Schach-Olympiade:"Kasparow ist immer noch der Beste!"

Dirk Jordan ist der Franz Beckenbauer des Schach: Er muss das größte Schachturnier der Welt organisieren - und nebenbei die Stärke der besten Spieler der Welt analysieren.

Seine Augen sind nur auf das Brett gerichtet. Selbst als ein Fotograf ihm die Linse vor die Nase hält und aus fünf Zentimetern Entfernung ins Gesicht blitzt, verzieht Artur Jussupow keine Miene. Die Konzentration des Großmeisters gilt nur den Figuren vor ihm, die er so aufgebaut hat, dass sein Gegner kaum mehr eine Chance hat, die Schachpartie zu gewinnen. Nur kurz...

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(Foto: Foto: Hanni Schmieder)

"Kasparow ist immer noch der Beste!"

...stützt er seinen Kopf auf seine Hände, als er nachdenkt, wie er seinen nächsten Zug gestalten könnte. "Passen Sie auf, gleich wird es interssant", flüstert einer der Beobachter. Eine Minute später ist es soweit: Jussupows Gegner gibt auf - und plötzlich weicht alle Anstrengung aus dem Minenspiel des Meisters. Er hat gewonnen, zum fünften Mal in Folge bei diesem Turnier. "Jussupow hat eben schon mehr über Schach vergessen, als ich je gewusst habe", sagt sein unterlegener Gegner.

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(Foto: Foto: Hanni Schmieder)

Jussupow war einer der Stars in Dresden, wo im kommenden Jahr die Schach-Olympiade ausgetragen wird - immerhin das bedeutendste Schachturnier der Welt. Alle Größen des Sports werden dabei sein: Wladimir Kramnik, Wesselin Topalow, Piotr Swidler. Nur Deep Fritz muss zu Hause bleiben - Computer sind bei der Olympiade nicht erlaubt - noch nicht.

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(Foto: Foto: Hanni Schmieder)

Bessere Chancen sieht Jordan für das Damen-Team: Vor allem die erst 21-jährige Elisabeth Pähtz (Foto) ist die Hoffnungsträgerin. "Wir haben fünf weibliche Großmeisterinnen, die können durchaus für einen Platz auf dem Podium sorgen."

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(Foto: Foto: Hanni Schmieder)

Bis zur Olympiade geht es für Jordan vor allem darum, Schach in Deutschland weiter publik zu machen. Eine Gelegenheit dafür bietet die Europameisterschaft im April, die ebenfalls in Dresden stattfindet. Bei dieser Veranstaltung sollen vor allem die Server bei der Live-Übertragung getestet werden. Einen Zusammenbruch wie beim Duell Kramnik gegen Deep Fritz soll es nicht geben.

Der einzige, der die Hände über dem Kopf zusammenschlagen darf, ist dann Artur Jussupow - nicht weil er verzweifelt, sondern weil er wieder einmal einen entscheidenden Zug vorbereitet.

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(Foto: Foto: Hanni Schmieder)

Gerade das Duell Mensch gegen Maschine elektrisierte im vergangenen Jahr nicht nur Schachfans: der unglaubliche Fehler von Weltmeister Wladimir Kramnik, mit dem er sich einen "Kuss des Todes" (Matt in einem Zug) einhandelte, wurde heftig diskutiert.

Keine Frage: Schach hat durch das Internet einen neuen Boom erlebt. Spieler haben die Möglichkeit, online gegen Menschen aus aller Welt und in allen Spielstärken anzutreten. Vor allem die Ankündigung von Garri Kasparow, oft im Internet zu spielen, löste bei Schachfreunden Begeisterungsstürme aus. In welcher Sportart ergibt sich für den Laien die Gelegenheit, einmal gegen den wohl besten Spieler aller Zeiten anzutreten?

Doch nicht nur das Spielverhalten, auch die Berichterstattung hat sich in den vergangenen Jahren deutlich geändert. Ein paar Sendeminuten im Fernsehen gab es damals, die Nachbereitung einer wichtigen Partie in den Tageszeitungen.

