in der 59. Minute eine interessante Komponente, weil die Schalker ab sofort ohne ihren Torwart Nübel und nur noch zu zehnt spielen mussten. Gladbachs Stindl hatte einen Freistoß auf Höhe der Mittellinie sehr schnell, sehr weit und für die Schalker offenbar zu überraschend auf den Stürmer Thorgan Hazard geschlagen, der knapp außerhalb des Strafraums dem herauseilenden Nübel begegnete und von diesem zu Fall gebracht wurde. Das wertete der Schiedsrichter Marco Fritz trotz dreier mitgelaufener Schalker als Notbremse und schickte Nübel vom Platz. Nachdem für den neuen Torwart Ralf Fährmann der Feldspieler Yevhen Konoplyanka ausgewechselt worden war, lupfte Hazard den Gladbacher 17-Meter-Freistoß irgendwie seltsam übers Tor (63.). Als zehn Minuten später Stindl von ungefähr derselben Stelle noch einen Freistoß schießen durfte, parierte Fährmann artistisch.
Erst in der 75. Minute wurde auf Schalker Seite für Sebastian Rudy der Waliser Matondo eingewechselt. Der neun Millionen Euro teure Waliser soll helfen, Schalkes Offensivprobleme zu lösen, doch in der 85. Minute hatte Matondo ein ganz anderes Problem: Der Rechtsaußen verteidigte gegen Gladbachs Hazard, tänzelte aber eher, anstatt den Belgier an jener Flanke zu hindern, die im Zentrum Kramer volley direkt zum 1:0-Siegtreffer einschoss. Schalkes Impuls, diesen Rückstand noch ausgleichen zu können, eröffnete den Gladbachern weitere Räume zum 2:0 durch Neuhaus. "Die Mannschaft hat sehr souverän gespielt", lobte ihr Trainer Dieter Hecking und wirkte rundum zufrieden über diesen dritten Zu-Null-Sieg in Serie. Das "Post-Match-Meal" dürfte durchaus eine fröhliche Veranstaltung gewesen sein.