Schalke gewinnt 2:1 in Hamburg:Huntelaar schnippt den Ball mit der Hacke

Der HSV dominiert das Spiel, Klaas-Jan Huntelaar macht die Tore: Dank seines holländischen Stürmers gewinnt Huub Stevens auch das zweite Spiel seiner zweiten Amtszeit auf Schalke. Der HSV ist nach der Pleite Tabellenletzter - und will nun schnell einen neuen Trainer verpflichten. Ex-Profi Sergej Barbarez bringt sich selbst ins Gespräch.

Carsten Eberts

Die Begrüßung zwischen Schalkes neuem Trainer Huub Stevens und HSV-Sportdirektor Frank Arnesen fiel ausgesprochen herzlich aus. Es gab ja diverse Gerüchte um atmosphärische Störungen zwischen den beiden Männern: Stevens soll enttäuscht gewesen sein, dass Arnesen ihm kürzlich nur einen Vertrag bis zum Saisonende anbieten wollte. Arnesen wiederum fiel offenbar fast vom Stuhl, als Stevens ihm freimütig erklärte, dass er nebenbei auch mit Schalke 04 verhandelt.

Hamburger SV - FC Schalke 04

Zwei Tore für Schalke - und für Huub Stevens: Klaas-Jan Huntelaar (Mitte).

(Foto: dapd)

Aber nein, Stevens und Arnesen hatten sich wieder lieb. Die geplatzten Verhandlungen? Vergessen. Sie herzten einander, lachten sogar - zumindest vor dem Spiel. Nach der Partie lachte nur noch einer: Huub Stevens. In einer umkämpften Partie hatte der HSV zwar lange Zeit mehr vom Spiel, dank zweier wunderschöner Treffer von Klaas-Jan Huntelaar (13., 73.) gewann am Ende jedoch Schalke 2:1 (1:1). "Ich hatte Huub Stevens noch nie als Trainer erlebt, aber wir hatten zwei Spiele und haben beide gewonnen", erklärte Torschütze Huntelaar vielsagend.

Es war natürlich dennoch eine besondere Pointe, dass Stevens bei seinem ersten Bundesliga-Spiel für Schalke 04 seit neun Jahren ausgerechnet beim HSV antreten musste. Bei jenem Klub, den er vor vier Jahren ebenfalls erfolgreich trainiert hatte. "Es tut mir leid, dass der HSV unten reingerutscht ist", sagte Stevens nach dem Spiel: "Aber das erste Spiel mit Schalke wollte ich unbedingt gewinnen."

HSV-Barde Lotto King Karl sang noch "Hamburg meine Perle", als Schiedsrichter Knut Kircher das Duell anpfiff. HSV-Interimscoach Rodolfo Cardoso setzte diesmal auf Paolo Guerrero als zweiten Stürmer neben Mladen Petric, ebenfalls wieder dabei war Zhi Gin Lam, Cardosos Entdeckung vom Sieg in Stuttgart. Defensivtaktiker Stevens hingegen zeigte, dass er durchaus gewillt ist, offensiven Sport zu zelebrieren: Lewis Holtby, Jefferson Farfán, Raúl, José Jurado und Klaas-Jan Huntelaar waren immerhin fünf offensive Kräfte in der Schalker Startelf.

Dies sollte sich auszahlen, bereits in der 13. Minute. Über die rechte Seite spielten Farfán und Marco Höger die Hamburger Defensive aus, Högers weite Flanke landete schließlich auf dem Kopf von Huntelaar. HSV-Abwehrmann Jeffrey Bruma irrte gewaltig umher, Torwart Jaroslav Drobny blieb wie verwurzelt stehen - und Huntelaar köpfte den Ball überlegt ins lange Eck.

Der HSV reagierte wenig geschockt. Nur eine Minute nach Huntelaars Treffer hätte der Klub ausgleichen können - doch Mladen Petric, der noch vor gar nicht allzu langer Zeit ein höchst treffsicherer Stürmer war, trat frei vor dem Schalker Tor am Ball vorbei. Hamburg drückte dennoch: Vor allem über Gökhan Töre, den 19-jährigen Deutsch-Türken, den Arnesen von der Reserve des FC Chelsea mitgebracht hatte. Töre ist ein schneller Spieler, kräftig und fintenreich zugleich - und damit definitiv das Überraschendste, was der HSV derzeit zu bieten hat.