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(Foto: Foto: Hanni Schmieder)

"Heute werden wichtige Spiele live im Internet übertragen", sagt Dirk Jordan. Großmeister wie Artur Jussupow kommentieren diese Begegnungen - eine Freude für Schachfans, die eine Partie im Büro auf dem Bildschirm ansehen können. Und davon gibt es viele: Beim Duell Kramnik gegen den Schachcomputer Deep Fritz etwa brachen die Server zusammen, weil sie dem Ansturm der Fans nicht standhalten konnten. "Das zeigt, welch riesiges Interesse am Schachsport besteht", sagt der Organisator.

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(Foto: Foto: Hanni Schmieder)

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(Foto: Foto: Hanni Schmieder)

Trotz aller Übertragungen im Internet lohnt es sich, einmal ein Turnier live zu sehen. Das Vorurteil, dass es sich dabei um eine dröge Veranstaltung handelt, wurde in Dresden widerlegt. Da spielen Kinder gegen...

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(Foto: Foto: Hanni Schmieder)

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...erwachsene Meister und analysieren hinterher ihre Fehler - nicht trocken, sondern mit der Portion jugendlichen Humors: "Mensch, dass der Deinen Springer da nimmt, war echt krass", sagt einer. Sein Freund antwortet: "Mit der Katalanischen Eröffnung kann ich aber auch nicht so viel anfangen." Konter der Gegners: "Ach komm, wenn Du Deinen Turm nicht so blöd verheizt hättest, wäre ein Remis drin gewesen."

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(Foto: Foto: Hanni Schmieder)

Die Veranstaltung in Dresden war der Startschuss für die Schacholympiade, die im kommenden Jahr an gleicher Stätte ausgetragen wird. Mehr als 1.500 Spieler aus 150 Nationen werden um den Titel spielen. Nur einer wird fehlen. "Auch nach seinem Wechsel in die Politik ist Garri Kasparow immer noch der beste Spieler der Welt", sagt Jordan. "Er hat es nicht verlernt. Mit ein wenig Training würde er auch Wladimir Kramnik schlagen."

Artur Jussupow wird bei dieser Olympiade nicht mehr für Deutschland spielen. Er war bereits Jugendweltmeister, schaffte es drei Mal ins Halbfinale der Weltmeisterschaft und führte die deutsche Mannschaft zum größten Erfolg in ihrer Geschichte: Bronze bei der Olympiade 2000. Nun aber möchte Jussupow Platz machen für jüngere Spieler.

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(Foto: Foto: Hanni Schmieder)

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(Foto: Foto: Hanni Schmieder)

Überhaupt wird die Jugendarbeit in Deutschland groß geschrieben. Da Deutschland als Ausrichter der Olympiade zwei Mannschaften ins Rennen schicken darf, haben sich die Verantwortlichen des Deutschen Schachbundes dazu entschlossen, auf eine B-Mannschaft zu verzichten. "Statt dessen wurde ein Nachwuchsteam angemeldet, das Deutschland vertreten soll", sagt der Chairman des Organisationskomittees. Diese Nachricht habe bei den jungen Schachspielern einen nachhaltigen Effekt: Die Gelegenheit, bei der Olympiade im eigenen Land gegen die besten der Welt antreten zu können, hat bei fast allen für eine Leistungsexplosion gesorgt.

"Kasparow ist immer noch der Beste!"

Der Nachwuchs hat wohl keine Aussicht auf eine Medaille bei der Olympiade. Er sollen lernen, sich an die hohen Anforderungen bei einem großen Turnier gewöhnen. Die anderen Teams jedoch können durchaus für Furore sorgen.

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"Normalerweise gehört das Herren-Team zu den besten acht Mannschaften in der Welt", sagt Jordan. Gemessen an den Stärken der einzelnen Spieler sollte es zu Platz sieben oder acht reichen. Ein Ausreißer nach oben ist freilich nicht ausgeschlossen. Das weiß auch Jordan: "Wenn alle Spieler Top-Leistungen abrufen können, dann ist vielleicht sogar eine Medaille drin."

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