Süddeutsche Zeitung

Schalke verliert:Leicht verbessert und doch haushoch unterlegen

Auch gegen Leipzig ist Schalke 04 chancenlos. Neben vier Gegentoren muss das Team von Manuel Baum zwei Verletzte beklagen.

Von Javier Cáceres, Leipzig

Zu den längsten Serien der Welt gehören "Die Simpsons". Jene Zeichentrickserie aus den USA, in der Homer Simpson erstaunliche Sinnsprüche von sich gab. Zum Beispiel jenen, den er seiner Frau mal entgegengeschleudert hat: "Theoretisch, Marge, theoretisch funktioniert auch der Kommunismus." Theoretisch hat der FC Schalke 04 eine gute Fußballmannschaft. Und man wird es kaum glauben, sie zeigten es am Samstagabend sogar eine Zeit lang. Bis sie dann eben doch einbrachen und am Ende bei der völlig überlegenen Mannschaft von RB Leipzig mit 0:4 verloren.

Die Assoziation mit den Serien wecken die Schalker, weil sie nun schon 19 Spiele ohne Sieg aneinandergereiht haben. Oder, wie es das Magazin 11Freunde dieser Tage formulierte: "Die Mann­schaft hat zum letzten Mal vor acht Monaten ein Pflicht­spiel gewonnen, als noch nie­mand wusste, wer Chris­tian Drosten ist." Zuletzt sorgten ein 0:8 beim FC Bayern München sowie ein 1:3 gegen Werder Bremen für die Absetzung von Trainer David Wagner; er wurde durch Manuel Baum ersetzt. Fortune brachte das nicht. Lediglich einen Wetterumschwung, der so kurz war wie die Windböen, die kurz vor Beginn der Partie daran erinnerten, dass es ein lauer Herbsttag war, an dem Schalke die dritte Saisonniederlage kassierte - und die Gegentore zwölf bis fünfzehn schlucken musste.

Eine gute halbe Stunde lang schienen die Schalker von der Idee angetan zu sein, zu zeigen, dass jede Ähnlichkeit mit den Schalker Spielern der letzten Wochen und Monate rein zufällig und nicht beabsichtigt war. Die Schalker präsentierten sich konzentriert und aggressiv, auf Defensive bedacht und doch nicht verbarrikadiert wie eine Catenaccio-Truppe, auch wenn sie keine Chancen herausspielten. Es dauerte eine gute halbe Stunde, bis die Leipziger, die ohne nominellen Mittelstürmer angetreten waren, eine erwähnenswerte Chance hatten: Nach einer Hereingabe von Christopher Nkunu (16.) scheiterte Angeliño.

"Wir haben heute richtig Spaß gehabt"

Doch mit der neuen Schalker Stabilität war es vorbei, als sich das ereignete, was die Schalker schon beim Spiel in München erlebt hatten: Nach 20 Minuten musste Suat Serdar wegen einer Muskelverletzung vom Platz. Und das führte dazu, dass die Statik verloren ging, und die geduldig, kreativ und temporeich gegen die Schalker anspielenden Leipziger in höherer Frequenz zu Torgelegenheiten - und zu Treffern kamen.

Es hatte etwas Tragisches, dass ausgerechnet Serdars junger Ersatzmann, der 19-jährige Mittelfeldspieler Can Bozdogan, sich für die Leipziger Führung verantwortlich zeichnete. Bozdogan schlug einen Querpass von Emil Forsberg ins eigene Netz (31.), allerdings in Bedrängnis und ohne wirkliche Alternative. Nur fünf Minuten später war es Angeliño, der völlig freistehend eine Flanke von Christopher Nkunku per Kopf ins Tor wuchtete. Und in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit baute Willi Orban, ebenfalls per Kopf, einen Vorsprung aus, der auch hätte höher sein können.

Zur Pause sah sich Trainer Baum gezwungen, Torwart Ralf Fährmann aus dem Tor herauszunehmen und den gerade erst bei Eintracht Frankfurt ausgeliehenen Dänen Frederik Rönnow hineinzustellen. Fährmann soll über muskuläre Probleme geklagt haben. Zudem kam Vedad Ibisevic für den blassen Gonçalo Paciencia.

Halstenberg trifft und kniet nieder

In der 53. Minute hatte Schalkes Bozdogan vor dem Leipziger Tor eine gute Szene, als er mit einem Linksschuss vom Strafraum den ungarischen RB-Keeper Peter Gulacsi zu einer Glanztat zwang. Das war in der ganzen Partie im Grunde die einzige gefährliche Aktion der Schalker. An der Dynamik der Partie änderte das freilich nichts. Die Leipziger spielten ihr Spiel souverän herunter, hatten durch Amadou Haidara (58.) die erste Chance und bereiteten dem neuen Keeper Rönnow durch Dani Olmo (63.) und einen Freistoß von Nkunku (66.) die Gelegenheit, sich auszuzeichnen.

Doch dann musste er sich in der 80. Minute doch geschlagen geben. Marcel Halstenberg verwandelte einen Handelfmeter, den Matija Nastasic verursacht hatte. Für Halstenberg war das ein emotionaler Moment. Er hatte in der Vorwoche wegen eines Trauerfalls in der Familie gefehlt, kniete nieder und deutete in den Himmel. Es war der einzige Moment der Einkehr. "Wir haben heute richtig Spaß gehabt", sagte Emil Forsberg. "Man hat gesehen, dass wir Bock hatten", sagte Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann.

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