Bundesliga:Schalke gesteht sich die Not ein

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Ozan Kabak ist derzeit eher wirtschaftlich als sportlich wertvoll für Schalke. (Foto: Tim Rehbein/RHR-Foto/imago images)

Der FC Schalke 04 erhält eine Landesbürgschaft in Höhe von angeblich rund 40 Millionen Euro, zudem könnte ein Wechsel von Ozan Kabak Geld bringen. Doch die Lage in Gelsenkirchen bleibt bedenklich.

Von Ulrich Hartmann, Gelsenkirchen/München

Die Sache mit der Bürgschaft scheint den Verantwortlichen vom FC Schalke 04 durchaus unangenehm zu sein. Das ist zwischen den sechs Zeilen einer prägnanten Pressemitteilung vom Dienstag schnell zu erkennen: Man bestätige die Zusage des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums für die Erteilung einer Landesbürgschaft. Man habe diese Bürgschaft beantragt, weil man nicht anders behandelt werden wolle als Unternehmen anderer Wirtschaftsbereiche. Man sei sich der Verantwortung angesichts solch einer Bürgschaft bewusst. Darüberhinaus gewähre man keine Auskünfte. Ende der Durchsage.

Knapp 200 Millionen Euro betrugen Anfang des Jahres die Verbindlichkeiten des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04. Die Bürgschaft könnte dem Vernehmen nach an die 40 Millionen Euro heranreichen. Knapp 124 Millionen Euro hat der Klub im Kalenderjahr 2019 an seine vornehmlich fußballerisch tätigen Angestellten ausbezahlt. Sowohl in der Saison 2018/19 als auch in der Saison 2019/20 haben diese Fußballer den Einzug in einen lukrativen Europapokal-Wettbewerb verpasst. Ausgaben und Einnahmen standen in keinem guten Verhältnis. Kein Wunder, dass der Klub beim Eingeständnis einer wirtschaftlichen Notlage einsilbig wird.

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Dramatisch ist die ohnehin schwierige Lage ab März geworden, als wegen des Corona-Lockdowns erst gar keine Spiele mehr stattfinden konnten und ab Mai nur welche ohne Zuschauer. Etwa zwei Millionen Euro an Einnahmen pro Heimspiel sind den Schalkern dadurch entgangen. Vorstandsmitglied Alexander Jobst hatte von einer "potenziell existenzbedrohenden Lage" gesprochen.

Wer sich wundert, dass das Land Nordrhein-Westfalen einem auf Risiko gebürsteten Fußballklub mit einer neunstelligen Gehaltsstruktur eine Bürgschaft gewährt, könnte sich von der Landesregierung beruhigen lassen. Aufgrund des Bürgschaftsgeheimnisses dürfe man zwar keine Auskünfte geben, teilt das Finanzministerium mit, der Schalker Bürgschaftsantrag habe aber dem "erprobten und bewährten, mehrstufigen Prüfungsverfahren" standgehalten. Damit wurde dem Schalker Ansinnen, genauso behandelt zu werden wie vergleichbare Wirtschaftsunternehmen, offenbar Genüge getan.

Am kommenden Montag steigen die Schalker wieder ins Training ein, am kommenden Mittwoch sowie am übernächsten Dienstag finden in ihrer Arena dann zwei Europa-League-Spiele statt, aber damit haben sie sportlich nichts zu tun. Im Rahmen der in Nordrhein-Westfalen ausgetragenen Endrunde der Europa League treffen in Gelsenkirchen zunächst Inter Mailand und der FC Getafe in einem Achtelfinal-Spiel aufeinander, danach dann die Sieger der Duelle Wolfsburg - Donezk und Frankfurt - Basel. Nach den Hinrunden-Heimniederlagen beider deutscher Klubs im Achtelfinale könnte es mit einem deutschen Duell auf deutschem Boden im Viertelfinale allerdings schwierig werden.

Schwierig bleibt die Lage auch auf Schalke, finanziell wohl ebenso wie sportlich. Gerüchte besagen, der FC Liverpool habe Interesse am Innenverteidiger Ozan Kabak, 20, was angesichts einer zweistelligen Millionen-Ablöse zwar wirtschaftlich positiv wäre, sportlich aber negativ. Kabak, der vor einem Jahr für 15 Millionen Euro vom VfB Stuttgart zu Schalke gewechselt war, könnte nun mehr als 30 Millionen Euro erlösen und käme dann seinem einst noch bei Galatasaray Istanbul geäußerten Fußballtraum nahe, einmal gemeinsam mit seinem Idol Virgil van Dijk zu spielen. Der 80-Millionen-Euro-Mann aus den Niederlanden ist Liverpools Abwehrchef.

Kabak wäre ein weiterer Jungprofi, der die Schalker verließe. Deren Finanzprobleme wirken umso bedenklicher, wenn man auflistet, wen sie zuletzt alles verkauft haben: 2011 Manuel Neuer für 30 Millionen Euro an den FC Bayern München, 2015 Julian Draxler für 43 Millionen an den VfL Wolfsburg, 2016 Leroy Sané für 52 Millionen an Manchester City, 2018 Thilo Kehrer für 37 Millionen an Paris Saint-Germain und 2019 Breel Embolo für elf Millionen an Borussia Mönchengladbach. Sead Kolasinac (FC Arsenal), Max Meyer (Crystal Palace), Leon Goretzka und Alexander Nübel (beide FC Bayern München) mussten sie hingegen ablösefrei ziehen lassen. Geholfen haben all die Abschiede offenbar wenig: sportlich schon mal gar nicht - und wirtschaftlich auch nur bedingt.

© SZ vom 29.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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