2:1 gegen Hertha BSC:Stimmungswandel auf Schalke

FC Schalke 04 - Hertha BSC

Die Bauchlandung vermieden: Durch ein Tor von Max Meyer (l.) in der Nachspielzeit gewinnt Schalke gegen lange dezimierte Berliner.

(Foto: Maja Hitij/dpa)

Von Jörg Strohschein, Gelsenkirchen

Vladimir Darida und Sascha Riether hielten schon einen gemütlichen Plausch. Beide hatten sich offenbar schon völlig losgelöst von den Geschehnissen, die nur wenige Minuten zuvor die rund 61.500 Zuschauer in der Gelsenkirchener Arena geradezu in Ekstase versetzt hatten.

Max Meyer hatte in der Nachspielzeit und damit in letzter Sekunde den 2:1-Siegtreffer für den FC Schalke 04 erzielt, der den dritten Platz des Ruhrgebietsklubs in der Bundesliga festigte und Hertha BSC eine äußerst unglückliche Niederlage zufügte. Doch dafür schienen sich der Schalker Riether und Berliner Darida kaum noch zu interessieren.

Während die beiden Profis im Spielertunnel womöglich über gemeinsame Freiburger Zeiten plauderten, war die Begeisterung im Hintergrund noch lange nicht abgeebbt. Die Menschen im Stadion waren noch voller Emotionen und sangen weiterhin aus voller Kehle Schalke-Lieder. Sie wollten nicht nach Hause gehen und konnten ihr Glück kaum fassen - wohl auch, weil der Oktober in den vergangenen Jahren beinahe schon traditionell der Zeitpunkt war, an dem es am Schalker Markt kriselte und die jeweiligen Trainer in die Kritik gerieten.

Mutige Berliner

Doch davon ist André Breitenreiter derzeit weit entfernt. "Das war ein verdienter Sieg, auch wenn er bei einem so späten Treffer natürlich glücklich ist", sagte der Trainer der Schalker. Breitenreiter hat beim Ruhrgebietsklub nicht nur für bessere Ergebnisse gesorgt, sondern auch einen überraschenden Stimmungswandel vollbracht.

Trotz der wenig unterhaltsamen Darbietung feierten die Anhänger ihr Team schon in der ersten Hälfte geradezu übertrieben euphorisch, so als würde es kurz davor stehen, die Meisterschaft zu gewinnen. Dabei war es ein äußerst mühsames und keineswegs hochklassiges Spiel der Schalker, die sich mutigen und forschen Berlinern gegenübersahen.

Die Hertha zeigte die reifere Spielanlage, bis Angreifer Vedad Ibisevic es nach 18 Minuten mit seinem Einsatz deutlich übertrieb und nach einem heftigen und hinterhältigen Tritt gegen Max Meyer von Schiedsrichter Marco Fritz die rote Karte gezeigt bekam.

Wer danach allerdings dachte, die Schalker würden ihre numerische Überzahl auch in eine spielerische Überlegenheit verwandeln, sah sich getäuscht. Flanken in den Hertha-Strafraum und Standardsituationen waren wenig einfallsreiche Mittel, derer sie sich bedienten. Einmal immerhin sollte sich diese Vorgehensweise auszahlen. Benedikt Höwedes nutzte nach 26 Minuten einen Eckball von Johannes Geis per Kopf zur Führung.

Schalke bringt sich selbst in die Bredouille

Den Berlinern war nicht anzusehen, dass sie über 70 Minuten in Unterzahl agieren mussten. Durch ihren erhöhten Laufaufwand glichen sie ihre numerische Unterlegenheit aus. Allerdings reichte die Kraft nur selten aus, ihre Angriffsbemühungen in Torchancen zu verwandeln.

"Glückwunsch auch an meine Mannschaft", sagte Hertha-Coach Pal Dardai, der sichtlich angetan war von der kämpferischen Einstellung seiner Spieler. "So lange in Unterzahl zu spielen, ist sicher nicht einfach." Und die Schalker? Die veränderten ihr Spiel kaum, kamen allerdings zu einem halben Dutzend guter bis bester Gelegenheiten, unter anderem durch Goretzka, Geis und Choupo-Moting.

Dennoch wirkten sie nie ganz sattelfest. "Wir haben immer einen Schritt zu wenig gemacht und dachten, es geht schon so. Es ging aber nicht", sagte Höwedes. Die Berliner sahen ihre Chance auch aufgrund der Schalker Nachlässigkeiten gekommen und mobilisierten ihre letzten Kräfte, irgendwie doch noch den Ausgleichstreffer zu erzielen. Nach 67 Minuten waren sie bei einem Pfostentreffer von Mitchell Weiser auch schon einmal nah dran, ehe sechs Minuten später Salomon Kalou nach einem Konter per Kopf zum 1:1 verwandelte. Schalke hatte es Ralf Fährmann zu verdanken, dass das Team nicht sogar in Rückstand geriet: In der 83. Minute parierte der Torwart einen Kopfball von Lustenberger aus kürzester Distanz mit einem Blitzreflex.

Hertha läuft in einen Schalker Konter

Was danach passierte, beschrieb Dardai mit der "Unerfahrenheit meiner Spieler. Sie wollten das Spiel offenbar noch gewinnen, dabei hätten sie es besser ausspielen müssen. Aber daraus werden wir lernen", sagte er. Zunächst gestatteten die Berliner dem Schalker Max Meyer ein 1-gegen-1-Duell mit Hertha-Keeper Jarstein, das dieser für sich entschied (88.). Dann liefen die Gäste tatsächlich in der Nachspielzeit in einen Konter der Schalker, den Meyer nach Zuspiel von Leroy Sané zum umjubelten Siegtreffer verwandelte.

Während die Hertha jetzt "mit einer leeren Tasche zurück nach Berlin fährt", wie Dardai anmerkte, können die Schalker erst einmal durchatmen. André Breitenreiters Team muss sich in den kommenden Wochen unter anderem mit Mönchengladbach, Dortmund und dem FC Bayern messen. Um die Tabellenposition zu behaupten, werden sich die Schalker steigern müssen.

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