Am Ausgleich in der 38. Minute war Töre jedoch nicht beteiligt. Nach einem Katastrophen-Fehler von Benedikt Höwedes im Mittelfeld lief Lam mit dem Ball davon, spielte in den Lauf von Petric, der diesmal nicht vorbeitrat, sondern den Ball irgendwie an Fährmann vorbei ins Schalker Tor schummelte. Petric schrie seine Erleichterung heraus, entledigte sich seines Trikots, sah dafür vom Schiedsrichter natürlich Gelb. Doch egal: Das Ende einer Torflaute muss schließlich zelebriert werden.

Kandidat Barbarez?

Dann war Halbzeit - und es bot sich kurz Zeit, einen Blick auf die Trainersuche beim HSV zu werfen. Der Klub bemüht sich zwar weiterhin um eine Arbeitserlaubnis für Interimscoach Rodolfo Cardoso, der jedoch keine Fußballlehrer-Lizenz besitzt - und für diesen Fall sind die Statuten der Deutschen Fußball-Liga (DFL) eindeutig: 15 Werktage darf ein minderqualifizierter Trainer eine Mannschaft übernehmen, bis dahin muss der Klub eine andere Lösung gefunden haben. Diese Frist läuft in dieser Woche ab.

Einer, der immerhin die erforderliche Lizenz hätte, ist Sergej Barbarez. Und der lässt keine Gelegenheit aus, sich für den vakanten Posten ins Gespräch zu bringen. "Ich will kein Bewerbungsvideo schicken, sondern einfach sagen, dass ich sehr zu diesem Verein stehe und auch viele Emotionen für diesen Verein habe", sagte der Bosnier in der Halbzeitpause: "Was am Ende kommt, wird man sehen. Ich hatte ein kleines Gespräch mit Frank Arnesen."

Stevens brachte zu Beginn der zweiten Halbzeit Julian Draxler für Farfán. Den Schwung aus der ersten Hälfte nahm jedoch zunächst der HSV mit. Schon in der 47. Minute kam der agile Töre im Strafraum zum Schuss, sein Ball konnte jedoch in letzter Sekunde abgeblockt werden.

Drei Minuten später stand wieder Töre im Mittelpunkt: An der Eckfahne stibitzte er Christoph Metzelder den Ball, nahm dem trägen Schalker Abwehrchef auf den folgenden fünf Metern drei Meter ab, sprintete in den Strafraum, legte auf Guerrero ab und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Weil Guerrero das Tor knapp verfehlte.

Für die letzte halbe Stunde modifizierten beide Trainer noch einmal ihr Personal. Stevens brachte Jermaine Jones für Holtby, beim HSV ersetzte Heung Min Son den glücklosen Guerrero, außerdem brachte Cardoso Romeo Castelen für Lam.

Es traf jedoch erneut: Klaas-Jan Huntelaar. Fuchs brachte eine scharfe Flanke in den Strafraum, Huntelaar schnippte den Ball wunderschön mit der Hacke ins Hamburger Tor. Es war das bereits 15. Pflichtspieltor des Holländers in dieser Saison - weniger Chancen für seine Tore braucht in der Bundesliga derzeit keiner. Außer Mario Gomez vielleicht.

Es blieb beim 2:1 für Schalke, Stevens strahlte, sein Team hätte gar noch höher gewinnen können, doch Draxler verlor knapp vor dem Tor kurzzeitig die Nerven (83.). Der HSV hingegen blieb im achten Heimspiel in Serie sieglos - und ist weiterhin Tabellenletzter. "Wir sind enttäuscht von diesem Spiel", sagte Cardoso, der noch eine weitere schlechte Nachricht erhielt: Arnesen kündigte an, dass am 16. Oktober gegen Freiburg ein neuer Trainer auf der Bank sitzen werde.

"Wir haben nicht bis Weihnachten Zeit. Beim nächsten Spiel wird ein Trainer mit Lizenz auf der Bank sitzen", sagte der Sportchef, ohne Namen zu nennen. Cardoso reagierte verschnupft: "Man hat noch nicht mit mir gesprochen. Wenn ich die Möglichkeit habe, nächstes Jahr wieder reinzukommen, werde ich den Trainerschein machen", sagte der Argentinier.

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