Der Wintertransfermarkt hat im Profifußball einen ähnlich glamourösen Ruf wie der Einzelhandel für gebrauchte Elektroprodukte im Bahnhofsviertel. Entweder, so lautet die Branchenregel, sind die Spieler im Winter aus guten Gründen billig zu haben - oder sie werden zu Preisen gehandelt, die ein Fall für die Sendung "Nepper, Schlepper, Bauernfänger" wären. Dass Manager Horst Heldt im Januar auf seiner Einkaufstour nicht mal die Hälfte jener 15 Millionen Euro los wurde, die ihm Schalkes Aufsichtsrat als Einkaufsbudget bewilligt hatte, rief nicht nur im Publikum Skepsis hervor. Auch Trainer André Breitenreiter äußerte sich recht reserviert, als er die Neulinge Alessandro Schöpf, 21, und Younes Belhanda, 25, in Empfang nahm.
"Die Qualität von Julian Draxler haben wir augenscheinlich nicht ersetzen können", kommentierte der Coach, um dann festzustellen, dass viele Spieler, die er sich gewünscht hatte, nicht zu bekommen waren oder nicht kommen wollten.
Zwei Monate später hört sich das ein wenig anders an. Am Mittwoch lobte Breitenreiter sich und Heldt für vorbildlichen Fleiß ("Horst und ich haben enorm geschaut") und angewandtes Expertenwissen ("haben hervorragende Entscheidungen getroffen"). Schöpf und Belhanda haben nach Ansicht des Trainers "einen großen Anteil" daran, dass sich Schalkes Offensive in der Rückrunde vielseitiger, kreativer und gefährlicher präsentiert als während der Hinrunde.
Dass die Partie bei Hertha BSC am Freitagabend ein kleines Gipfeltreffen darstellt, ist auch das Verdienst der beiden Neuen: Belhanda, in Südfrankreich geborener marokkanischer Nationalspieler, hat einen festen Platz auf der Spielmacherposition eingenommen. Schöpf besetzt, im Wechsel mit Leroy Sané, die rechte Angriffsseite. Der eine gefällt durch exzellente Technik und steile Pässe, der andere durch Tempo und Geradlinigkeit: "Sie haben sich unheimlich schnell integriert, das ist nicht selbstverständlich", meinte Breitenreiter.
Mit den beiden Erwerbungen hat Heldt nicht nur die Vorurteile gegen den Wintermarkt, sondern auch ein paar Vorbehalte gegen seine Einkaufspolitik widerlegt. Schöpf und Belhanda wurden nicht in den Katalogen von Spielerberatern entdeckt, sondern nach Erkenntnissen der Scouting-Abteilung verpflichtet. Die Erfolgsmeldungen kommen jedoch zu spät für Heldt: Nicht zuletzt wegen umstrittener Transfers muss er das Amt im Juni an Christian Heidel abgeben.
Während Schöpf zu einem stolzen Preis in den Schalker Personalbestand eingereiht wurde (der 1. FC Nürnberg vereinnahmte fünf bis sechs Millionen Euro), ist Belhandas Zukunft jenseits der laufenden Saison noch ungewiss. Eine Kaufoption hat Heldt aus strategischen respektive finanziellen Gründen nicht in den Leihvertrag mit Dynamo Kiew hineinverhandelt. Wenn er demnächst mit Nachfolger Heidel (aus Mainz) die Übergabe der Geschäfte bespricht, dürfte die Übernahme von Belhanda ein vordringliches Thema werden: "Ihm fallen Sachen ein, die anderen Fußballern nicht einfallen", er sei ein Mann "für die genialen Momente", hatte Heldt versprochen - und recht behalten.